Die meisten japanischen Hotels, insbesondere im Luxussegment, stehen für erstklassigen Service, ganz im Sinne des omotenashi, jene hohe Kunst der Fürsorge und Gastfreundschaft, die tief in der Kultur des Landes verwurzelt ist. Die Magie des omotenashi liegt in den kleinen Gesten der zuvorkommenden Gastgeber, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht wahrnimmt, und in der Erschaffung einer intimen, geborgenen Atmosphäre – ohne dass dabei eine Gegenleistung erwartet wird.
Den traditionellen Herbergen, den Ryokan, wird häufig nachgesagt, dass dort omotenashi besonders spürbar ist. Sie bieten eine authentische Übernachtungserfahrung, geben Einblicke in traditionelle Architektur und Esskultur – und gelten als der Inbegriff des japanischen Komforts.
Tradition trifft auf Luxus
Das Ryokan Azumi Setoda hebt den Luxus-Begriff auf ein neues Level. Im März 2021 wurde es in einer ehemaligen Residenz der Handelsfamilie Horiuchi aus dem 19. Jahrhundert eröffnet. Als eine der reichsten Familien der Region – Reichtum, den sie insbesondere durch den Salzhandel erworben hatte – heuerte sie die besten Zimmermeister Kyōtos an, die mit den hochwertigsten Materialien des Landes ein widerstandsfähiges, ästhetisches Meisterwerk errichteten.
Über 140 Jahre später beauftragte Azumi unter der Leitung des indonesischen Hoteliers Adrian Zecha die umfassende Restaurierung der Horiuchi-Residenz, um dort die erste Einrichtung der neuen Hotelmarke zu eröffnen. Zecha, selbst ein großer Fan traditioneller japanischer Ryokan, verfolgt mit Azumi das Ziel einer Neuinterpretation derer. Wo historische Bauelemente auf modernen, minimalistischen Wohnstil treffen, soll gleichzeitig die tief verwurzelte Verbindung zur lokalen Gemeinschaft gestärkt und mit neuem Leben erfüllt werden.
Das verträumte Setoda, ca. 1 ½ Autostunden von Hiroshima entfernt, scheint der perfekte Ort dafür zu sein. Gelegen an der Westküste der Insel Ikuchijima (auch bekannt als „Zitroneninsel“) im größten japanischen Binnenmeer, in der Setouchi-Region, wird das Städtchen besonders von Radfahrenden geschätzt, die hier während ihrer Tour auf der Shimanami Kaidō-Radstrecke vorbeifahren.
Gourmet-Küche à la Azumi
Beim Eintreten durch die dunklen Holzschiebetüren erwartet Gäste keine klassische Hotellobby. Der Eingangsbereich des Azumi Setoda ist minimal beleuchtet. Die dicken Holzbalken, die das hohe Gewölbe durchziehen, erinnern fast an rustikale Fachwerkhäuser. Doch die Atmosphäre ist durch und durch japanisch, das spürt man bereits beim Personal, das in perfekter omotenashi-Manier die Gäste begrüßt. Nur wenige Meter weiter befindet sich der Speisesaal. Dort werden mit Blick auf einen kleinen Garten im Innenhof des Ryokan die Mahlzeiten eingenommen.
In einer faszinierenden Fusion von Zutaten aus der Setouchi-Region und französischen Zubereitungsmethoden servieren die Chefköche Gourmet-Küche à la Azumi auf antiken Tellern aus dem ehemaligen Besitz der Horiuchi-Familie. Dabei legen sie großen Wert auf den Einsatz regionaler und saisonaler Zutaten – vor allem Meeresfrüchte, Gemüse, Fisch und natürlich die für Setoda berühmten Zitrusfrüchte können Gäste kunstvoll angerichtet genießen.
Romantischer Zypressenduft
Durch eine weitere Schiebetür geht es vom Speisesaal über einen erhöhten Holzpfad nach draußen. Am Garten vorbei gelangt man in den hinteren Teil des Gebäudes, wo sich die Gästezimmer befinden – die Glanzstücke des Azumi Setoda.
Trotz der minimalistischen Einrichtung kann man beim Betreten des großzügigen Zimmers nur staunen. Die riesigen, niedrigen Betten füllen fast den gesamten Raum aus, der in einen Schlaf- und einen Waschbereich, getrennt durch empfindliche shōji-Schiebetüren aus Papier, eingeteilt ist. Der lichtdurchflutete Waschbereich verfügt über eine moderne japanische Toilette und weitere Annehmlichkeiten, wie man sie in Hotels der Luxusklasse erwartet. Das Highlight ist jedoch die aus hinoki-Zypressenholz bestehende tiefe Badewanne, deren romantisch-herber Duft beim Betreten des Raumes sofort angenehm in die Nase zieht. Das markante hellbraune Holz steht im Kontrast zum grauen Betonboden – und ruft dennoch ein Gefühl von Balance hervor.
Im Schlafbereich können es sich Gäste auf einer Couch gemütlich machen – in perfekter Sitzhöhe, um den privaten, von hohen kakine-Holzzäunen umgebenen Garten zu betrachten und die Ästhetik der sorgfältig ausgewählten Pflanzen sowie die kunstvoll erschaffene Harmonie von Natur und Architektur in sich aufzunehmen.
Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten
Das Yubune, direkt gegenüber, ist ein edles, öffentliches Badehaus in Setoda, das Gästen des Azumi kostenfrei zur Verfügung steht. Neben einem Indoor-Thermalbad werden hier Kaltbäder, eine Sauna sowie eine Lounge zum anschließenden Ausklingen des Besuchs bei einem Drink oder Snack geboten.
Wer sich körperlich betätigen möchte, ist eingeladen, an einer Radtour durch die Region teilzunehmen. Die verschiedenen Routen richten sich an Anfänger und Fortgeschrittene, während erfahrene Guides über die Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten erzählen. Bei einer idyllischen Bootstour durch die kleinen Inseln des Seto-Binnenmeeres beobachten Gäste in stimmungsvoller Atmosphäre den Sonnenuntergang – oder wagen sich mit einer Angel aufs Wasser, um heimische Fische zu fangen. Wer es doch lieber entspannter angehen möchte, kann im nahegelegenen Kōjōji-Tempel an einer Zen-Meditation teilnehmen oder geführte Spaziergänge durch die historischen Straßen unternehmen.
Anfahrt
Von Onomichi oder Mihara mit der Fähre bis Setoda (30-35 Minuten). Das Azumi Setoda liegt ca. 3 Gehminuten vom Fährhafen entfernt. Mit dem Auto oder Taxi dauert es von Onomichi ca. 40 bis 50 Minuten.
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