Japan besitzt den wohlverdienten Ruf als Wanderparadies dank seiner zerklüfteten Berge, grünen Wälder und reizvollen Wanderwege, umsäumt von idyllischen Schreinen und moosbewachsenen jizō-Statuen. Zu den bekanntesten Wegen, auf denen man reisen kann, gehören Japans legendäre altertümliche Straßen, die sich durch unglaubliche Landschaften, lebendige Geschichte und wichtige kulturelle Verbindungen auszeichnen.
Auf diesen jahrhundertealten Straßen reiste jedermann, von Mönchen bis Mitglieder der kaiserlichen Familie, und das macht sie zu einer tollen Möglichkeit, um die Geschichte und Kultur des Landes nachzuvollziehen.
Die beste Zeit, um diese Routen anzugehen, ist der Frühling oder Herbst, wenn das Wetter am angenehmsten ist. Um den Menschenmengen auf den beliebteren Straßen zu entgehen, können Sie versuchen an Wochentagen zu reisen. Vermeiden Sie Feiertage wie die Golden Week, wenn möglich. Wenn Sie einen mehrtägigen Trip planen, buchen Sie für Ihren Seelenfrieden die Unterkunft im Voraus. Doch viel wichtiger, haben Sie Spaß!
1. Tōkaidō-Straße
Als die wohl wichtigste der altertümlichen Landstraßen Japans, reicht die Geschichte der Tōkaidō-Straße (übersetzt “Östliche Meeresstraße”) bis in die Edo-Zeit (1603-1868) zurück. Sie führt an der Küste den ganzen Weg von Nihonbashi in Tōkyō bis Kyōtos Sanjō-Brücke entlang, und durchläuft insgesamt sieben Präfekturen. Unterwegs gibt es 53 „Stationen“, an denen Reisende anhielten und sich ausruhten. Mit 480 Kilometern Länge ist Tōkaidō eine geschichtsträchtige Straße und bietet Wanderern vielfältige Ausblicke.
Lassen Sie sich von der Länge der Strecke nicht entmutigen! Sie können die Reise auf so viele Tage verteilen, wie Sie möchten, unterwegs können Sie in Hotels und ryokan übernachten. Eine andere Option ist, dass Sie nur einen Teil der Strecke wandern. Da die Route durch – oder nahe – mehrere Städte zwischen Tōkyō und Kyōto verläuft, darunter auch Shizuoka und Nagoya, ist es leicht sie jederzeit zu betreten oder zu verlassen.
Eines der Highlights der Tōkaidō-Straße ist der Teil in Hakone, der nach Mishima führt und Sie auf antike Steinpfade umgeben von Wäldern bringt. Die Strecke selbst ist etwa 30 Kilometer lang und in zwei Abschnitte unterteilt.
Der erste Abschnitt startet in Hakone-Yumoto und führt durch Moto-Hakone zum Hakone-Pass. Das Amazake Chaya Teehaus stellt den perfekten Zwischenstopp dar und serviert traditionellen Tee, amazake (ein süßes, nicht alkoholisches Getränk aus fermentiertem Reis) und japanische Süßigkeiten für reisemüde Wanderer. Sie können weiterhin den rekonstruierten Hakone-Checkpoint am Ufer des Ashi-Sees besuchen – er half den Verkehr auf der Tōkaidō zu kontrollieren. Der zweite Abschnitt reicht von Hakone-Tōge bis Mishima und führt an den Ruinen des Schloss Yamanaka vorbei (heutzutage ein Park), wie auch am Mishima Taisha, ein entzückender Schrein nur einen Steinwurf vom Bahnhof Mishima entfernt.
Viele der anderen Abschnitte der Strecke sind urban, und besitzen befestigte Wege, die sich durch gut erhaltene Städte und Dörfer der Edo-Zeit schlängeln. Wenn das Wetter gut ist, werden Sie auf dem Mittelteil der Straße umwerfende Ausblicke auf den Fuji genießen.
Die Tōkaidō-Straße wurde während ihrer Hochphase häufig in japanischen Kunstwerken und in der Literatur aufgegriffen. Eines der berühmtesten Beispiele ist Utagawa Hiroshiges Serie von ukiyo-e Holzschnitten, die die 53 Stationen entlang der Straße darstellen, sowie ihren Start- und Endpunkt. Wenn Sie also diese legendäre Route bewandern, werden Sie wortwörtlich durch ein Kernstück japanischer Geschichte und Kultur geführt. Es kann nicht besser als das werden!
Anfahrt
Wenn Sie theoretisch die ganze Strecke wandern möchten, wären die nächstbesten Stationen in Tōkyō die Nihonbashi Metro Station und der Bahnhof Tōkyō. Entsprechend ist die nächste Station am anderen Ende die Station Sanjō in Kyōto.
Doch sollten Sie die szenische Route in Hakone in Angriff nehmen wollen, ist der leichteste Startpunkt der Bahnhof Hakone-Yumoto, den Sie von Tōkyō aus in etwa einer Stunde mit dem Tōkaidō-Sanyō-Shinkansen, mit Umstieg in den sogenannten „Romancecar“ in Odawara, erreichen. Es gibt lokale Züge, doch die verlängern Ihre Anreisezeit wesentlich.
Beachten Sie, dass einige Abschitte der Route tatsächlich befahrene Straßen sind – Sie können auf ihnen laufen, aber es gibt unterwegs die Tōkai Bus-Haltestellen, wenn Sie es vorziehen zu den Strecken, die speziell zum Wandern gedacht sind, zu fahren.
2. Yamanobe-no-Michi
Mit einem Alter von mehr als tausend Jahren ist Yamanobe-no-Michi Teil von Japans ältester Straße, der Shinkaidō. Versteckt in einer ländlichen Gegend der Präfektur Nara führt die Route vom Ōmiwa-Schrein in Sakurai zum Isonokami-Schrein in Tenri, mit einer Gesamtlänge von etwa 11 Kilometern.
Als die kürzeste der antiken Straßen auf dieser Liste ist Yamanobe-no-Michi ideal für Anfänger. Die Pfade sind relativ gut beschildert und verbleiben gelinde für die meiste Zeit, während sie sich durch unberührte Dörfer und rustikales Ackerland schlängeln. Im Großen und Ganzen sollte die Wanderung zwischen vier und sechs Stunden dauern, je nach Ihrer Fitness und wieviel Zeit Sie an den verschiedenen Sehenswürdigkeiten unterwegs verbringen wollen. Daher schafft man dies an einem Tag, doch es gibt viele Übernachtungsmöglichkeiten in der Stadt Nara, wenn Sie daraus einen längeren Trip machen möchten.
Trotz der kürzeren Strecke hat dieser historische Pfad keinen Mangel an Highlights. Der Startpunkt, der Isonokami-Schrein, ist einem Gott gewidmet, der in dem Schwert verweilt, das dem ersten Kaiser Japans gegeben wurde. Interessanterweise ist er auch Heimat von einer Vielzahl von Hähnen, die frei auf dem Gelände herumlaufen!
Ferner stellt auf halber Strecke der Chōgakuji-Tempel den perfekten Stopp dar, dank seines wunderschönen Gartens und Restaurants vor Ort, wo traditionelle Miwa sōmen-Nudeln angeboten werden. Alternativ können Sie auf die lokalen Obststände auf der Strecke achten, wo Sie die frischesten saisonalen Speisen bekommen. Die Händler benutzen das „Vertrauenssystem“, hinterlassen Sie also auf jeden Fall Geld in der Münzbox.
Ebenfalls entlang der Route werden Sie auf einen antiken, megalithischen Grabhügel stoßen in der Form eines Schlüsselloches – genannt kōfun – von dem man sagt, dass sich dort die Gräber von einigen von Japans frühen Kaisern befinden. Am anderen Ende des Weges liegt der Ōmiwa-Schrein, den Sie nicht verpassen dürfen. Es heißt, dass er der älteste Shintō-Schrein des Landes sei und er steht in einem Wald am Fuße des heiligen Berg Miwa. Der Schrein sticht mit einem seltenen Dreifach-torii heraus, zusammen mit einer natürlichen Quelle, die heilende Kräfte haben soll – der perfekte Ort, um sich von dem Ausflug zu erholen!
Anfahrt
Die nächstgelegenen Stationen sind Sakurai und Miwa an einem, die Station Tenri am anderen Ende.
3. Nakasendō
Der Nakasendō (was „Mittlerer Bergpfad“ bedeutet) ist eine weitere der fünf edozeitlichen Routen, die die alte Hauptstadt mit Kyōto verbunden haben. Anders als die Tōkaidō-Straße führt diese durch das Landesinnere, durch die Präfekturen Saitama, Gunma, Nagano, Gifu und Shiga. Auch wenn beide Routen ähnlich lang sind, so betrachtete man die Nakasendō als sicherer, weil es keine Flüsse zu überqueren galt.
Wie bei der Tōkaidō-Straße können Sie die 534 Kilometer lange Strecke in ihrer Gesamtheit angehen, indem Sie unterwegs in Hotels übernachten, oder Sie wandern nur die besten Abschnitte. Wenn Sie sich etwas Gesellschaft oder Hilfe bei der Organisation vorstellen können, dann gibt es viele Unternehmen, die Wandertouren auf beiden alten Strecken durchführen, inklusive Unterkunft und Gepäcktransport. Diese beinhalten häufig Stopps für Sehenswürdigkeiten auf dem Weg und überspringen die weniger ikonischen Abschnitte der Strecken, was für Sie eine gute Option wäre, wenn es Ihnen nur um die Highlights geht.
Einer der populärsten Teile der Nakasendō ist die 7,7 Kilometer lange Sektion zwischen Magome und Tsumago, zwei Rastplätze in Gifu und Nagano. Diese Route führt Sie durch das Kiso-Tal, auf gepflasterten Wegen von einem traditionellem Dorf zum nächsten, über ländliches Ackerland und friedliche Wälder. Sie können dies im Rahmen eines Tagesaufluges machen, aber um das meiste aus der Reise heraus zu holen, sollen Sie vielleicht eine Nacht in einem traditionellen ryokan in einem der Dörfer verbringen.
In Magome und Tsumago gibt es zahlreiche Souvenir-Shops und lokalen Essstuben, die in erhaltenen oder restaurierten Gebäuden hausen und auf wundervolle Weise die Atmosphäre vergangener Tage einfangen. Ein klassisches Teehaus steht etwa auf halber Strecke und bietet einen großartigen Ort zum Ausruhen, und wenn Sie Zeit haben, können Sie ebenso die ausgeschilderte Tour zu den wunderschönen Odakimedaki-Wasserfällen machen.
Die Wanderung in dieser Gegend ist szenisch, die meiste Zeit gut beschildert und nicht allzu herausfordernd, es ist also passend für Wanderer jeder Erfahrungsstufe. Alles in allem ist es eine tolle Einführung in Japans antike Straßen und eine Reise, die Sie so schnell nicht vergessen werden.
Anfahrt
Am leichtesten lässt sich Magome erreichen, wenn man von der Magome Highway Bushaltestelle aus zu Fuß geht oder einen Bus bei der JR Nakatsugawa Station nimmt. Um nach Tsumago zu gelangen, kann man am besten ein Taxi von der JR Nagiso Station nehmen oder auf dem Nakasendō-Abschnitt zwischen Nagiso und Tsumago wandern.
4. Kumano Kodō
Der Kumano Kodō ist ein Netzwerk aus alten Pilgerwegen, die kreuz und quer durch die bewaldeten Berge der Präfekturen Mie, Nara und Wakayama im südlichen Teil der Kansai-Region verlaufen. Über tausend Jahre alt sind die Routen, die die drei heiligen Kumano-Schreine miteinander verbinden und im Jahre 2004 zum UNESCO-Weltkulturwerbe ernannt wurden.
Es gibt vier Hauptwege, die heute noch genutzt werden: Nakahechi, Ōhechi, Iseji und Kohechi, wie auch einige weitere, die eine größere Herausforderung darstellen und weniger frequentiert sind. Diese vier Wege bieten Wanderern unterschiedliche Längen und Schwierigkeitsgrade, von Tageausflügen bis mehrtägigen Wanderungen ist alles möglich. Während es durchaus möglich ist, alles selbst zu organisieren, so ist es einfacher, wenn eine externe Firma Ihnen bei der Buchung von Unterkünften, Gepäcktransport und so weiter hilft. Stellen Sie sicher, dass Sie genug Verpflegung und Wasser mitnehmen, denn unterwegs werden Sie keine Convenience Stores oder Getränkeautomaten finden!
Die beliebteste Route fürs moderne Pilgern ist die Nakahechi-Route dank ihrer guten Beschilderung, erhaltenen Pfade und relativer Leichtigkeit im Vergleich zu den anderen. Sie führt inländisch von Tanabe, Präfektur Wakayama, bis in die Berge zum Hongu Taisha (einer der drei Hauptschreine der Pilgerreise), über angenehme Waldwege, auf denen sich verstreut kleinere Schreine und Statuen befinden. Es gibt einige pittoreske Dörfer auf dem Weg, wo Sie in einem ryokan die Nacht verbringen können.
In der Nähe des Schreines werden Sie Ōyunohara entdecken, mit 33 Metern das höchste torii der Welt! Vom Hongu Taisha kann man weiterhin zu den anderen beiden Kumano-Schreinen laufen, Hayatama Taisha und Nachi Taisha. Letzteres ist Heimat des atemberaubenden Nachi-no-Taki, mit 133 Metern der höchste Wasserfall Japans. Es gibt außerdem einige onsen (heiße Quellen) in der Gegend, die eine ideale Gelegenheit bieten, die müden Füße nach dem Marsch auszuruhen.
Anfahrt
Die Stadt Tanebe in der Präfektur Wakayama ist der beste Zugang zum Kumano Kodō. Die nächstgelegene Station ist Kii-Tanebe, wo Sie auch eine sehr hilfreiche Touristeninformation finden. Wenn Sie Interesse an der Kohechi-Route haben, dann ist Totsukawa Onsen in der Präfektur Nara ein praktischer Startpunkt.
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Englisch bei All About Japan veröffentlicht und von JAPANDIGEST übersetzt und nachbearbeitet.
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