Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Tōkyōs viele Gesichter: Die Subkulturen der Mega-City

Isabelle Kullat
Isabelle Kullat

Die Ästhetik von Subkulturen avanciert oft zu neuen Trends. Einzigartige Kulturen haben in den letzten Jahrzehnten für Faszination gesorgt und ziehen Menschen aus aller Welt in die japanische Hauptstadt, doch welche Gesichter zeigen sich auf den Straßen? Wir wagen einen kleinen Spaziergang durch ausgewählte Nachbarschaften.

Fußgänger auf der Shibuya Crossing. © iStock.com / isaxar

Tōkyō ist eine Stadt der Kontraste und Überraschungen: Jede Nachbarschaft hat ihre eigene Geschichte und Kultur, die es zu entdecken gilt. Von den bunten Straßen von Harajuku über die alternativen Szenen in Shimokitazawa und Kōenji bis hin zu den Otaku-Paradiesen in Akihabara und Nakano – die Vielfalt der Subkulturen in Tōkyō scheint schier endlos. In ihren Vierteln kommen Menschen mit gleichen Interessen, Idealen und Träumen zusammen, es sind Räume der Begegnung und Akzeptanz. Diese Viertel, oder vielmehr die Menschen, prägen das einmalige Gefühl von Tōkyō entscheidend und hauchen der Stadt Leben, Emotionen und Farbe ein. Es bräuchte gewiss mehrere Leben, um jedes Viertel im Detail zu erkunden.

Subkulturen der Modewelt

Harajuku (Shibuya)

© iStock.com / Korkusung

Harajuku ist weltweit bekannt als das Epizentrum der einzigartigsten und auffälligsten Mode-Subkulturen Tōkyōs. Hier verschmelzen verschiedene Kleidungsstile und Einflüsse, Kreativität und Individualität zu einer lebendigen Modewelt, die weit über traditionelle Kleidungstrends hinausgeht. Die berühmte Takeshita-dōri, eine belebte Einkaufsstraße, und die umliegenden Straßen sind das pulsierende Herz dieser Gegend. Jedes Wochenende präsentieren Jugendliche ihre außergewöhnlichen Outfits und die neueste Mode – ein faszinierendes Schaufenster in die nonkonformistische Welt der japanischen Jugendkultur. In den 1990er Jahren war der Stadtteil für seinen sogenannten Kawaii-Stil in aller Munde. Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff „niedlich“ und ist von hellen Farben, verspielten Accessoires und einer kindlichen Freude gekennzeichnet. Dieser Stil wurde besonders durch die Lolita-Subkultur popularisiert – inspiriert von viktorianischer und Rokoko-Ästhetik, die sich durch aufwendig verzierte Kleider, Spitzen und Rüschen auszeichnet.

Daneben gibt es weiterhin die Decora-Subkultur, bei der die Träger:innen ihre Outfits mit unzähligen bunten Accessoires und Spielzeugen überladen – eine wahre Explosion an Farben und Texturen. Eine weitere bekannte Subkultur ist Gyaru, die mit gebräunter Haut, auffälligem Make-up und stark gestyltem Haar die Rebellion gegen traditionelle Schönheitsstandards ausdrückt. Auch die Visual Kei-Bewegung, beeinflusst von der japanischen Rock- und Punkmusik, die in den frühen 2000er Jahren in Harajuku ihren Aufstieg erlebte, besticht durch dramatische, androgyne Outfits und aufwendiges Make-up. Harajuku bietet Platz für stetig neue und sich entwickelnde Trends, die von mutigen Jugendlichen und kreativen Köpfen immer wieder neu erfunden werden. 

Subkulturen der Kunst und Musik

Shimokitazawa (Setagaya) 

© iStock.com / wnmkm

Shimokitazawa, liebevoll „Shimokita“ genannt, ist ein charmantes Viertel im Westen Tōkyōs, das für seine Bohemian-Atmosphäre und kreative Szene bekannt ist. Diese Gegend zieht insbesondere junge Leute, Künstler:innen und Musiker:innen an, die die entspannte und alternative Kultur genießen. Die engen, verwinkelten Straßen sind gesäumt von charmanten Cafés, Bars, unabhängigen Boutiquen, Vintage-Läden und Secondhand-Shops, die eine Fundgrube für Mode- und Antiquitätenfreunde darstellen. Das Viertel ist auch ein Paradies für Musikfans, mit zahlreichen Live-Häusern und kleinen Clubs, in denen lokale Bands und aufstrebende Künstler:innen auftreten. An jedem Wochentag gibt es irgendwo im Viertel Livemusik, vor allem Jazz und Rock. Es ist ein Viertel, das so gar nicht mit dem futuristischen Image von Tōkyō zusammenpassen will und sich in den letzten Jahren doch zum Trendviertel entwickelt hat.

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Kōenji (Suginami)

© iStock.com / CanY71

Ein ähnliches Flair verspricht Kōenji, nur etwas kleiner und weniger touristisch. Kōenji ist ein Schmelztiegel der Underground-Kultur und bekannt für seine lebendige Musikszene, insbesondere Punk und Indie-Rock. Die zahlreichen kleinen Live-Häuser und Musikbars machen die Gegend zu einem Hotspot für Musikliebhaber:innen und aufstrebende Bands. Die Vintage-Läden bieten eine beeindruckende Auswahl an Retro-Kleidung und Accessoires, oft zu günstigeren Preisen als in anderen Vierteln. Das jährliche Kōenji Awa Odori-Festival zieht zudem im August Millionen Besucher:innen mit seinen traditionellen Tänzen und farbenfrohen Paraden an. Seit 1957 tanzen heutzutage über 12.000 Tänzer:innen durch die Straßen, begleitet von japanischen Instrumenten wie Shamisen, Trommeln und Flöten, was Kōenji eine Mischung aus modernem Flair und traditioneller Kultur verleiht.

Ochanomizu (Bunkyō/Chiyoda)

© iStock.com / Marco Gallo

Ochanomizu ist ein charmantes und geschichtsträchtiges Viertel in Tōkyō, das für sein akademisches Angebot, seine zahlreichen Musikinstrumentengeschäfte und seine reiche kulturelle Vielfalt bekannt ist. Hier befindet sich die renommierte Meiji-Universität, die dem Viertel eine lebendige Studierendenszene verleiht. Die Straßen sind gesäumt von Buchläden, Cafés und erschwinglichen Restaurants, die besonders bei Studierenden beliebt sind. Ein Highlight von Ochanomizu ist die berühmte Guitar Street, eine Straße voller Musikinstrumentengeschäfte, die eine beeindruckende Auswahl an Gitarren, Bässen und anderen Instrumenten anbieten. Musikliebhaber:innen aus aller Welt kommen hierher, um nach ihrem perfekten Instrument zu suchen oder einfach die Vielfalt und Qualität der angebotenen Produkte zu bewundern. Kulturell Interessierte werden vom Kanda Myōjin-Schrein angezogen, einem der bedeutendsten Schreine Tōkyōs, der in einer ruhigen, grünen Umgebung liegt und oft Schauplatz traditioneller Feste und Zeremonien ist. Nur einen kurzen Spaziergang entfernt befindet sich der Yushima Seidō, ein konfuzianischer Tempel, der eine ruhige Oase inmitten der Stadt bietet.

Ein Paradies für Bücherwürmer

Jimbōchō (Chiyoda)

© iStock.com / Sanga Park

Jimbōchō, auch als „Bücherstadt“ Tōkyōs bekannt, ist ein Viertel mit einer faszinierenden Mischung aus Literatur, Kultur und Geschichte. Diese Gegend im Kanda-Viertel hat sich seit dem frühen 20. Jahrhundert als Zentrum für Bücher und Verlage etabliert und beherbergt heute die größte Ansammlung von Buchläden und Antiquariaten in Japan. Ein Spaziergang durch die Straßen von Jimbōchō ist wie eine Reise durch die literarische Welt. Die schmalen Gassen sind gesäumt von Buchhandlungen, die alles von seltenen Erstausgaben und antiquarischen Schätzen bis hin zu modernen Bestsellern und Manga-Comics anbieten. Viele haben sich auf spezielle Themen wie Geschichte, Kunst, Philosophie, fremdsprachige Literatur, Eisenbahnen oder sogar Militärgeschichte spezialisiert, aber auch alte Fotosammlungen von Berühmtheiten der Shōwa-Ära (1926-1989), was Jimbōchō zu einem Paradies für Lesefreunde wie Akademiker:innen macht. Neben den Buchläden finden sich auch zahlreiche gemütliche Cafés und traditionelle Restaurants. Viele dieser Cafés haben eine lange Geschichte und bieten einen ruhigen Ort, um in einem neu erworbenen Buch zu schmökern. Das Viertel ist auch bekannt für seine Curry-Restaurants, die eine lokale Spezialität sind und Reisende aus der ganzen Stadt anziehen.

Subkulturen der Otakus

Akihabara (Chiyoda)

© iStock.com / SeanPavonePhoto

Akihabara, oft einfach als „Akiba“ bezeichnet, ist Tōkyōs unbestrittene Paradies für Otakus und Technik-Enthusiasten. Seit den 1980er Jahren hat sich dieses Viertel zunächst als Zentrum für Elektronik und Computer entwickelt und ist heute weltberühmt für seine überwältigende Auswahl an Anime-, Manga- und Videospielprodukten. Beim Betreten von Akihabara wird man von leuchtenden Neonschildern und riesigen Elektronikgeschäften empfangen, die sich in nahezu jeder Ecke des Viertels befinden. Spezialisierte Anime- und Manga-Läden reihen sich aneinander, jeder gefüllt mit den neuesten und begehrtesten Fanartikeln. Ein besonderes Highlight sind die Cosplay-Cafés, in denen Kellner:innen in aufwendigen Kostümen ihre Gäste bedienen und so ein immersives Erlebnis schaffen. Hier können Besucher:innen in die Welt ihrer Lieblingscharaktere eintauchen und Teil der faszinierenden Fantasiewelt werden. Zudem ist Akihabara berühmt für seine Spielhallen, die mit ihren blinkenden Lichtern und den Geräuschen der neuesten Videospiele eine ganz eigene Atmosphäre schaffen. Diese Mischung aus Elektronik, Popkultur und futuristischem Flair zieht junge Menschen und Fans aus aller Welt an und macht Akihabara zu einem lebendigen, pulsierenden Zentrum der Otaku-Kultur.

Nakano (Nakano)

© iStock.com / mizoula

Während Akihabara durch seine schiere Größe und auffällige Präsenz beeindruckt, findet sich in Nakano eine intimere, aber ebenso faszinierende Erfahrung. Nur wenige Gehminuten vom JR-Bahnhof Nakano entfernt, liegt das berühmte Einkaufszentrum Nakano Broadway. Dieser Otaku-Hotspot erstreckt sich über mehrere Etagen und beherbergt rund achtzig Läden, die sich auf alle erdenklichen Facetten der Subkultur spezialisiert haben. Ein markanter Unterschied zu Akihabara ist die Vielzahl an kleinen, unabhängigen Geschäften und Ständen. Diese bieten oft einzigartige und schwer zu findende Artikel an, was Nakano zu einem wahren Schatz für Sammler:innen macht, die auf der Suche nach speziellen Stücken sind. Die Vielfalt reicht von seltenen Manga und limitierten Figuren bis hin zu Vintage-Spielzeug und Retro-Mode. Neben den Otaku-Läden gibt es in Nakano weiterhin eine beeindruckende Sammlung von Second-Hand- und Vintage-Geschäften. Diese bieten eine breite Palette von Waren an, von alten Schallplatten und Vintage-Kleidung bis hin zu antiken Sammlerstücken. Die Atmosphäre in Nakano ist entspannt und gemütlich, und die kleinen Gassen und versteckten Geschäfte laden dazu ein, auf Entdeckungsreise zu gehen und verborgene Schätze zu finden.

Ob Sie nun die lebendige Energie von Akihabara oder die gemütliche, schatzsucherische Atmosphäre von Nakano bevorzugen – beide Viertel sind ein Muss für jeden, der die Otaku-Kultur in Tōkyō in ihrer ganzen Bandbreite erleben möchte.

Subkultur der Koreawelle

Shin-Ōkubo (Shinjuku)

© iStock.com / Rudimencial

Ein Viertel, das sich einen einzigartigen Platz in der Stadt erobert hat: Nur einen kurzen Spaziergang vom geschäftigen Shinjuku entfernt, bietet Shin-Ōkubo eine dynamische Mischung aus koreanischer Kultur, Küche und Unterhaltung, die Besucher:innen aus der ganzen Welt anzieht. Die Hauptstraße von Shin-Ōkubo ist gesäumt von einer Vielzahl koreanischer Restaurants, die alles von traditionellem Kimchi und Bulgogi bis hin zu modernen Streetfood-Spezialitäten wie Tteokbokki und koreanischem BBQ servieren. Diese kulinarische Vielfalt macht das Korean Town genannt Viertel zu einem Paradies für Feinschmecker, die authentische koreanische Gerichte probieren möchten. Neben den Restaurants gibt es zahlreiche K-Pop-Shops und Beauty Spas, die die neuesten Trends aus Südkorea anbieten. K-Pop-Fans können hier CDs, Poster und Fanartikel ihrer Lieblingsbands kaufen, während Schönheitsbegeisterte eine breite Palette an koreanischen Kosmetikprodukten finden, die für ihre innovativen Formeln und hohe Qualität bekannt sind.

Shin-Ōkubo ist auch für ein pulsierendes Nachtleben bekannt, mit vielen Karaoke-Bars, Clubs und Cafés, die bis spät in die Nacht geöffnet sind. Diese Einrichtungen bieten eine ideale Gelegenheit, in die lebendige und fröhliche Atmosphäre einzutauchen, die das Viertel auszeichnet. Ein weiteres Highlight ist die kulturelle Vielfalt und die freundliche Atmosphäre, die von den zahlreichen internationalen Bewohner:innen und Besucher:innen geprägt ist. Das Viertel bietet einen faszinierenden Einblick in das Leben der koreanischen Gemeinde in Tōkyō und ist ein wunderbarer Ort, um die kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu entdecken.

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Subkultur der Salarymen

Shimbashi (Minato)

© iStock.com / y-studio

Shimbashi, oft als das „Epizentrum der Salarymen“ bezeichnet, ist ein Geschäftsviertel mitten im Herzen Tōkyōs, das für seine reiche Geschichte, lebhafte Atmosphäre und seine zahlreichen Izakaya-Kneipen bekannt ist. Dieses Viertel ist der Ort, an dem die pulsierende Geschäftswelt Japans auf traditionelle kulinarische Kultur trifft, was es zu einem einzigartigen Erlebnis für Einheimische und Besucher:innen macht. Während des Tages ist Shimbashi geprägt von geschäftigen Büroangestellten – den auf japanisch Salarymen und Office Ladies genannt – die in die vielen Bürogebäude eilen oder von einem Meeting zum nächsten hasten. Die Straßen sind voller Männer und Frauen in Anzügen, die das Bild des typischen Salaryman verkörpern – ein Symbol für die japanische Arbeitskultur. Doch wenn die Sonne untergeht, verwandelt sich das Viertel in ein lebhaftes Zentrum des sozialen Lebens.

Die engen Gassen und Nebenstraßen sind gesäumt von unzähligen Izakaya – japanische Kneipen, die für ihre entspannte Atmosphäre und vielseitigen Speisen- und Getränkeangebote bekannt sind. Teils Bar, teils Restaurant und teils etwas Undefinierbares; sie sind oft rauchig, fast immer laut und definitiv am besten, wenn viel los ist. Diese Izakaya sind der perfekte Ort, um nach einem langen Arbeitstag zu entspannen, sich mit Kollegen zu treffen und bei einem Bier oder Sake zu plaudern. Ein besonderes Highlight in Shimbashi ist das sogenannte Gado-shita („Unter den Trägern“), ein Restaurantviertel entlang der Gleisanlage der JR Yamanote-Linie an der Yurakuchō Station, das mit gemütlichen Izakaya und Bars gespickt ist. Hier sitzen die Gäste dicht gedrängt an den Theken, unterhalten sich lebhaft und genießen die herzliche Gastfreundschaft der Besitzer:innen. In einigen Bereichen öffnen sich die Restaurants zur Straße hin und bieten in den wärmeren Monaten Sitzplätze im Freien, was in Tōkyō vergleichsweise selten zu finden ist. Für Besucher:innen ist Shimbashi eine wunderbare Gelegenheit, die authentische japanische Arbeits- und Trinkkultur zu erleben.


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