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Ōsakas Viertel im Porträt: Tennōji & Shinsekai

Isabelle Kullat
Isabelle Kullat

Ōsaka ist eine Stadt, die sich ständig verändert. Keine Gegend verkörpert diesen Wandel so eindrucksvoll wie Tennōji und Shinsekai. Einst ein ruhiges Tempelgebiet hat es sich zu einem modernen Zentrum mit gläsernen Hochhäusern, großen Einkaufszentren und den besten Ausblicken der Stadt entwickelt.

Das Shinsekai-Viertel im Süden von Ōsaka wurde 1912 nach dem Vorbild von New York und Paris gegründet. © iStock.com / SeanPavonePhoto

Trotz aller Neuerungen ist der Geist der Vergangenheit hier noch spürbar – in den schmalen Gassen, den jahrhundertealten Schreinen und dem nostalgischen Charme. Der Name Tennōji geht auf den Shitennō-ji zurück, einer von Japans ältesten buddhistischen Tempeln, der bereits im Jahr 593 von Prinz Shōtoku gegründet wurde. Er war nicht nur ein religiöses Zentrum, sondern auch ein Ort des Handels und des Lernens, um den sich über die Jahrhunderte ein lebendiges Viertel entwickelte. Während der Edo-Zeit (1603-1868) war Tennōji ein wichtiger Knotenpunkt für Kaufleute und Reisende. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Viertel lange ein eher unscheinbarer Teil der Stadt, bevor in den letzten Jahren massive Investitionen die Gegend veränderten. Heute ist Tennōji ein modernes Stadtzentrum mit hoch aufragenden Gebäuden, großzügigen Grünflächen und einigen der besten Einkaufsmöglichkeiten Ōsakas.

Blick auf den Shitennō-ji 四天王寺. © iStock.com / Jui-Chi Chan

Alte Tempel, neue Wolkenkratzer

Ein Spaziergang durch Tennōji ist ein Gang durch unterschiedliche Epochen. Der Shitennō-ji mit seiner imposanten Pagode und dem ruhigen Steingarten, ist ein Rückzugsort mitten in der Großstadt. Wenige Minuten entfernt ragt der Abeno Harukas, eröffnet im Jahr 2014, in den Himmel – mit 300 Metern eines der höchsten Gebäude Japans. Auch wenn er nicht mehr das höchste Gebäude des Landes ist, bleibt seine Aussichtsplattform eine der besten Gelegenheiten, Ōsaka von oben zu erleben. Von hier aus reicht der Blick vom geschäftigen Hafen bis zu den bewaldeten Bergen von Nara. Das aktuell höchste Gebäude Japans ist der 2023 fertiggestellte Azabudai Hills Mori JP Tower in Tōkyō mit einer Höhe von 330 Metern.

Blick vom Tennoji Park auf den Abeno Harukas. © iStock.com / show999

Doch es sind nicht nur die großen Sehenswürdigkeiten, die den Charme Tennōjis ausmachen. Wer sich abseits der Hauptstraßen bewegt, entdeckt kleine Teeläden, versteckte Schreine und traditionsreiche Garküchen. Gerade diese Mischung aus Altem und Neuem macht das Viertel so besonders. Nicht weit entfernt liegt der Tennōji-Park, ein grünes Refugium mit einem malerischen Teich und dem traditionsreichen Keitaku-en-Garten. Dieser klassische japanische Garten aus der Meiji-Zeit bietet eine harmonische Kulisse aus Brücken, Teehäusern und blühenden Pflanzen. Im Park befindet sich auch das stadtbekannte Ōsaka City Museum of Fine Arts, das eine beeindruckende Sammlung japanischer und chinesischer Kunst beherbergt.

Shinsekai: Die „neue Welt“ von gestern

Shinsekai ist nur etwa 1 Kilometer von Tennōji entfernt. Zu Fuß dauert der Weg etwa 10–15 Minuten. Wer durch die Straßen von Shinsekai spaziert, fühlt sich in eine andere Zeit versetzt. Neonlichter blinken über engen Gassen, Restaurants locken mit riesigen Plastiknachbildungen ihrer Speisen, und alte Spielhallen verströmen den Charme vergangener Jahrzehnte. Das Viertel, dessen Name „Neue Welt“ bedeutet, wirkt heute eher wie eine Zeitkapsel aus dem Japan der 1950er- und 60er-Jahre. Einst als visionäres Stadtentwicklungsprojekt gedacht, ist Shinsekai heute eines der spannendsten und eigenwilligsten Viertel Ōsakas – und ein Muss für alle, die das wahre, ungeschönte Ōsaka erleben wollen.

Ein Stadtteil mit ungewöhnlicher Geschichte

Postkarte aus dem 20. Jahrhundert zeigt das Vergnügungsviertel der 1910er Jahre. Der vom Eiffelturm inspirierte Tsūtenkaku-Turm wurde 1912 im Shinsekai Luna Park errichtet. Er war eine der beliebtesten Touristenattraktionen in Ōsaka. Im Jahr 1943 wurde der Turm demontiert, eingeschmolzen und für Kriegsmaterial verwendet. © MeijiShowa / Alamy Stock Photo

Shinsekai wurde Anfang des 20. Jahrhunderts entworfen, als Ōsaka sich rasant entwickelte und neue Stadtteile im westlichen Stil plante. Zwei große Vorbilder prägten das Viertel: Paris und New York. Im nördlichen Teil wurde ein Boulevard nach dem Vorbild der französischen Hauptstadt angelegt, während der südliche Teil an das damalige Manhattan erinnern sollte. Das Herzstück dieses Projekts war der Luna Park, ein Vergnügungspark nach amerikanischem Vorbild mit Achterbahnen, Karussells und elektrischen Lichtern – für die damalige Zeit revolutionär. Doch nach wenigen Jahrzehnten verlor Shinsekai an Bedeutung. Der Vergnügungspark wurde 1923 geschlossen, und im Laufe der Nachkriegsjahre verwandelte sich das Viertel in eine Gegend für einfache Arbeiter, Straßenhändler und kleine Bars.

© iStock.com / Cristi Croitoru

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Wenn die Sonne untergeht, verwandelt sich Shinsekai in ein Lichtermeer aus Neonreklamen und flackernden Schildern. Spielhallen mit klassischen Pachinko-Automaten (eine Art japanisches Flipperspiel) und altehrwürdige Mahjong-Clubs ziehen Einheimische an, während Touristen durch die engen Gassen schlendern und das Flair der Vergangenheit aufsaugen. Auch wenn das Viertel in den letzten Jahren touristischer geworden ist, hat es seinen ursprünglichen Charakter bewahrt. Anders als moderne Einkaufsviertel wie Namba oder Umeda ist Shinsekai rauer, bodenständiger und voll eigenwilligem Charme.

© iStock.com / Lemon Pie

Tsūtenkaku: Ōsakas Eiffelturm

Das Wahrzeichen von Shinsekai ist und bleibt der Tsūtenkaku-Turm, dessen Name „Turm, der zum Himmel reicht“ bedeutet. Er wurde ursprünglich 1912 errichtet und war inspiriert vom Eiffelturm in Paris. Nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde er in den 1950er-Jahren neu aufgebaut und erhielt sein heutiges Erscheinungsbild. Von der Aussichtsplattform aus bietet sich ein faszinierender Blick über Ōsaka – besonders bei Nacht. Am Fuß des Turms befindet sich eine Statue von Billiken, einer kuriosen Glücksfigur mit spitzem Kopf und einem breiten Grinsen. Angeblich bringt es Glück, die Fußsohlen von Billiken zu reiben – und das tun die Besucher nur zu gern. Im dritten Stockwerk findet sich der Tower Slider, eine 60 Meter lange Spiralrutsche, die bis ins Untergeschoss führt.

Shinsekai und seine einzigartige Küche

Shinsekai ist nicht nur ein Paradies für Retro-Fans, sondern auch für Feinschmecker. Die Spezialität des Viertels ist Kushikatsufrittierte Spieße aus Fleisch, Gemüse oder Meeresfrüchten, die in eine würzige Soße getunkt werden. Besonders wichtig: Doppeltunken ist verboten! Jeder Spieß darf nur einmal in die Soße getaucht werden, da sie von allen Gästen geteilt wird.

Viele der Kushikatsu-Restaurants in Shinsekai sind traditionsreich und haben sich seit Jahrzehnten kaum verändert. Beliebt sind vor allem Daruma und Yaekatsu, zwei der bekanntesten Läden der Stadt. Neben Kushikatsu gibt es auch viele klassische Izakaya (japanische Kneipen), in denen man regionale Spezialitäten und Sake probieren kann. Wer mutig ist, sollte sich an Doteyaki wagen – langsam geschmortes Rindersehnenfleisch in Miso-Sauce, eine typische Ōsaka-Delikatesse.

Kushikatsu – knusprig frittierte Spieße aus Fleisch, Gemüse oder Meeresfrüchten, die in würziger Sauce getaucht werden. Eine Spezialität aus Ōsaka, besonders beliebt im Shinsekai-Viertel. © iStock.com / ahirao_photo

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