Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Matsuyama: Wo Orangensaft aus dem Wasserhahn fließt

Diana Casanova
Diana Casanova

Gelegen an der Küste des Seto-Binnenmeeres gehört die Stadt Matsuyama zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Präfektur Ehime – in die sich leider noch nicht viele Touristen verirren. Wir verraten Ihnen, warum Sie schleunigst das „Zitrus-Königreich“ besuchen sollten und wo tatsächlich Orangensaft aus dem Wasserhahn kommt.

Dōgo Onsen
Das Dōgo Onsen ist Matsuyamas wohl berühmteste Sehenswürdigkeit. © Photo AC / 丸岡ジョー

Ehimes Präfekturhauptstadt ist mit ca. 500.000 Einwohnern auch die größte Stadt auf der Insel Shikoku im Westen Japans und kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Als Sitz der Feudalherren der damaligen Iyo-Provinz wurden dort die politischen und kriegerischen Geschicke der Region geleitet. Vor allem aber mit der Literaturwelt ist Matsuyama eng verbunden: Es ist nicht nur die Heimatstadt des „Vaters des modernen Haiku“, des Dichters und Schriftstellers Masaoka Shiki, sondern auch Handlungsort des Romans „Botchan“ (1906) von Natsume Sōseki. Letzterer gehört zu den bekanntesten und beliebtesten japanischen Romanen und wird bis heute von Schülerinnen und Schülern im Unterricht gelesen. Sogar eine nachgebaute Dampflokomotive der Stadt wurde nach dem Werk benannt – bis zu viermal am Tag kann man diese durch die Straßen der Stadt fahren sehen oder selbst einsteigen!

Auch Pilger verirren sich regelmäßig nach Matsuyama, denn sie ist eine Station des Shikoku-Pilgerwegs. Ganze acht der 88 Tempel, die entlang des Pilgerweges liegen, befinden sich in der Präfekturhauptstadt. Der berühmteste dieser Tempel ist Nr. 51, der Ishiteji. Er beeindruckt besonders mit einem einzigartig dekorierten Innenleben mit zahlreichen religiösen Statuen. Den Innentempel erreichen Besucher:innen nur über eine 200 m lange Höhle.

Burg Matsuyama: Herzstück der Stadt

In Matsuyama angekommen, sollte man zuerst die prächtige Burg besuchen, die auf einem Berg im Stadtzentrum liegt. Als eine von Japans 12 „Original-Burgen“, die die Post-Feudalzeit ab 1868 überlebt haben und im (beinahe) Originalzustand erhalten sind, ist die Burg Matsuyama besonders zur Kirschblütenzeit populär. Bis zum Ende der Edo-Zeit (1603-1868) war die Anfang des 17. Jh. erbaute Burg in der Hand des mächtigen Matsudaira-Clans, der dem Tokugawa-Shōgunat sehr nahestand. Über einen Sessellift (oder einen 15-minütigen Fußmarsch) erreichen Sie die Burg. Am südlichen Fuße des Berges befindet sich außerdem der Ninomaru-Garten, einst Standort der Residenz und der Büros der Clanführer, heute ein kleiner, gemütlicher Park.

Die Burg Matsuyama.
Die Burg Matsuyama. © Photo AC / 眠鯨

Japans ältestes Onsen

Doch die mit Abstand berühmteste Sehenswürdigkeit Matsuyamas ist nicht weniger als Japans ältestes Thermalbad – das Dōgo Onsen. Wenn Sie das Bild des Badehauses sehen und denken: „Moment, das kommt mir bekannt vor“ und gleichzeitig ein großer Ghibli-Fan sind, dann haben Sie recht: Das riesige Badehaus, in dem „Chihiros Reise ins Zauberland“ (2001) spielt, soll durch das Dōgo Onsen inspiriert worden sein. Wie auch im Film ist das Dōgo Onsen ein sehr spiritueller Ort. Einer Legende zufolge, soll das Wasser das verletzte Bein eines Reihers geheilt haben, weshalb die vor Ort lebenden Menschen ebenfalls begannen, in den heißen Quellen ihre Leiden zu lindern. Laut antiken religiösen Schriften zufolge sollen sie sogar die Gottheit Sukuna-Hikona von einer schweren Krankheit befreit haben.

In Laufe der letzten 1.000 Jahren haben unzählige Menschen, darunter Mitglieder der Kaiserfamilie und mächtige Feudalherren, das Dōgo Onsen aufgrund seiner Heilkräfte besucht, und auch in berühmten Werken der Literatur – etwa im Klassiker aus dem 10. Jh. „Die Geschichte vom Prinzen Genji“ – wird es erwähnt.

Eingang des Dogo Onsen
Eingang des Dōgo Onsen. © Photo AC / なのか

Auch heute schätzt man das Dōgo Onsen für sein besonders reines Wasser, das vollständig aus verschiedenen Quellen gepumpt wird, ohne dass es wieder erhitzt wird. Insgesamt stehen drei Badehäuser zur Verfügung, im Hauptgebäude (Honkan) kostet der Eintritt günstige 460 Yen (ca. 3 €). 

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Die Gegend rund um das Onsen sollten Sie ebenfalls ausgiebig erkunden: Neben eines großen Einkaufspassage mit vielen Restaurants und Souvenirshops, befindet sich vor dem Bahnhof Dōgo Onsen die „Katakuri Clock“, eine Art große Kuckucksuhr, aus der stündlich kleine mechanische Figuren aus Natsume Sōsekis Roman „Botchan“ hervorkommen und zu Musik tanzen.

Katakuri Clock
Die Katakuri Clock steht in der Nähe des Dōgo Onsen. © Photo AC / 夢童

Orangefarbene Vielfalt

Schon bei der Ankunft am Flughafen Matsuyama wird Ihnen eine Sache auffallen: Man ist sehr stolz auf seine Mandarinen. Tatsächlich ist die Präfektur Ehime führende Produzentin von Zitrusfrüchten und wird daher liebevoll „Zitrus-Königreich“ genannt. Das milde, sonnige Klima des Seto-Binnenmeeres eignet sich perfekt für den Anbau von Mandarinen und zahlreicher anderer Sorten. Jedes Jahr am 14. April feiert die Präfektur ihren eigenen „Orange Day“ und verteilt kostenlose Früchte und andere orangefarbene Waren.

Dementsprechend werden Sie keine Probleme haben, in Ehimes Hauptstadt die Früchte in all ihren Variationen zu probieren. Neben Kosmetik, Honig oder Likören mit Zitrusfrüchten, gibt es selbstverständlich unzählige Süßigkeiten und andere leckere Mitbringsel zu entdecken. Ehime ist so sehr dafür bekannt, dass landesweit scherzhaft behauptet wird, Orangensaft statt Wasser würde dort aus dem Hahn fließen!

Nun – tatsächlich ist das kein Scherz. In der „Orange Bar“ am Flughafen Matsuyama können Sie sich für 350 Yen (ca. 2,20 €) einen Becher frischen Orangensaft aus dem Hahn einschenken. Je nach Saison und welche Zitrusfruchtsorte verarbeitet wurde, ändert sich der Geschmack. Etwas günstiger bekommen Sie frischen Saft im Besucherzentrum in der Burg Matsuyama – dort erhalten Sie für 100 Yen (ca. 70 Cent) Ehimes „Präfekturgetränk“ POM Juice. Das offizielle Maskottchen, der orangefarbene Hund Mikyan, ist dabei nie weit entfernt!

Frischer Orangensaft am Flughafen Matsuyama.
Frischer Orangensaft am Flughafen Matsuyama. © Photo AC / 夢童

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Weitere Sehenswürdigkeiten

Wenn Sie das Dōgo Onsen und die Burg Matsuyama von Ihrer To-Do-Liste gestrichen haben, können Sie sich den etwas weniger bekannten Sehenswürdigkeiten widmen. Einer der wichtigsten Schreine der Stadt ist der Isaniwa-Schrein, der als „Wichtiges Kulturgut“ Japans gilt. Kunstfreunde sollten dem The Museum of Art, Ehime und seiner über 10.000 Exponate starken Sammlung, sowie dem Dōgo Giyaman Glass Museum (das Werke der traditionellen und modernen Glaskunst ausstellt) einen Besuch abstatten.

Jenen, die etwas mehr Zeit in Matsuyama verbringen möchten, empfehlen wir einen Tagesausflug in die kleine Stadt Uchiko, ca. 25 Minuten Bahnfahrt mit dem Limited Express von Matsuyama entfernt. Uchiko ist vor allem für eine wunderschöne Altstadt sowie die traditionelle Papier- und Wachsproduktion berühmt.

Uchiko Altstadt
Die Altstadt von Uchiko. © Photo AC / たんなるたびずき

Anfahrt (von Tōkyō)

Mit dem Flugzeug: Der Flug von Tōkyō-Narita bis zum Flughafen Matsuyama dauert ca. 1 Stunde 45 Minuten. Von dort nehmen Sie den Bus oder ein Taxi (ca. 20 Minuten) bis Matsuyama City Station.

Mit dem Zug: Mit dem JR Tōkaidō/Sanyō-Shinkansen von Tōkyō bis Okayama (ca. 3 1/2 Stunden), dann Umstieg in den JR Shiokaze Limited Express bis Matsuyama (ca. 2 1/2 Stunden).

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