Man verlasse den quirligen Bahnhof von Shibuya und laufe gen Süden – schon nach wenigen hundert Metern nimmt die Dichte der Touristen spürbar ab, und nach knapp 20 Minuten befindet man sich in Ebisu. Mit der Yamanote-Linie dauert die Fahrt sogar nur zwei Minuten. Ebisu, früher auch Yebisu geschrieben, ist einer der “Sieben Glücksgötter” – und der einzige rein japanische Glücksgott. Er verheißt Glück für die Fischerei, Wohlstand und das Geschäft. Yebisu, (heute meist “Ebisu” geschrieben) ist auch der Name einer bekannten, und durchaus akzeptablen, Biermarke in Japan. Das ist kein Zufall – etwas südlich vom Bahnhof stand einst eine große Brauerei.
Von allem etwas
Am Bahnhof Ebisu der Yamanote-Linie werden auf jeden Fall Cineasten hellhörig, denn die Bahnhofsmelodie stammt von dem britischen Kultfilm “Der dritte Mann” (1949). Und am Bahnhof beginnt die Qual der Wahl – soll man sich im Labyrinth des atré-Kaufhauses direkt darüber verlieren? Oder doch lieber durch das Geflecht der vielen kleinen Gassen in Ebisu Nishi (Ebisu West) laufen? Dort warten zum Beispiel unzählige Restaurants und Bars sowie ein winziger Park mit dem Ebisu-Schrein.
Genauso gut kann man auch östlich des Bahnhofs die Meiji-Straße Richtung Hiroo spazieren, einem ebenfalls sehr attraktiven, wenn auch ganz anders gearteten Stadtviertel. Oder man läuft vom Bahnhof eine lange, überdachte Passage Richtung Süden entlang zur ehemaligen Brauerei. Dieser Bereich wurde vor gar nicht allzu langer Zeit komplett umgestaltet. Neben Resten der alten Brauerei findet man hier heute Yebisu Garden Place, ein großes, gehobenes Einkaufszentrum mit zahlreichen Restaurants, einem Kino, dem Yebisu-Biermuseum sowie das Tokyo Photographic Art Museum.
Feiern in Ebisus Kneipen
Ebisu ist ein typisches Mischgebiet – man findet zahlreiche Bürogebäude, aber auch kleine Wohnviertel mit mehr oder weniger alten Einfamilienhäusern sowie einer über die Jahrhunderte gewachsenen, eingeschworenen Nachbarschaft. Selbst kleine Fabriken gibt es noch, doch am meisten besticht das Viertel durch die schier endlose Zahl von Restaurants und Bars. Dementsprechend tobt rund um den Bahnhof vor allem nachts das Leben, wenn die salarymen um die Blöcke ziehen.
Besonders bunt geht es in der Ebisu Yokochō her, einer kleinen und gut versteckten Kneipenzeile. Die kleinen und kleinsten Restaurants verschmelzen dort förmlich ineinander, die Gäste sitzen hauptsächlich auf Plastikschemeln und Bierkisten. Es ist eng, laut und die Stimmung fröhlich – vor allem junge Besucher:innen wissen, dass man hier schnell mit anderen ins Gespräch kommen kann.
Schlemmen und Kirschblüte
Nicht nur nachts lohnt sich ein Abstecher nach Ebisu – zur Mittagszeit bietet sich hier eine wunderbare Auswahl hervorragender Restaurants, wobei alle Preisklassen vertreten sind. Von Rāmen über Sushi bis Tempura, von Japanisch über Vietnamesisch bis Italienisch und Französisch – alles ist dabei!
Richtig hoch her geht es in Ebisu am letzten Wochenende im Juli, wenn bis über 10.000 Besucher den Bon-Odori, den traditionellen Tanz zum O-Bon-Fest, tanzen. Natürlich kann hier jeder mitmachen. Das Bon-Odori von Ebisu ist die größte Veranstaltung dieser Art in Tōkyō. Ende März ist ebenfalls eine gute Zeit, das auch als Wohnort begehrte Viertel zu besuchen. Dann wird die Meiji-Straße dank der Kirschblüte komplett rosa gefärbt.
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