Sandankyō-Schlucht: Spektakuläre Natur in Hiroshima

Diana Casanova
Diana Casanova

Weit im Westen der Präfektur Hiroshima befindet sich ein weites Gebiet unberührter Natur – wo ein paar Tropfen sich über Millionen Jahre in einen reißenden Fluss verwandelten und die spektakuläre Sandankyō-Schlucht in die Berge gegraben haben.

© iStock.com / MasaoTaira

Die Sandankyō-Schlucht befindet sich im Nordwesten der Gemeinde Akiōta und ist Teil des Nishi Chūgoku Sanchi-Quasi-Nationalparks. Als nur eine von sechs Orten in ganz Japan wurde sie vom Kulturministerium aufgrund ihrer Schönheit 1953 sogar als „Special Place of Scenic Beauty“ anerkannt. Und das völlig zurecht: Entlang der 16 km langen Schlucht, durch die sich der Fluss Shibaki schlängelt, erleben Wanderer eine wunderschöne Vielfalt unberührter Flora und Fauna, die mit großer Sorgfalt gepflegt und geschützt wird.

Vor über 100 Jahren war das gesamte Gebiet noch unerforscht. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden lediglich Beschreibungen bestimmter Flüsse und Felsformationen in der Gedichtsammlung „Matsuno Ochibashu“ (1768) erwähnt. Der Name Sandankyō geht auf den japanischen Fotografen Kuma Nanpo (1876-1943) zurück, der 1917 begann die faszinierende Schlucht zu erkunden, welche ihn an chinesische Tuschezeichnungen erinnerte. „San“ stammt aus der Tatsache, dass drei (auf Japanisch san) Berge die Gegend prägen; „dan“, weil drei Wasserfälle innerhalb der Schlucht zu finden sind (dan bedeutet wörtlich Stufe); und „kyō“, weil die Schlucht (kyō) den Shibaki in drei Flüsse teilt. Dies erinnerte Kuma an die Drei-Schluchten-Region entlang des Jangste-Flusses in China. Kuma war es auch, der sich dafür einsetzte, dass die Sandankyō-Schlucht im ganzen Land bekannter wird und ihre Schönheit auch per Gesetz zu erhalten, indem sie zum „Place of Scenic Beauty“ ernannt wird.

Am Eingang des Sandankyō-Wanderweges. © D. Casanova
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Herrliche Pflanzenwelt

Eine Wanderung durch die Sandankyō-Schlucht beginnt an ihrem südlichsten Punkt, wo sich auch ein Besucherzentrum und ein kleines Hotel befinden. Zunächst überquert man die Nagabuchi-Brücke, die über den gleichnamigen Teich führt. Wassersport-Freunde können dort während der Saison Kayaks und Stand-Up-Paddel mieten und die malerische Natur vom Wasser aus erkunden. Nur fünf Minuten später erreicht man die erste szenische Sehenswürdigkeit, den Shimaidaki-Wasserfall – eigentlich drei parallel verlaufende Wasserfälle, was ihnen auf den passenden Namen „Schwesternfälle“ eingebracht hat. Deren Wasser münden zwar in einen ruhigen Teich, doch nur ein Stück weiter verwandelt sich dieser in eine reißende Strömung, deren tosende Kraft von den steilen, hohen Felswänden links und rechts widerhallt – ein eindrucksvolles Naturerlebnis.

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Wanderer werden schnell von der erstaunlichen Vielfalt der Natur in Sandankyō begeistert sein. Zahlreiche Moos- und Farnarten lassen sich an den Bäumen, Ufern und Felswänden entlang des Wanderweges entdecken, einige davon sind sogar vom Aussterben bedroht. Für bunte Farbtupfer in der sattgrünen Landschaft sorgen Blumen und Pilze wie Azaleen, Kaiserlinge und Schleierdamen.

Nach etwa 30 Minuten erreicht man den „roten Wasserfall“ oder Akadaki – und da ist der Name Programm. Schon von weitem sieht man die rotbraune, stufige Felswand, an der ein breiter Wasserfall unter dem Wanderweg zum Fluss fließt. Tatsächlich stammt die Farbe nicht etwa vom Stein selbst; stattdessen ist dieser Teil des Felsens bedeckt mit einer seltenen, Terrakotta-farbenen Algenart. Das kühle Wasser ist sogar trinkbar!

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Akadaki-Wasserfall
Der Akadaki-Wasserfall verdankt seine rote Farbe einer besonderen Algenart. © iStock.com / MasaoTaira

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Vielfältige Naturlandschaften

Sandankyō ist geprägt von Teichen und Buchten, die eine stille Oase zwischen den reißenden Strömungen des Flusses bilden. Eine davon ist Meotobuchi. Nachdem Sie die Akadaki-Fälle passiert haben, führt der Weg weiter zu einem erodierten, mit Steinen gefüllten Teich, dessen Name übersetzt „Ehepaar-Teich“ bedeutet. Tatsächlich handelt es sich nämlich um zwei nebeneinander liegende Teiche. Im seichten Ishidoi-Bereich leuchten die Felsen in einem strahlenden Weiß und zeigen eindrucksvoll die geologische Vielfalt Sandankyōs. Dort befindet sich auch ein besonderer Felsen namens Ishidoi Kannon – eine natürliche Felsformation, die der buddhistischen Göttin der Barmherzigkeit Kannon ähneln soll und daher besonders für Gläubige ein faszinierender Ort darstellt.

Der Wanderweg ist eines der wenigen menschengemachten Dinge in der Schlucht. © D. Casanova

Nach 3 km, oder etwa einer Stunde Fußmarsch, erreichen Sie schließlich den „schwarzen Teich“ Kurobuchi – einer der Hauptattraktionen von Sandankyō. Bereits aus der Ferne erkennt man die im Wind wehenden Flaggen, eines der wenigen Zeichen von Zivilisation in der Schlucht. Die Flaggen markieren den Standort des Kurobuchi-so, ein kleines familiengeführtes Restaurant gelegen zwischen den hohen steinigen Felsen der Schlucht, das bereits seit 1926 in Betrieb ist. Es ist vor allem für seine über Holzkohle gegrillten Fische und stärkenden Nudelsuppen bekannt. Doch um dorthin zu gelangen, muss man erst den steiler werdenden, gewundenen Wanderweg meistern und eine Hängebrücke überqueren. Wer es sich leichter machen will, nimmt für umgerechnet etwa 3,50 Euro einfach die Kurobuchi-Fähre, die einen in etwa 10 Minuten über das ruhige Gewässer direkt zur Anlegestelle des Restaurants bringt. Das azurblaue Wasser des Teichs ist frei von Strömungen und so klar, dass man bis auf den metertiefen Boden schauen kann. Umgeben wird das enge Tal von bis zu 100 Meter hohen Felswänden, durch die der Fluss fließt – er entspringt dem flachen Erosionsgebiet zwischen dem Uchiguro-Berg und dem Shiwagi-Berg.

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Ausblick von der kleinen Fähre in Kurobuchi. © D. Casanova

Tierisches Abenteuer

Wanderer sollten sich auf jeden Fall die Mühe machen, bis zum Kurobuchi zu gelangen – wer danach müde ist, kann sich eine wohlverdiente Pause gönnen und den Rückweg antreten. Doch wer noch Energie hat, kann weiter zum Zentrum von Sandankyō wandern und dem Verlauf des Shibaki-Flusses folgen, bis man den Sarutobi-Felsen erreicht.  Dieser bildet den Eingang zu den beeindruckenden Nidandaki-Wasserfällen, die man bei einer Bootsfahrt aus nächster Nähe bestaunen kann. Der Kapitän führt das Boot durch eine enge Passage, die nur etwa 2 Meter breit ist, und ermöglicht den Passagieren, die mit Moos bewachsenen, 20 Meter hohen Klippen zu berühren. Von dort ist es noch ein Stückchen zu den Sandandaki-Wasserfällen – den „dreistöckigen“ Fällen, welche ca. 130 Meter hoch und eine der bemerkenswertesten Sehenswürdigkeiten entlang des gesamten Wanderweges darstellen. Ihr Wasser stürzt dramatisch in ein ruhiges, türkisfarbenes Becken und wird von unberührtem Wald umgeben, der besonders im Sommer und Herbst mit seinen malerischen Farben begeistert.

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Eine Wanderung im Sandankyō ist vor allem Herbst eine absolute Empfehlung: Denn dann färben sich die Tausenden Bäume in herbstliche Rot-, Gelb- und Orangetöne. Wer im Sommer unterwegs ist, darf sich auf eine tierische Vielfalt freuen. Zahlreiche heimische Insekten- und Vogelarten können dort entdeckt werden, darunter der niedliche blaue Singvogel Japanschnäpper oder sogar Riesengleithörnchen. Als besonders ikonisch gilt der Haubenfischer, einer der größten Eisvögel Asiens. Doch der Japanische Riesensalamander, der in der Region heimisch ist, wird oft als das Symbol von Sandankyō angesehen und gilt als eines der faszinierendsten Tiere des Gebiets, mit seinen bis zu 1,5 m Länge.

Der Japanische Riesensalamander ist überall zu sehen. © D. Casanova

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Anfahrt und Informationen

Mit dem Expressbus (Hiroden) von Hiroshima Bus Center dauert die Hinfahrt ca. 1,5 Stunden.

Die Saison dauert von April bis November. Die Wege sind nicht beleuchtet, das bedeutet, dass eine Rückkehr bis 17 Uhr empfohlen wird. Im Winter liegt oft hoher Schnee (Achtung: Die Wanderwege werden nicht gewartet oder gestreut, auch alle Rastplätze und Toiletten sind geschlossen) und auch der Handyempfang kann eingeschränkt sein. Je nach Wetterlage können Abschnitte der Wanderroute gesperrt werden, informieren Sie sich also im Voraus.


Mehr Informationen um die Sehenswürdigkeiten Hiroshimas finden Sie auf dem offiziellen Tourismusportal Dive! Hiroshima: 

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