Salzig, süß, sauer und bitter sind bekannte Begriffe, um einen Geschmack zu beschreiben. Dabei ist ein fünfter, umami, zwar nicht so bekannt, doch nicht weniger weit verbreitet. Umami, ein Wort, dass wörtlich „geschmackvoll“ bedeutet, ist bereits seit tausenden Jahren Teil des japanischen kulinarischen Lexikons.
Umami entfesselt
Andere Kulturen und Vokabulare nutzen Wörter wie „reichhaltig“, „stark“ oder „herzhaft“, doch egal ob Ost oder West, wenn wir diesem Geschmack begegnen, ist die Reaktion immer gleich: „Umai!“ („Köstlich!“)
Ikeda Kikunae, ein Chemie-Professor an der Universität Tōkyō, entdeckte im Jahre 1908, dass Glutamat, eine geschmacksverstärkende Aminosäure, dem Dashi (eine Brühe aus Wasser, Kombu-Alge und getrocknetem Fisch) seinen unverwechselbaren Geschmack verlieh und nannte dies umami. Glutamate reagieren mit Ribonukleotiden, weitere natürlich vorkommende Chemikalien in Lebensmitteln, um Geschmack zu vervielfachen und zu intensivieren. Kochen, Trocknen und Fermentieren setzen diese Aminosäuren frei und resultieren in erhöhtem umami-Geschmack.
Im Jahre 2000 entdeckten amerikanische Forscher Rezeptoren auf der menschlichen Zunge speziell für umami. Sie signalisieren die Anwesenheit von Protein, welches aus Aminosäuren besteht und wesentlich zum Überleben ist. Das entsprechende Essen wird dadurch fast unwiderstehlich.
Klassische japanische Küche verlässt sich auf eine Handvoll Grundzutaten und Vorgehensweisen, die umami in einer Vielzahl an Gerichten hervorheben, bei denen so ziemlich jeder Bissen unvergesslich lecker ist. Das macht das Essen in Japan vielleicht zu so etwas wie einem nationalen Zeitvertreib und hilft dabei, die Bevölkerung schlank zu halten (umami reagiert mit Bakterien im Magen, die dem Gehirn sagen, wann er voll ist).
Während es zwar künstliche Varianten gibt (das Lebensmittelunternehmen Ajinomoto begann die Herstellung des Geschmacksverstärkers Mononatriumglutamat, auch bekannt als MNG oder MSG, ein Jahr nach Ikedas Entdeckung), unsere Favoriten bleiben die natürlichen Quellen.
Kombu (Alge)
Diese unverzichtbare Zutat ist wunderbar für Dashi, mit 3.190 mg pro 100 g Glutamat ist Kombu die weltweit reichhaltigste Quelle an umami (Rindfleisch enthält 107 mg Glutamat, während Tomaten 246 mg enthalten).
Hauptsächlich angebaut auf Hokkaidō, Japans nördlichster Insel, ist Kombu seit dem 9. Jahrhundert ein wesentlicher Bestandteil der japanischen Küche, als es noch als Geschenk passend für die Götter galt. Ein paar Streifen getrocknete Kombu-Alge, über Nacht in kaltem Wasser eingeweicht und dann kurz zusammen mit katsuobushi oder niboshi geköchelt, kreieren eine Brühe, die einen Grundstein der japanischen Cuisine bilden.
Katsuobushi (getrocknete Bonito-Flocken)
Katsuobushi, eine der Hauptzutaten in Dashi, werden aus getrocknetem und fermentiertem katsuo (Bonito-Fisch) hergestellt. In seiner ursprünglichen Form erinnert getrockneter katsuo an einen Holzblock in Fischform, von dem Köche traditionell Flocken abschaben, wenn nötig. Er ist noch immer Teil moderner japanischer Speisekammern und wird heutzutage in fertig abgepackten, großen Tüten verkauft.
Katsuo ist bereits reich an umami; doch das Trocknen und Fermentieren konserviert ihn nicht nur für die Zukunft, sondern erhöht das umami-Level noch einmal, was es zu einer beliebten Zutat für Okonomiyaki (herzhafte japanische Pfannkuchen) und Ohitashi (blanchiertes Gemüse) macht.
Niboshi (getrocknete Sardinen)
Niboshi sind eine weitere beliebte Zutat für hausgemachtes Dashi, insbesondere bei der Zubereitung von Misosuppe, und sie werden manchmal auch als günstigere Alternative zu katsuobushi verwendet. Über Nacht in kaltem Wasser eingeweicht und dann auf niedriger Hitze für weniger als 5 Minuten geköchelt, bilden niboshi eine geschmacksreiche Brühe.
In Japan ist niboshi dashi eine der gängigeren Dashi-Sorten, kann aber einen fischigeren Geschmack haben als Dashi aus katsuobushi. Niboshi sind weiterhin eine beliebte Zugabe zu Rāmen, dem ihr besonderer Geschmack der populären Nudelsuppe mehr Tiefe und Komplexität verleiht.
Daizu (Sojabohnen)
Als grundlegende Quelle für Protein und umami tauchen daizu in zahlreichen Formen in der japanischen Küche auf. In Form von Edamame frisch gegessen, werden daizu durch Fermentation als Miso, Sojasauce und Tōfu konserviert, die den umami-Geschmack weiter verstärken (Sojasauce enthält 782 mg Glutamat, einfache daizu nur 66 mg).
Es ist daher vielleicht kein Zufall, dass diese Zutaten in jedem Gericht präsent sind, sei es als ein Schuss Sojasauce bei Sushi oder Sashimi oder als heiße Schüsseln Miso mit Tōfu und shijimi (Muscheln).
Hoshi Shiitake (getrocknete Shiitake-Pilze)
Die in Japan heimischen Shiitake sind eine weitere, umami-haltige Grundzutat. Pilze sind generell reich an umami, aber der Anteil in frischen Shiitake ist mit 71 mg pro 100 g Glutamat besonders hoch.
Getrocknete Shiitake-Pilze enthalten 150 mg (pro 100 g) des Nukleotids Guanylat, welches mit Glutamat in anderen Lebensmitteln reagiert und so deren Geschmack hervorhebt. Tempiboshi, sonnengetrocknete Shiitake, gelten als besonders geschmacksreich, ideal für eine normale wie vegetarische Dashi-Brühe. Man verwendet sie auch in einer Reihe gedämpfter und geköchelter Gerichte, um die Aromen der anderen Zutaten herauszuholen.
Dashi: alltägliches umami
Dashi ist eine gewissenhaft zubereitete Brühe, die in so ziemlich allen Gerichten im Alltag verwendet wird. Ihr unverwechselbar reichhaltiger Geschmack eignet sich für die Suppen heißer Nudelspeisen oder als Sauce für kalte Nudeln und Tempura.
Der üppige umami-Geschmack in Dashi macht den Unterschied zwischen maa maa („so lala“) und umai („köstlich“). Einfaches Dashi verwendet Kombu-Alge, katsuobushi und Wasser als Hauptzutaten. Andere Zutaten, die bereits für sich reich an umami sind, wie Shiitake oder kleine getrocknete Fische, können je nach Geschmack und Gericht hinzugefügt werden. Fügen Sie ein wenig Mirin (Kochsake) für die Süße hinzu und Sie haben tsuyu, eine weitere exzellente Suppenbasis und Sauce.
Umami und internationale Küche
Seit Ikedas Entdeckung 1908 und der Erkenntnis eines Forscherteams, dass umami-Rezeptoren auf der menschlichen Zunge existieren, fast 90 Jahre später, haben das Konzept und seine dazugehörigen Elemente ein eigenes Momentum erhalten. Kreative Chefköche auf der ganzen Welt suchen nach diesen klassischen japanischen Zutaten und Waren und kreieren daraus neue Rezepte und Speisen, die Gaumen sowie Geschmacksknospen in Neugier und Aufregung versetzen.
Itadakimasu! („Essen wir!“)
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Englisch bei All About Japan veröffentlicht und von JAPANDIGEST übersetzt und nachbearbeitet.
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