Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Einfacher Inhalt, aromatische Vielfalt: Alles rund um Umeshu

Simone Hencke
Simone Hencke

Von Juni bis Juli ist ume-Zeit in Japan! Obwohl sich dieses pflaumenähnliche Obst nicht zum direkten Verzehr eignet, ist es ein Kernbestandteil der japanischen Kultur, entsteht aus ihm doch u.a. der allseits beliebte Fruchtlikör "umeshu". Was umeshu ausmacht, wie man ihn trinkt und sogar selbst herstellt, erfahren Sie hier!

Umeshu
Umeshu ist einer der beliebtesten Fruchtliköre Japans. © Photo AC / チリーズさん

Jedes Jahr im Februar und März blühen die ume-Bäume und tauchen Japan in ein Meer aus Weiß, Zart- und Tiefrosa; nur wenige Monate später tragen sie statt der Blüten grüne und gelbe, pflaumenähnliche Früchte. Diese sogenannten ume (梅) werden tatsächlich oft mit „japanische Pflaumen“, manchmal auch „japanische Aprikosen“, übersetzt – obwohl sie sich (etwa durch ihren höheren Säuregehalt) davon eigentlich ziemlich unterscheiden. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der japanischen Küche und Kultur, ob als sauer eingelegte umeboshi in Reisbällchen und Bentō-Boxen oder im allseits beliebten umeshu (梅酒 – „ume-Alkohol“), der überall und zu jeder Jahreszeit gerne getrunken wird und sogar heilende Kräfte besitzen soll.

Im Russisch-Japanischen Krieg (1904-1905) waren umeboshi unter den Rationen, die an die japanischen Soldaten geschickt wurden. In dieser Zeit entstand das Konzept des hi-no-maru bentō, bei dem eine umeboshi in der Mitte des weißen Reises platziert wird und so an die japanische Flagge (hi-no-maru) erinnert. © たぐぐ0503と愉快な仲間さん/Photo-AC

Eine (sehr) kurze Chronik des umeshu

Die Geschichte der ume in Japan reicht über 1.000 Jahre zurück. Schon 918 und 984 wurden ihre Heilfähigkeiten in zwei der ältesten Medizinliteraturen Japans (honzōwamyō und ishinpō) erwähnt. 960 soll der Kaiser Murakami einen besonderen Tee aus Kombu (Seetang) und ume getrunken und sich so von seiner Krankheit erholt haben; und auch Jahrhunderte später, während der Sengoku-Zeit (1467-1603), befahlen viele Feudalherren, mehr ume-Bäume zu pflanzen, damit ihre Früchte später im Krieg als Medizin genutzt werden könnten.

In der Edo-Zeit (1603-1868) wurde dann mit der Herstellung von umeshu begonnen – erst eigentlich nur, um die schnell verderblichen ume länger haltbar machen zu können, später aber auch zum Verkauf und Genuss des umeshu selbst. Damals galt er noch als Luxusgut, da der Zucker, der für seine Produktion notwendig ist, sehr teuer war. Dagegen kann umeshu heutzutage in so gut wie allen Supermärkten, Bars und Restaurants zu erschwinglichen Preisen gefunden werden. Er zählt zu den beliebtesten japanischen Likören und ist aus den Leben vieler Einwohner, Besucher und Fans Japans gar nicht mehr wegzudenken.

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3 Zutaten, 300 Geschmäcker…

Eigentlich besteht umeshu aus nur drei, auf den ersten Blick recht einfachen Zutaten. Eine davon ist natürlich die ume selbst. Die Präfektur Wakayama, insbesondere die kleine Küstenstadt Minabe, produziert den Großteil, nämlich 60 Prozent, der ume-Ernte in Japan. Von dort stammt auch die nankō ume, die in den 1950ern als „beste ume-Sorte“ ausgezeichnet wurde und heute bei der Herstellung von umeshu am häufigsten zum Einsatz kommt. Doch auch andere Sorten aus anderen Regionen eignen sich gut für umeshu — wie etwa die recht saure die vor allem in der Präfektur Nara angebaut wird und ihren Namen aus japanischen waka-Gedichten der Heian-Zeit (794-1192) bezieht, oder die härtere, saftigere gojiroume, die hauptsächlich in Wakayama zu finden und auch als „grüner Diamant“ bekannt ist.

Ume
Da ume schnell verderben, werden sie oft geerntet, wenn sie noch grün und sehr sauer sind. In dieser Form nennt man sie auch aoume (wortwörtlich „grüne ume“). So können sie zwar noch nicht verzehrt, aber perfekt zu umeshu weiterverarbeitet werden. © Hamattiさん/Photo-AC

Eine andere Hauptzutat ist Alkohol. Früher wurde umeshu mit nihonshu – welchen die westliche Welt größtenteils als „Sake“ kennt – zubereitet. Heute wird oft sogenannter Weißlikör (howaito rikā, „white liquor“) verwendet, eine Art von shōchū (japanischer Branntwein), der farb-, geschmack- und geruchlos ist und dadurch das ursprüngliche Aroma der ume stärker hervorhebt. Doch auch andere shōchū-Varianten, Whisky, Rum, Wodka, Tequila, sogar Wein eignen sich gut für die Herstellung von umeshu.

 Was die dritte und letzte Zutat – Zucker – angeht, so wird meist Kandiszucker, aber auch Puder-, Frucht- oder brauner Zucker sowie Honig verwendet. Zusätzlich werden heutzutage auch beispielsweise Limette, Mango, Joghurt, grüner Tee und vieles mehr dazu gemischt. So gibt es mittlerweile über 300 verschiedene umeshu-Varianten aus allen Ecken Japans.

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…und eine Vielzahl von Trinkweisen

 Je nachdem, welche ume-, Alkohol- und Zuckersorten verwendet werden, können Unterschiede beim Geschmack, Geruch und sogar bei der Farbe auftreten. Ähnliches gilt für die optimale Trinkweise. Eine beliebte Art umeshu zu trinken ist „on the rocks“, also auf Eiswürfeln. Im Sommer wird er oft mit erfrischendem, kühlem Sodawasser gemischt getrunken (sōda-wari), im Winter mit heißem Wasser (oyu-wari).

Abhängig von etwa der Alkohol-Basis eröffnen sich jedoch auch ganz neue Trinkmethoden. Die Infoseite “umeshu jikan” („umeshu-Zeit“, Japanisch) empfiehlt zum Beispiel, aus Weißlikör hergestellten umeshu mit Bier, Saft oder Eistee zu mischen. Zu umeshu aus Weinbrand passt dagegen ein wenig Schwarztee oder sogar etwas Vanilleeis. Hier sind – wie auch schon bei der Herstellung des süßen Fruchtlikörs – den Möglichkeiten fast keine Grenzen gesetzt.

Umeshu
Manchmal wird umeshu mit einer Frucht im Glas serviert, die dann natürlich auch verzehrt werden kann. © Photo AC / HiCさん

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Ganz einfach selbstgemacht: umeshu zuhause herstellen

In Japan existieren strenge Gesetze bezüglich der privaten Herstellung von alkoholischen Getränken. Aber umeshu selbst herstellen ist erlaubt —solange der verwendete Alkohol über 20 Volumenprozent hat und versteuert wurde, und das Endprodukt auch nur maximal ein Prozent mehr Alkoholgehalt aufweist. Viele Familien bereiten umeshu deswegen selbst zuhause zu; und auch das ein oder andere Restaurant bietet seine eigenen, einzigartigen Kreationen an.

Mit ein wenig Glück bei der Suche nach den richtigen Zutaten kann man auch in Deutschland seinen eigenen umeshu herstellen. Für 4 Liter benötigen Sie Folgendes:

  • ein Kilogramm ume — am besten noch grün, also nicht reif;
  • 500 Gramm bis ein Kilogramm Kandiszucker;
  • 1,8 Liter Alkohol Ihrer Wahl — ein neutraler und hochprozentiger wie Wodka oder shōchū ist, zumindest für den Anfang, am besten geeignet;
  • sowie ein verschließbares 4-Liter-Glasgefäß

Entfernen Sie die Stängel der ume und sortieren Sie alle Früchte mit weichen oder schimmelnden Stellen aus. Waschen Sie die ume gründlich und trocknen Sie sie anschließend gut ab. Stechen Sie mit einem kleinen Zahnstocher einige Löcher in jede Frucht — dadurch kann ihr Saft und Aroma besser vom Alkohol aufgesaugt werden.

Waschen und desinfizieren Sie das Glasgefäß, lassen Sie es gut trocknen und wischen Sie es innen mit einem sauberen, im Alkohol Ihrer Wahl getränkten Tuch ab. Füllen Sie es dann schichtweise mit ume und Zucker, bis beide Zutaten aufgebraucht sind. Gießen Sie anschließend den Alkohol darüber.

Umeshu
Umeshu in der Mache. © mochi0830さん/Photo-AC

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Lagern Sie das Glasgefäß nun an einem kühlen, schattigen Ort — aber nicht im Kühlschrank! Rühren Sie die Flüssigkeit alle paar Wochen mit einem desinfizierten Löffel um, sobald der Zucker zu schmelzen und die Früchte aufzusteigen begonnen haben. Theoretisch können Sie den umeshu bereits nach drei Monaten trinken. Für einen noch besseren, volleren Geschmack wird jedoch empfohlen, sechs Monate bis ein Jahr zu warten.

Alle umeshu-Neulinge, die den Likör vielleicht nicht direkt selbst machen, aber auch nicht bis zur nächsten Japanreise warten möchten, können unbesorgt sein: Einige Sorten von großen Marken sind auch in vielen Asia-Märkten in Deutschland erhältlich — und bieten besonders jetzt, wo der Sommer doch endlich naht und die Temperaturen stetig steigen, eine erfrischende Abkühlung.

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