Glück, Gesundheit, ein reicher Kindersegen – Wünsche für das neue Jahr werden in Japan unter anderem durch die an Neujahr servierten Speisen, genannt osechi ryōri, ausgedrückt. Shōgatsu, das japanische Neujahrsfest, ist hier ein wichtiges Familienfest. Und so steht am ersten Tag des neuen Jahres neben dem gemeinsamen Schreinbesuch das Verspeisen der Neujahrsgerichte im Kreise der Familie auf dem Plan.
Was ist osechi ryōri?
Traditionell handelt es sich bei osechi ryōri um hausgemachte Gerichte, deren Zubereitung oft zwei bis drei Tage in Anspruch nehmen kann. In der heutigen japanischen Gesellschaft, in der oft nicht mehr so viel Zeit zur Verfügung steht, werden die Menüs aber immer öfter fertig im Restaurant oder Supermarkt gekauft. Da in den ersten drei Tagen des neuen Jahres nicht gearbeitet und somit auch nicht gekocht werden soll, sind osechi ryōri gut lagerbare Speisen, die über mehrere Tage hinweg verzehrt werden können. Hierzu zählen zum Beispiel in Salz oder Essig eingelegte oder in Sojasauce, Sake und Zucker gekochte Zutaten. Diese schmecken auch ohne nachträgliches Aufwärmen noch nach einigen Tagen.
Für das Kochverbot gibt es übrigens mehrere Gründe: Zum einen sollen die Götter nicht durch den dadurch entstehenden Lärm gestört werden. Außerdem glaubt man, dass es Pech bringe, wenn man sich während der Neujahrstage schneidet oder verbrennt. Nicht zuletzt ist die Idee hinter dem Verbot auch, dass alle Familienmitglieder die Feiertage über entspannen können und sich auch keiner um Hausarbeit kümmern muss.
Serviert werden die osechi ryōri in speziellen Lackboxen, genannt jūbako. Diese erinnern an edle Bentō-Boxen und bestehen meist aus zwei bis drei Lagen. Andere Formen des Anrichtens sind jedoch auch möglich.
Der Ursprung von osechi ryōri
Die Geschichte von osechi ryōri reicht bis in die Heian-Zeit (794-1185) zurück. Neujahr wurde damals als eines der fünf Jahreszeitenfeste (sekku) am Kaiserhof in Kyōto gefeiert. Für solche Feste, die den Übergang zu einer neuen Jahreszeit markierten, verwendete man auch den Begriff sechinichi, von dem sich osechi ryōri ableitet. Die Bewohner des Kaiserhofs boten die Gerichte anlässlich des Neujahrfests, das nach dem chinesischen Kalender zu dieser Zeit im Frühling stattfand, als Opfergaben den Göttern dar. Anschließend aßen sie sie selbst.
In der Edo-Zeit breitete sich der Brauch, zu Neujahr osechi ryōri zuzubereiten und zu essen, dann schließlich in alle Bevölkerungsschichten aus.
Neben den traditionellen Gerichten, die meist aus Gemüse oder Fisch bestehen und entweder eingelegt oder gekocht sind, zählt man heutzutage auch einige moderne Gerichte zu den osechi ryōri, darunter auch westliche Speisen. Die Auswahl ist demnach äußerst vielfältig. Am wichtigsten ist, dass den einzelnen Gerichten eine glücksverheißende Bedeutung zugeordnet werden kann.
Folgende osechi ryōri-Gerichte sind besonders populär:
Beliebte osechi ryōri-Gerichte und ihre Bedeutungen
Datemaki
Das gerollte Omelett mit Fisch- oder Garnelenpaste schmeckt süßlich und erinnert in seiner Form an eine Schriftrolle. Es steht daher für den Wunsch nach Gelehrsamkeit und erfolgreichem Lernen.
Kazunoko
Dieses Gericht besteht aus Heringsrogen. Die tausenden kleinen Eier symbolisieren den Wunsch nach einem reichen Kindersegen. Dieser steckt auch in dem Namen kazunoko: Kazu heißt Zahl und ko Kind, womit sich die Bedeutung „viele Kinder“ ergibt. Außerdem heißt Hering auf Japanisch nishin, was genauso klingt wie „zwei Elternteile“ (二親), nur mit anderen Kanji geschrieben.
Kamaboko
Kamaboko sind gedämpfte Fischpasteten, die in halbmondförmige Scheiben geschnitten serviert werden. Sie sind meist pink und weiß, was ihnen eine glücksverheißende Bedeutung zukommen lässt. Pink beziehungsweise rot soll vor bösen Geistern schützen während weiß Reinheit symbolisiert.
Tai
Tai, auf Deutsch Meerbrasse, wird gerne zu festlichen Anlässen in Japan serviert. Der Fisch symbolisiert Glück und Freude, da tai Teil des Wortes medetai ist. Dieses bedeutet nämlich „glücklich“ oder „fröhlich“.
Kuri kinton
Dieses Gericht besteht aus kandierten Maronen und Süßkartoffelbrei. Die leuchtend gelbe Farbe erinnert an Gold, weshalb das Kuri kinton den Wunsch nach finanziellen Reichtum im neuen Jahr symbolisiert.
Kuromame
Für diese Speise werden schwarze Sojabohnen in Zucker und Sojasauce gekocht. Da mame sowohl Bohne als auch Gesundheit heißt, symbolisiert Kuromame den Wunsch nach guter Gesundheit im neuen Jahr.
Tazukuri
Tazukuri sind in herzhaft-süßer Sauce kandierte, getrocknete Babysardinen. Sie stehen für den Wunsch nach einer reichen Ernte für die Landwirte.
Kobumaki
Kobumaki sind Kombu-Rollen, bei denen verschiedene Zutaten wie etwa Fisch oder Gemüse in Kombu-Algen eingerollt werden. Kobu klingt wie yorokobu (sich freuen), weshalb das Gericht für Glück im neuen Jahr steht.
Tataki gobo
Bei diesem Gericht handelt es sich um zerstoßene Klettenwurzel in Sesamsauce. Die Klettenwurzel (gobo) ist sehr schwer zu ernten, weshalb Tataki gobo Stärke und Satabilität symbolisiert. Die gespaltenen Enden sollen außerdem das Glück vermehren.
Renkon namasu
Renkon namasu sind in süßer Essigsauce marinierte Lotuswurzelscheiben. Die Lotuswurzel steht mit ihren Löchern, durch die man hindurchsehen kann, für die Hoffnung auf eine Zukunft ohne Hindernisse. Sollten doch welche auftauchen, dann soll sie zumindest einen klaren Blick auf das neue Jahr versprechen.
Ebi no umani
Für dieses Gericht werden Schrimps in einer Sauce aus Dashi, Sojasauce, Sake, Zucker und Mirin geköchelt. Der Schrimp symbolisiert mit seinem gekrümmten Rücken und den beiden Antennen, die an einen langen Bart erinnern, den Wunsch nach einem langen Leben. Die rote Farbe soll außerdem böse Geister vertreiben.
Zum Neujahrsmenü wird Ozōni gereicht, eine traditionelle Neujahrssuppe. Das Rezept finden Sie hier:
Wie Japaner den Silvesterabend verbringen, zeigen wir Ihnen in folgendem Artikel:
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