JAPANDIGEST: Herzlichen Glückwunsch zur Veröffentlichung deines ersten Artbooks, Lunaly! Wie bist du denn überhaupt zum Mangazeichnen gekommen?
Lunaly: Gezeichnet habe ich schon immer, schon von Kindesalter an. Später habe ich erfolgreich an Zeichenwettbewerben teilgenommen. Früher waren es Disney-Figuren. Die wurden dann von den Helden und Heldinnen aus Anime-Serien und Manga abgelöst. Mittlerweile zeichne ich meine eigenen Charaktere.
Wie sah dein erster Kontakt zu Japan aus?
1996 lief die japanische Anime-Serie Sailor Moon im Fernsehen. Ich war sehr begeistert und wollte mehr darüber erfahren. Da wir damals noch keinen Internetzugang hatten, kaufte ich mir Zeitschriften am Kiosk, in denen ich Bilder von Sailor Moon sah.
Ich fand heraus, dass es eine Serie aus Japan war und wollte nun mehr über das Land wissen. Ich verschlang alles, was ich in die Hände bekommen konnte und tauschte mich mit Freunden aus, die meine Leidenschaft teilten.
Was fasziniert dich an Japan?
Das ist eine sehr schwere Frage, die man mir schon häufiger gestellt hat. Es gibt so vieles Interessantes und immer wieder Neues an Japan zu entdecken! Mir gefällt vieles an diesem Land: die Kultur, die wunderschöne Landschaft, das facettenreiche Essen und auch die Sprache, mit der ich mich schon lange befasse.
Japan hat mich so sehr fasziniert, dass ich Japanologie studieren wollte. Als ich mit dem Studium begann, dachte ich, dass ich schon ein gewisses Grundwissen besitze. Ich wurde aber schnell eines Besseren belehrt. Ich habe festgestellt, dass ich eigentlich gar nichts weiß! Je länger ich mich mit Japan befasst habe, umso intensiver wurde mein Interesse für dieses geheimnisvolle und fremde Land, das bis heute anhält.
Was gefällt dir an der japanischen Popkultur?
Auch das ist eine schwierige Frage! Es gibt so viele Bereiche der japanischen Popkultur, die mich faszinieren. Es ist die unerschöpfliche Vielfalt der Kreativität, die mich immer wieder aufs Neue begeistert.
Wie beschäftigst du dich mit Japan?
Durch mein Studium spielt Japan natürlich auch außerhalb des Zeichnens eine große Rolle für mich. Zurzeit studiere ich Japanologie im Master. Meine Bachelor-Arbeit, ebenfalls in Japanologie, habe ich über das popkulturelle Phänomen Purikura (kleine Stickerfotos in Japan) geschrieben.
Nebenbei arbeite ich als freischaffende Künstlerin und Illustratorin unter anderem für den Amrûn Verlag. Bei japanischen Veranstaltungen arbeite ich deutschlandweit als Übersetzerin. Ich habe auch sehr lange ehrenamtlich beim japanischen Filmfestival Nippon Connection mitgeholfen.
Warst du denn bereits in Japan?
Zu Beginn meines Studiums trat ich der „Cool Japan“-AG bei. Das ist ein japanologischer Arbeitskreis der Universität, der sich mit der japanischen Popkultur beschäftigt. Im Rahmen der „Cool-Japan“-AG unternahmen wir 2010 eine Exkursion nach Japan. Es war meine erste Japan-Reise und ich war sehr aufgeregt. Jahrelang hatte ich davon geträumt und malte mir aus, wie das Land, das ich sonst nur aus Büchern, Comics und dem Fernseher kannte, wohl sein würde.
Ich reiste mit einem bestimmten Bild im Kopf dorthin. Dort angekommen, war es aber doch ganz anders! Ich war sehr überrascht und wusste, dass ich unbedingt noch einmal fliegen möchte – und das tat ich 2013 auch. Diese Reisen festigten meine Liebe zu Japan. Ich möchte auch unbedingt wieder hin.
Welche Bedeutung hat die deutsche Fanszene zur japanischen Popkultur für dich?
Die deutsche Fanszene ist mir sehr wichtig, da ich mit ihr aufgewachsen bin. Ich bin als Jugendliche gerne zu Treffen gegangen, um mich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Wegen dieser Kontakte wollte ich unbedingt Japanologie studieren. Ich bin sehr dankbar für diese Zeit und meine Freunde aus Szene.
Arbeitest du mit anderen Manga-Künstlern zusammen?
Ich mache gerne Kollaborationen. Wir können gemeinsam einfach mehr erreichen. Ich biete oft meine Hilfe an – manchmal sogar als Assistentin, die Schwarzflächen füllt oder rastert, damit der Manga pünktlich fertig wird (lacht). Wir veröffentlichen zusammen Kurzgeschichten, helfen beim Layout, verteilen Aufträge oder fahren auf Conventions, auf denen wir dann zusammen ausstellen.
Wie siehst du die Rolle deutscher Manga-Zeichner?
Ich finde, dass deutsche Manga-ka eine sehr wichtige Rolle in der Japan-Fanszene einnehmen. Die deutschen Manga-Künstler haben eine unglaubliche Entwicklung in den letzten Jahren durchgemacht. Während früher viele Zeichner die japanischen Vorbilder imitiert haben, gehen sie heute ihren eigenen Weg. Die Charaktere haben deutsche Namen, die Geschichten spielen in Deutschland. Die Manga-Zeichner veröffentlichen ihre Werke mit Erfolg im Selbstverlag für eine junge Leserschaft und vermitteln so auch das japanische Medium.
Der Verdienst der deutschen Manga-ka ist es, deutsche Manga so beliebt gemacht zu haben, dass sie im Regal zwischen den japanischen Originalen stehen.
Gerade ist dein Artbook „Abalanzia“ erschienen. Was hat es damit auf sich?
Mein Artbook ist ein kleiner Teaser zu meinem großen Projekt „Abalanzia“, das in Planung ist. Die Geschichte spielt in einer Fantasywelt mit mittelalterlichen, aber auch futuristischen Elementen.
Im Mittelpunkt steht der junge Mann Lian. Es geht um Identitätsfindung, Erwachsenwerden, Liebe. Es ist eine Mischung aus Action, Drama, Comedy und wird vermutlich mehr als nur einen Band haben. Da es ein Projekt ist, das mir sehr am Herzen liegt, möchte ich es auf jeden Fall veröffentlichen – sei es mit Unterstützung seitens eines Verlags oder im Selbstverlag.
Bitte erzähle uns von deinem Alltag als Zeichnerin.
Mein Alltag ist sehr strukturiert, da ich neben meinem Studium und dem Zeichnen auch arbeiten gehe und Zeichenkurse gebe. Mir bleiben meist nur die Abendstunden zum Zeichnen. Meine Inspirationen beziehe ich aus meiner Umwelt, daher habe ich immer ein Skizzenbüchlein und Stifte dabei, um Ideen gleich festhalten zu können. Ich liebe es, meine Kreativität auszuleben und neue Techniken zu probieren.
Auch für Privatpersonen zeichne ich Aufträge in verschiedenen Stilen – realistische Portraits, Comiczeichnungen (speziell Manga), Logodesigns und so weiter. Ich benutze dafür verschieden Medien wie Aquarell, Copic Marker oder digital mit dem Computer. Je nach Aufwand brauche ich für eine Zeichnung ein paar Minuten bis hin zu Stunden oder auch mehrere Tage.
Welche Pläne hast du für die Zukunft?
Letztes Jahr erschienen meine erste Comicveröffentlichung im Selbstverlag und mein kleines erstes Artbook zu „Abalanzia“. Das große Werk zu „Abalanzia“ und ein weiteres Artbook sind bereits in Planung. Zwischendurch werde ich aber noch ein anderes Projekt veröffentlichen. Dabei handelt es sich um einen Alltagscomic, da das Leben doch die besten Geschichten schreibt. Auch werde ich weiterhin als Illustratorin tätig sein.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
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