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Japanische Fußballer beim VfL Bochum 1848: Miyoshi Kōji | Interview

Doitsu News Digest
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Immer mehr japanische Fußballer sind in der Bundesliga aktiv, und viele von ihnen spielten schon für den VfL Bochum 1848. Wir werfen einen Blick auf die Geschichte der engen Beziehungen des Vereins zu Japan und sprechen mit VfL-Mittelfeldspieler Miyoshi Kōji über seine Ziele für die laufende Saison.

Vfl Bochum 1848-Mittelfeldspieler Miyoshi Kōji (Mitte).
VfL Bochum 1848-Mittelfeldspieler Miyoshi Kōji (Mitte) während eines Spiels gegen FC St. Pauli.

Der VfL Bochum 1848 ist einer der ältesten deutschen Fußballvereine mit Standort in Bochum im Ruhrgebiet. 1848 ursprünglich als Turnverein gegründet, wurde 1938 der Fußballklub ins Leben gerufen. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es mit dem Verein steil bergauf, 1971 erreichte er zum ersten Mal die Bundesliga. Über 20 Jahre spielte der VfL erstklassig, zwischen 1993 und 2006 pendelte er zwischen Bundesliga und 2. Bundesliga, konnte sich allerdings auch zweimal international für den UEFA-Cup qualifizieren. Ab 2010 spielte der VfL lange Zeit in der 2. Liga, bevor er 2021 wieder erstklassig wurde. Mit seinen blau-weißen Vereinsfarben zählt der VfL mittlerweile mehr als 30.000 Mitglieder. Die Hymne der Mannschaft ist „Bochum“, geschrieben vom berühmten deutschen Musiker Herbert Grönemeyer, und wird üblicherweise während des Einlaufens der Spieler bei Heimspielen gesungen.

Ein Verein mit engen Verbindungen zu Japan

Neben Miyoshi Kōji hatte der VfL Bochum 1848 bereits die japanischen Spieler Ono Shinji, Inui Takashi, Tasaka Yūsuke und Asano Takuma unter Vertrag. Darüber hinaus wurde im März 2024 ein einjähriger Partnerschaftsvertrag mit dem erfolgreichen J-League-Verein Júbilo Iwata (Präfektur Shizuoka) unterzeichnet und im März 2025 um ein weiteres Jahr verlängert. Damit will der VfL Bochum 1848 als ein Tor zum deutschen Fußball für japanische Spieler fungieren. Im Januar dieses Jahres wurden junge Fußballer von Júbilo Iwata für zwei Wochen nach Bochum eingeladen, im März reiste die U18-Mannschaft für ein Freundschaftsspiel an. Auf diese Weise baut der VfL eine stetig enger werdende Beziehung zum Inselstaat auf.

Der Reiz des VfL Bochum 1848

Herr Miyoshi, Sie sind jetzt seit etwa einem halben Jahr beim VfL Bochum 1848. Haben Sie sich an das Leben in Deutschland gewöhnt?

Ich habe vier Jahre in Belgien und ein Jahr in England verbracht. Deutschland ist also mein drittes Land. Ich dachte, ich sei an Europa gewöhnt, aber ich weiß natürlich, dass die Menschen und die Sprache in jedem Land anders sind. Ich habe eine Weile gebraucht, um mich an Deutschland zu gewöhnen. Das liegt vielleicht daran, dass ich im September ankam und das Wetter allmählich schlechter wurde. Gleichzeitig hatte ich den Eindruck, dass die Menschen hier ein bisschen muffelig sind… (lacht). Aber ich glaube, sie sind die Art von Menschen, die zurücklächeln, wenn man mit ihnen spricht, und ihre Freundlichkeit spürt, wenn man sich auf sie einlässt.

Sie haben in vier Ländern gespielt, darunter auch Japan. Was sind Ihrer Meinung nach die Besonderheiten des deutschen Fußballs?

Insgesamt gibt es hier sehr viele großgewachsene Spieler. Körperliche Faktoren scheinen wichtiger zu sein als in anderen Ländern. Gerade der VfL Bochum 1848 ist eine Mannschaft, die für den Klassenerhalt in der Bundesliga kämpft, deshalb müssen wir uns vor allem überlegen, was wir gegen unsere Gegner ausrichten können, anstatt Initiativfußball zu spielen. Ich selbst bin nicht sonderlich groß, und die Grundvoraussetzung ist nun mal, dass der Gegner sehr physisch agiert. Ich muss meine Kraft zeigen und dabei trotzdem mit dem Kopf immer auf der Höhe bleiben. Ich denke, darin liegt die größte Schwierigkeit und Herausforderung.

Für welche Art von Mannschaft halten Sie den VfL Bochum 1848?

Das mag typisch für deutsche Vereine sein, aber der VfL ist sehr gemeinschaftsorientiert. Ich spüre die Leidenschaft der Fans viel mehr als in anderen Ländern. Nicht nur zu den Spielen selbst, sondern auch vor wichtigen Begegnungen reisen unzählige Gruppen von Anhängern an und unterstützen uns schon beim Training. Fußball ist natürlich auch im Vereinigten Königreich sehr beliebt, aber der VfL Bochum 1848 besitzt ein ungestümes Flair, im positiven Sinne. Auch wenn der Verein eine lange und erfolgreiche Geschichte hat, gehört er zu den Teams, für die Siege in der Bundesliga nicht selbstverständlich sind. Die Fans kennen also die Niederlagen und sind trotzdem treu. Sie sind es, genauso wie wir, gewohnt zu kämpfen und begeistern sich auch dann noch, wenn es mal bei uns auf dem Platz nicht so gut läuft, ohne dabei unkritisch zu sein. Jedes Heimspiel im Vonovia Ruhrstadion ist im Heimbereich ausverkauft und es herrscht immer eine wunderbare Atmosphäre.


Miyoshi Kōji

Miyoshi wurde 1997 in der Präfektur Kanagawa geboren. Er absolvierte die Akademie des japanischen Vereins Kawasaki Frontale und spielte in der J-League für Kawasaki, Hokkaido Consadole Sapporo und Yokohama F. Marinos, bevor er zum RFC Antwerpen (Belgien) wechselte. Nach einem Zwischenstopp beim Birmingham FC schloss er sich im August 2024 dem VfL Bochum 1848 an. 2019 spielte er in der japanischen Nationalmannschaft bei der Copa America. Bekannt ist er für seine Angriffe über die Flügel, der Linksfuß gilt er als einer der aggressivsten japanischen Spieler überhaupt.

Miyoshi Koji

Japanische Fußballkollegen in NRW

Spüren Sie eine Art Erbe früherer japanischer Fußballer, in deren Fußstapfen Sie treten?

Asano Takuma hat bis letztes Jahr für Bochum gespielt, deshalb höre ich meine Mannschaftskollegen am häufigsten von ihm sprechen. Alle sagen, dass Takuma die meiste Zeit im Fitnessstudio verbracht hat (lacht). Ich kenne ihn aus meiner Zeit in der japanischen Nationalmannschaft und er hat einen wirklich durchtrainierten Körper. Das hat mich also überhaupt nicht überrascht. Mit Ono Shinji habe ich in Japan ebenfalls gespielt. Er hat mich kontaktiert, als mein Transfer nach Bochum offiziell war. Wir teilen uns sogar dieselbe Rückennummer, die 23. Zuletzt war Tasaka Yūsuke zu Besuch, als er geschäftlich in Deutschland war. Die Historie japanischer Fußballer in Bochum ist rekordverdächtig. Meiner Meinung nach legen sich Spieler aus Japan für ihren Verein besonders hart ins Zeug. Dieses Vertrauen der anderen spüre ich während des Spielens.

Dazu kommt allerdings, dass ich aktuell der einzige Japaner im Team bin. Wenn ich negativ auffalle, fällt das auf meine Landsleute zurück – umgekehrt natürlich auch. Ich habe das Gefühl, dass ich mein Land auf den Schultern trage, und ich möchte mich daher immer von meiner besten Seite zeigen. In der Welt des Fußballs wird man anhand von Ergebnissen gemessen, aber es geht trotzdem nichts über einen guten Eindruck.

Sie sind mit Itakura Kō von Borussia Mönchengladbach, der ebenfalls in der Bundesliga spielt, gut befreundet. Treffen Sie sich oft an freien Tagen?

Da es von Bochum nicht so weit nach Düsseldorf ist, gehen wir oft japanisch essen und einkaufen, um uns zu erholen. Wir besuchen uns auch zu Hause, da wir seit der Grundschule in der gleichen Mannschaft Fußball gespielt haben. Fukuda Shiō, der auch bei Borussia Mönchengladbach spielt, ist ebenfalls öfter dabei. Wir lachen häufig darüber, dass sich unsere Zeit in Deutschland wie ein Trainingslager anfühlt.

Itakura Kō (rechts) und Fukuda Shiō (links)Japanische Fußballer bei Borussia Mönchengladbach: Itakura Kō & Fukuda Shiō | InterviewIn den letzten Jahren sind immer mehr japanische Spieler in der Bundesliga aktiv. Borussia Mönchengladbach hat derzeit gleich zwei in seinem...19.12.2024

Sie wollten schon als Kind Fußballer werden. Sind Ihnen daran nie Zweifel aufgekommen?

Der Auslöser für meinen Wunsch, Fußballer zu werden, war die Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea. Ich habe die Spiele im Fernsehen angeschaut, als ich im Kindergarten-Alter war, und fand die Spieler großartig. Mein großer Bruder spielte Fußball, was mich beeinflusst hat, ebenfalls mit dem Sport anzufangen. Ich bin mit einer glücklichen Kindheit gesegnet. Ich glaube nicht, dass es sehr oft vorkommt, dass jemand (Anm. d. Red.: Er bezieht sich auf Itakura), mit dem man als Kind Fußball gespielt hat, für einen Verein in derselben Liga spielt.

Mein Hauptziel als Profi ist es immer noch, bei der Weltmeisterschaft dabei zu sein und Leistung zu bringen. Die nächste Weltmeisterschaft ist 2026, dieser Herausforderung will ich mich stellen. Ich weiß nicht, wohin mich mein Weg letztendlich führen wird, aber ich glaube weiter an meinen Traum. Mit einem klaren Plan vor Augen arbeite ich entschlossen daran, das zu erreichen, wovon ich seit meiner Kindheit träume.

Der Weg zum Profi-Fußballer

Sie haben also schon seit Ihrer Kindheit auf dieses Ziel hingearbeitet?

Ich glaube, das Umfeld meiner Kindheit hat mich dazu geformt. Ich bin in der Grundschule in die Fußball-Akademie von Kawasaki Frontale eingetreten und habe zum Beispiel mit dem heutigen Nationalspieler Mitoma Kaoru gearbeitet. Dort hatten die Spieler immer die Möglichkeit, darüber nachzudenken, wie sich eine professionelle Organisation in einer unteren Liga strategische Ziele setzen kann. Schon als Schuljunge habe ich mir bewusst gemacht, welchen Traum ich als Fußballer verfolge und welche Schritte ich in den nächsten fünf Jahren gehen muss, um ihn zu verwirklichen. Gleichzeitig habe ich darüber nachgedacht, in welchem Alter ich auf einem bestimmten Niveau, in einer bestimmten Mannschaft und Liga spielen möchte. So habe ich die Fähigkeit entwickelt, mir kurz- und langfristig klare Ziele zu setzen.

Seit ich in Europa lebe, verbringe ich mehr Zeit allein und habe mehr Zeit zum Nachdenken, im Guten wie im Schlechten. In Japan gehe ich mit Freunden essen, doch die habe ich hier leider nicht wirklich. Ich bin also nach wie vor der Meinung, dass das Nachdenken über Ziele zum Teil durch das Umfeld gefördert wird.

In dieser Saison haben Sie bereits ein Tor erzielt. Welche Rolle streben Sie beim VfL Bochum 1848 an?

Zuallererst muss der VfL Bochum 1848 in der Bundesliga bleiben. Das ist sowohl ein Mannschaftsziel als auch mein individuelles Ziel. Dieses Jahr will ich alles geben und mich voll engagieren. Leider haben mich zwei Verletzungen zuletzt zurückgeworfen. Mein Beitrag dazu ist, dass ich der Ausgangspunkt des Angriffs sein will und sein muss. Ich glaube auch, dass das Vertrauen in meine Fähigkeit, im Angriff etwas zu bewirken, seit meiner Ankunft in Europa größer geworden ist. Letztendlich wird wohl genau das darüber entscheiden, ob ich in den Kader der japanischen Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaft berufen werde. Die Position in der zweiten Reihe, auf die ich mich spezialisiert habe, ist besonders hart umkämpft, denn es gibt viele herausragende Spieler. Deshalb möchte ich vor allem in Bochum unter Beweis stellen, worin ich mich von ihnen abhebe und welchen Mehrwert ich der Mannschaft bieten kann.


VfL Bochum 1848 online


Dieser Artikel erschien zuerst auf Japanisch in unserem Schwestermagazin Doitsu News Digest (Printausgabe Nr. 1237) und wurde für die Veröffentlichung auf JAPANDIGEST übersetzt und nachbearbeitet.

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