Während Japan den Großteil seiner Geschichte isoliert vom Rest der Welt verbrachte, hat sich die Nation schnell einige Sportarten einverleibt, die bei der Öffnung des Landes Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt wurden. Überraschenderweise sind viele bis heute die Spitzensportarten des Landes geblieben. Lesen Sie weiter, um herauszufinden, ob es Ihr Lieblingssport in die Top 8 geschafft hat!
8. „Puroresu“
Wenn Sie damit vertraut sind, wie Japaner*innen ausländische Wörter abkürzen, könnten Sie darauf kommen, wofür das Wort steht. Puroresu ist die Kurzform für Pro-Wrestling, und obwohl es diverse Versuche im frühen 20. Jahrhundert gab, den Sport nach Japan zu bringen, setzte er sich erst ab 1951 durch.
Die Verbreitung des Sportes ist maßgeblich Japans erstem großen Puroresu-Star, Rikidōzan, zu verdanken, ein ehemaliger koreanisch-japanischer Sumō-Ringer, der Japan einen Helden lieferte, als das Land mit einer Identitätskrise in der Nachkriegszeit kämpfte. Zu populären Wrestlern der früheren Vergangenheit zählen Giant Baba, Antonio Inoki und Tiger Mask (tatsächlich eine Reihe von vier Wrestlern, die die Maske abwechselnd trugen). J-Pop-Freunde mögen sogar Ladybeard wieder erkennen, berühmt durch die Band Ladybabe, der sein Puroresu-Debüt 2013 feierte.
Japanisches Puroresu ist nicht so Story-zentriert wie sein amerikanisches Gegenstück. Es gibt mehr athletische Elemente, angeblich aufgrund der Tatsache, dass viele Wrestler bereits vorher verschiedene Kampfkünste erlernt haben.
[Video] Ein kurzer Überblick des japanischen Pro-Wrestlings (Englisch).
7. Boxen
Als Kommodore Matthew Perry 1854 befahl, die japanischen Häfen für das Ausland öffnen zu lassen, brachten seine Männer das Boxen in das Land. Koyanagi Tsunekichi, ein Sumō-Ringer des ozeki-Ranges, wurde vom Shōgunat ausgewählt, gegen einen Boxer und einen Wrestler in einer Serie von Wettkämpfen der Kampfkünste anzutreten. Von da an wurde der Sport beliebter und der erste große Showkampf fand 1887 statt.
Watanabe Yūjirō, der als Vater des Boxkampfes in Japan gilt, trainierte seit dem Alter von 16 Jahren in Kalifornien, bevor er nach Japan zurückkehrte und 1921 den Nippon Kento Club gründete. Viele Box-Verbände und -Vereine entstanden in den darauffolgenden Jahren und erreichten ihren Höhepunkt mit der Gründung der All Japan Professional Kento Association 1931, die später zur Japan Pro Boxing Association (JPBA) werden würde – ein Name, der seit dem Jahre 2000 besteht.
Die Regeln des professionellen Boxens in Japan werden von der Japan Boxing Comission (JBC) festgelegt, um Boxer dazu zu ermutigen, im eigenen Land zu kämpfen. Nur wenige männliche Boxer versuchen sich daran, internationale Titel zu gewinnen, und japanische Kämpfer werden in anderen Ländern nicht wirklich anerkannt.
6. Autorennen
Kompetitiven Automobilsport gibt es in Japan seit den 1920ern, doch erst mit der Eröffnung des Tamagawa Speedway im Jahre 1936 erlangte der Sport eine dauerhafte, zugehörige Strecke. Honda Sōichirō, der später den gleichnamigen Automobilhersteller gründen würde, war einer der ersten Rennfahrer der neuen Strecke, während das damals neu gegründete Nissan mit einem eigenen Werksteam antrat.
Nachdem Honda seine Firma gegründet hatte, eröffnete er den Suzuka International Racing Course, besser bekannt als der Suzuka Circut, im Jahre 1962. Die Strecke war Gastgeber zahlreicher großer Weltmeisterschaften, allen voran die Formel Eins. Erwähnenswert ist weiterhin Mitsubishi, das in den frühen 60er-Jahren auch eine Rennstrecke eröffnete, den Fuji Speedway (nun Toyota gehörend). Beinahe alle großen Rennen in Japan finden auf einer dieser beiden Strecken statt – auch wenn es in Japan mehr als 20 Autorennstrecken gibt.
5. Golf
Wie viele Sportarten auf dieser Liste wurde Golf aus dem Westen nach der Meiji-Restauration (1868-1912) importiert. Ein britischer Expat namens Arthur Hesketh Groom lebte zu diesem Zeitpunkt bereits 33 Jahre in Kōbe und hasste es, dass er seinen Lieblingssport nicht ausüben konnte. Also errichteten er und seine Freunde einen Golfplatz mit vier Löchern am Rokkō-Berg, an dessen Fuße Kōbe liegt. Der Originalplatz wurde 1901 fertiggestellt, doch 1903 auf neun Löcher erweitert, und er wurde daraufhin zum Kobe Golf Club.
Golf war zunächst ein Sport exklusiv für Expats und Japaner, die eine Ausbildung im Westen genossen haben. Die Eröffnung eines Golfplatzes in Tōkyō 1914 stellte den Sport Mitgliedern der eher traditionellen japanischen Elite vor, deren immer größer werdendes Interesse dazu führte, dass bis 1940 71 Plätze im ganzen Land entstanden. Als das soziale Klassensystem Japans nach dem Zweiten Weltkrieg auseinander brach, begannen mehr und mehr Menschen der Mittelschicht Golf zu spielen und kreierten so eine neue Welle von Spielerinnen und Spielern. Golf war der neue Schauplatz für die Ausübung von Geschäften und ein Zeichen sozialer Mobilität nach oben, bis die Wirtschaftsblase in den frühen 1990er-Jahren platzte.
Heutzutage ist Golf nicht auf Alter, Klasse oder Geschlecht beschränkt. Die bekanntesten japanischen Golfer*innen der Moderne sind alle relativ jung, einschließlich Ishikawa Ryō, der im Alter von 15 Jahren Berühmtheit erlangte, wie auch Matsuyama Hideki und Spitzen-Golferin Miyazato Ai. Zusätzlich zu den zahlreichen Golfplätzen der Nation, werden Sie quasi überall im Land mit grünen Netzen eingezäunte Golfübungsplätze finden.
4. Sumō
Sumō wird häufig als Japans Nationalsport bezeichnet, und diesen gibt es bereits seit Urzeiten. Ursprünglich einem Shintō-Ritual entstammend, in dem ein Mensch mit einem Gott ringt, begannen professionelle Sumō-Turniere 1684 im Tomioka Hachimangu-Schrein in Tōkyō. Es gibt zwei allgemein anerkannte Wege zum Sieg: Man zwingt den Gegner entweder aus dem Ring oder zum Bodenkontakt mit irgendeinem Körperteil außer den Füßen. Natürlich gibt es andere Wege disqualifiziert zu werden, z. B. wenn sich der Gürtel des Ringers, der mawashi, löst.
Jährlich gibt es auf das ganze Land verteilt sechs Sumō-Turniere, jedes dauert 15 Tage. Niedrig-rangige Ringer haben ihre Wettkämpfe zu Beginn des Tages, während sich die Zuschauerränge im Laufe des Tages langsam füllen, wenn die hochrangigen Athleten den Ring, oder dohyō, betreten. Die zwei Top-Ringer, typischerweise ein yokozuna und/oder ozeki (der höchste und zweithöchste Sumō-Rang), kämpfen als letztes gegeneinander, um das Turnier abzuschließen. Hier finden Sie einen detaillierteren Artikel zum Tagesablauf eines Sumō-Turniers (Englisch).
Yokozuna ist ein prestigevoller Rang, und einer, der tatsächlich seit dem Jahr 2000 ausschließlich von ausländischen Sumō-Ringern getragen wird; viele herausragende Athleten stammen etwa aus der Mongolei.
[Video] Eine kurze Einführung in den japanischen Sumō (englisch).
3. Tennis
Es heißt, dass Tennis zuerst im Jahre 1878 auftauchte, als fünf Tennisplätze im Yamate Park in Yokohama für die dort lebenden Ausländer erbaut wurden. Im selben Jahr erhielt der amerikanische Arzt und Pädagoge George A. Leland den Auftrag, westlichen Sportunterricht in Japan zu lehren, und man glaubt, dass sein Einsatz dazu führte, dass Tennis zu einem so stark unterrichteten Sport in Japan wurde. Die hohen Kosten zur Materialbeschaffung für normale Tennisbälle trugen zur Entstehung des „Soft-Tennis“ bei, bei dem ein flexibler Gummiball verwendet wird. Bis 1886 wurde Soft-Tennis zum neuen Standard in Japan, auch heute noch wird es in öffentlichen Schulen im ganzen Land unterrichtet.
Tennis hat einen besonderen Platz in der japanischen Kultur. Japan gewann seine allerersten olympischen Goldmedaillen im Tennis, beide errungen durch Kumagai Ichiya 1920 bei den Olympischen Spielen in Antwerpen. Japans ehemaliger Kaiser Akihito traf seine spätere Ehefrau Michiko auf einem Tennisplatz im Urlaubsresort Karuizawa im Jahre 1957. Von der Manga-Serie „The Prince of Tennis“ wurden über 50 Millionen Ausgaben verkauft. Und als Nishikori Kei als erster und bisher einziger japanischer Tennisspieler in den weltweiten Top 10 des Einzel-Tennis auftauchte, hat dieser es eigenhändig geschafft, dem Sport zu noch größerer Popularität zu verhelfen.
2. Fußball
Lange bevor es Fußball gab, gab es ein antikes Kickball-Spiel namens cuju, welches in China entstand und bis nach Korea und Japan kam, wo es kemari genannt wurde. Im 19. Jahrhundert wurde der moderne Fußball vom Korvettenkapitän der britischen Royal Navy, Archibald Lucius Douglas, dem Land vorgestellt, der es japanischen Marinekadetten zwischen 1873 und 1879 beibrachte.
Während in den 1920er-Jahren erste Fußballverbände gegründet wurden, entstand das erste japanische Nationalteam erst 1930. Im Jahre 1936 debütierte Japan bei den Olympischen Spielen in Berlin, wo es mit 3-2 seinen ersten Sieg über Schweden feierte. Vor dem Zweiten Weltkrieg war der Sport allgemein bekannt als shūkyū (wörtlich „Tretball“), doch aufgrund des amerikanischen Einflusses in der Nachkriegszeit nannte man es schließlich sakkā („soccer“).
Die erste organisierte Nationalliga entstand im Jahre 1965, bestehend aus acht Amateur-Firmenclubs. Eine Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko steigerte die Popularität des Fußballs enorm, doch es blieb ein semi-professioneller Sport, bis 1992 die Japan Professional Football League, allgemein bekannt als J-League, gegründet wurde. Diese bestand damals aus neun Teams der semi-professionellen Japan Soccer League und dem neu gegründeten Verein Shimizu S-Pulse.
Heute gibt es 18 professionelle Fußballclubs in Japan. Eine Reihe von Star-Spielern trat aus der J-League hervor, u. a. Miura Kazuyoshi, Nakamura Hidetoshi und Nakamura Shunsuke, während viele andere Schlüsselspieler für Clubs auf der ganzen Welt spielen, wie Hasebe Makoto und Honda Keisuke. Das Männer-Nationalteam ist bekannt als die Samurai Blue. Auch wenn der Frauen-Fußball außerhalb der nationalen Turniere nur wenig Popularität genießt, zog das japanische Frauen-Nationalteam, bekannt als Nadeshiko Japan, große Aufmerksamkeit auf sich, als es die USA im Finale der FIFA Frauen-Fußballweltmeisterschafft 2011 besiegte.
1. Baseball
Baseball ist die unangefochtene Sportart Nummer 1 in Japan, und wird im Scherz auch Japans Nationalsport genannt (ironischerweise gibt es keinen offiziell anerkannten Nationalsport in Japan – nicht einmal Sumō oder die Schwertkampfkunst Kendō). Zwar würden die meisten Japaner*innen wahrscheinlich das englische Wort „Baseball“ verstehen, doch wird es eher yakyū, oder puro yakyū, wenn es um die Profi-Liga geht, genannt. Selbst Baseballturniere in den Oberschulen werden sehr ernst genommen – die National High School Baseball Championships (oder Koshien) sind ein medial stark verfolgtes Sommerereignis.
Auch wenn Baseball im Land bereits 1872 eingeführt wurde, dauerte es ganze 64 Jahre bis 1936 eine professionelle Liga gegründet wurde. Dieser Liga gehörten u. a. die Tokyo Kyojin (heute die Yomiuri Giants) und die Osaka Tigers (heute die Hanshin Tigers) an. Bis 1950 war die Liga groß genug, um sie in die Central League (die aus älteren Teams bestand) und die Pacific League (bestehend aus neueren Teams) aufzuteilen, die bis heute jeden Oktober in der „Japan Series“ gegeneinander antreten.
Es gibt einige Unterschiede zwischen japanischem und amerikanischem Baseball. Der japanische Ball ist ein wenig kleiner, genauso wie die Strike Zone und das Spielfeld. Normale Ligaspiele werden auf 12 Innings, Ausscheidungskämpfe auf 15 Innings begrenzt, was bedeutet, dass auch ein Unentschieden möglich ist. Trotzdem nehmen die Ligen auch Spieler aus den USA und anderen Ländern unter Vertrag, obgleich nur maximal vier ausländische Spieler auf der aktiven Spielerliste eines Teams stehen dürfen. Nichtsdestotrotz hält der Amerikaner Randy Bass mit .389 noch immer den Rekord für die höchste Batting Average, die je in einer Saison erreicht wurde.
Wenn Sie selbst die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Nahem erleben wollen, geht nichts über den tatsächlichen Besuch eines Spiels!
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Englisch bei All About Japan veröffentlicht und von JAPANDIGEST übersetzt und nachbearbeitet.
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