Japanische Fußballer bei Borussia Mönchengladbach: Itakura Kō & Fukuda Shiō | Interview

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In den letzten Jahren sind immer mehr japanische Spieler in der Bundesliga aktiv. Borussia Mönchengladbach hat derzeit gleich zwei in seinem Kader: Itakura Kō, ein prominentes Mitglied der japanischen Fußballnationalmannschaft, und Fukuda Shiō, der unmittelbar nach dem Schulabschluss nach Deutschland wechselte. Wir haben die beiden während der Bundesliga-Saison 2024/25 getroffen.

Itakura Kō (rechts) und Fukuda Shiō (links)
Die japanischen Fußballspieler Itakura Kō (rechts) und Fukuda Shiō (links) im Borussia-Park in Mönchengladbach am Tag des Interviews. © Borussia Mönchengladbach/Christian Verheyen

An diesem Oktobertag dauerte die Fahrt mit dem Bus vom Mönchengladbacher Hauptbahnhof zum Stadion weniger als 30 Minuten. Nach der Fahrt durch ein ruhiges Wohngebiet tauchte der Borussia-Park auf, das Heimstadion von Borussia Mönchengladbach. Es war ein Nachmittag unter der Woche, und wir sahen nur vereinzelt Leute, die mit ihren Hunden entlang des Stadions spazieren gingen – doch an Spieltagen ist es mit mehr als 50.000 Zuschauenden voll besetzt. Als wir das Stadion betraten, wurden wir in einen der VIP-Räume geführt, die nur einer begrenzten Zahl von Personen vorbehalten sind. Kurze Zeit später erschienen die Spieler Itakura Kō und Fukuda Shiō, die am Morgen ihr Training beendet hatten. Wir waren etwas nervös, schließlich standen wir vor zwei erfolgreichen Bundesligaspielern. Doch kaum startete das Interview mit den beiden freundlichen, jungen Männern, fanden wir uns in einer entspannten Atmosphäre wieder.

Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Heidenheim 1846
Bundesliga 2024/25: Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Heidenheim 1846 im Oktober 2024 im Borussia-Park. Die Nordkurve und Fans, liebevoll auch "Fohlen" genannt, vor dem Spiel. © Borussia Mönchengladbach/Christian Verheyen

Herr Itakura, Sie sind seit zwei Jahren bei Borussia, Herr Fukuda seit einem Jahr. Was für eine Mannschaft ist sie für Sie?

Itakura: Es ist eine Mannschaft mit einer großen Geschichte. Das Stadion liegt mitten im Nirgendwo, aber an Spieltagen ist es immer voll. Ich denke, das ist einer der großen Unterschiede zwischen Japan und Deutschland.

Fukuda: Es ist erstaunlich, dass sich 50.000 Menschen in einer so ländlichen Gegend versammeln. Ich wusste schon lange, dass Borussia stark ist, und meine Teamkollegen und Unterstützer sind stets herzlich zu mir.

Sehen Sie Unterschiede zwischen dem japanischen und dem deutschen Fußball?

Itakura: Zunächst einmal gibt es große physische Unterschiede. Die Art und Weise, wie man seinen Körper einsetzt und wie das Spiel abläuft, ist völlig anders als in Japan. Außerdem ist die Bundesliga voller Spieler, die die ganze Welt repräsentieren. Es macht Spaß in Deutschland zu spielen, weil man gegen Spieler aus verschiedenen Ländern antritt.

Fukuda: In meinem Fall bin ich direkt nach dem Schulabschluss nach Deutschland gekommen und habe nicht in der J-League [höchste Spielklasse im japanischen Fußball, Anm. d. Red.] gespielt, daher ist es schwierig, das zu beurteilen. Im Vergleich zum japanischen Highschool-Fußball sind das Physische und die Spielgeschwindigkeit auf einem völlig anderen Niveau.

Itakura: Shiō, ich habe gehört, dass du in der High School total beliebt warst. Bitte schreiben Sie das in den Artikel rein!

Fukuda: Nein, nein, nein, an deine Beliebtheit komme ich nicht ran.

Itakura: Quatsch, du kanntest mich in der High School doch gar nicht (lacht).

Borussia-Spieler Fukuda während eines Freundschaftsspiels gegen Fortuna Sittard (Niederlande) im Juli 2024.
Borussia-Spieler Fukuda während eines Freundschaftsspiels gegen Fortuna Sittard (Niederlande) im Juli 2024. © Borussia Mönchengladbach/Christian Verheyen

Sie beide scheinen sehr gut zu verstehen. Wie ist Ihr Verhältnis zueinander?

Itakura: Ich habe Shiōs Entwicklung von der U19- zur U23-Nationalmannschaft mitverfolgt und finde es großartig, dass er direkt nach der Schule hier angetreten ist. Als ich das erste Mal hierherkam, hat es mir überhaupt keinen Spaß gemacht. Erst als ich anfing, an Matches teilzunehmen und endlich von anderen anerkannt wurde, begann ich es zu genießen. Ich freue mich wirklich auf die Zukunft mit Shiō.

Fukuda: Kō ist ein wunderbarer Mensch. Er ist immer für mich da, im täglichen Leben und im Fußball. Ich spreche weder Deutsch noch Englisch sehr gut, also verlasse ich mich in solchen Situationen auf ihn, und ich denke, er ist ein toller Charakter. Außerdem macht Kō im Fußball oft Spielzüge, die die Gegner nicht vorhersehen können, was ich großartig finde.

Itakura: Was noch, was noch?

Fukuda: Und er liebt Kaffee (lacht).

Itakura: Das fällt dir ein? (lacht) Aber ja, ich liebe Kaffee. Ich gehe oft in Cafés und habe vor kurzem von einem Arbeitskollegen eine gute Kaffeemaschine bekommen, also mahle ich die Bohnen richtig und bereite sie zu. Ich trinke oft Americano. Ich weiß nicht, ob Shiō schon so weit ist, Kaffee so zu trinken.

Fukuda: Ja, richtig warm geworden bin ich mit Kaffee noch nicht.

Itakura: Seit Shiō Teil des Profi-Teams geworden ist, haben wir denselben Arbeitsplan. Wir verbringen also oft unsere freien Tage zusammen. Wir gehen in die Sauna oder essen zu Hause gemeinsam zu Abend. Mit Freunden machen wir auch oft Grillabende.

Schlussjubel vor den Fans in der Nordkurve nach dem Bundesliga-Spiel gegen den 1. FC Union Berlin im September 2024. © Borussia Mönchengladbach/Christian Verheyen

Was finden Sie am Leben in Deutschland schwierig?

Itakura: Als ich beim FC Groningen in den Niederlanden gespielt habe, war in den ersten sechs Monaten auch Dōan Ritsu (der jetzt beim SC Freiburg spielt) im Team, da war noch alles in Ordnung. Aber danach war ich mehr als zwei Jahre lang der einzige Japaner… Ich fühlte mich so einsam, dass ich mit den Schafen gesprochen habe (lacht). Damals habe ich mich auf Englisch unterhalten, und als ich nach Deutschland kam, nahm ich Deutschunterricht, aber ich habe aufgehört. Shiōs Deutsch hat sich aber schon sehr verbessert.

Fukuda: Mein Hörverständnis ist ziemlich schlecht. Aber ich kann mich zumindest verständlich machen.

Itakura: Normalerweise ist es andersherum, nicht wahr? Als ich nach Deutschland kam, ging ich morgens zur Sprachschule und lernte nachmittags, das war ziemlich intensiv.

Fukuda: In letzter Zeit lerne ich in meiner Freizeit Englisch. Ich höre mir auch oft Kōs Englisch an, damit ich weiß, wie man bestimmte Dinge ausspricht. Es ist erstaunlich, er kann sich so gut ausdrücken.

Itakura: Nein, nein, nein, ganz und gar nicht… Für mich ist noch das deutsche Essen schwierig. Es ist köstlich, aber für jeden Tag zu schwer. Ich gehe in deutsche Steak-Restaurants und probiere alles Mögliche aus. Normalerweise esse ich aber japanische Gerichte.

Fukuda: Ich vermisse japanisches Essen. Ich würde gerne Aal und leckeres Sushi essen. Die Nähe zu Düsseldorf ist da wirklich praktisch.

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Welche Dinge aus Ihrer Heimat können Sie empfehlen?

Itakura: Shiō kommt aus Kagoshima, da gibt es eine Menge zu nennen.

Fukuda: Sandbäder.

Itakura: Sandbäder? Die gibt es dort?

Fukuda: Ja, man bedeckt sich mit Sand. Ich war nur einmal als Kind dort, also weiß ich nicht, wie es genau funktioniert, aber es ist so warm. Im Sommer haben wir oft die heißen Quellen besucht. In der High School gingen wir nach dem Training alle zum Strand! Wir sprangen ins Wasser und dann in die heißen Quellen. Was ist mit Kanagawa?

Itakura: Kanagawa hat zum Beispiel Hakone, also auch heiße Quellen. Hier in Deutschland gibt es nur Saunen, da finde ich die heißen Quellen in Japan einfach besser. Das Stadion hat auch eine Sauna, vor dem Training setze ich mich öfter rein. Aber meistens danach, um mich auszuschwitzen.

Fukuda: Ich würde den Deutschen auch Sake empfehlen.

Itakura: Ja, genau! Übrigens besuche ich mit Teamkollegen oft japanische Restaurants in Düsseldorf. Viele Spieler leben in Meerbusch, das in der Nähe liegt, und sie alle gehen gerne in Yakiniku- und andere Lokale.

Itakura (links) und Fukuda (rechts) beantworten unsere Fragen im Interview im Borussia-Park. © Borussia Mönchengladbach/Christian Verheyen

Was sind Ihre Ziele und Träume für die nahe Zukunft?

Itakura: Zunächst einmal findet in zwei Jahren die FIFA-Weltmeisterschaft statt, das ist also definitiv ein Ziel, das ich im Hinterkopf behalte. Aber ich war noch nie der Typ, der sich viele Ziele setzt. Ich denke, es ist gut, wenn ich einfach in jedem Spiel mein Bestes gebe. Es geht darum, sich Tag für Tag zu steigern.

Fukuda: Mein Ziel ist es jetzt, Spielzeit in der Bundesliga zu bekommen. Ich denke, Tore zu schießen ist der beste Job, also ist das auch mein Ziel. Kō hat versprochen, mir etwas zu kaufen, wenn ich ein Tor bei den Profis schieße (lacht). Die Weltmeisterschaft ist ein Turnier, bei dem ich meinen Wert zeigen kann. Deshalb möchte ich eines Tages auf jeden Fall mitspielen und mein Bestes für Japan geben. Ich möchte, dass die Fans mir beim Toreschießen zusehen und wäre dankbar, wenn sie meine Entwicklung verfolgen.


Als das Gespräch gerade spannend wurde, war es auch schon Zeit, es zu beenden. Itakura und Fukuda sind zum nächsten Training gegangen. Ihr freundschaftliches Geplänkel war von Anfang bis Ende unterhaltsam, und man konnte deutlich erkennen, wie viel Respekt sie füreinander empfinden.

Doch die Bundesliga-Saison 2024-2025 ist noch lange nicht vorbei: Wenn Sie die beiden Spieler weiterhin bei ihrem Bestreben in Deutschland unterstützen möchten, sollten Sie unbedingt ins Stadion kommen, um Borussia Mönchengladbach spielen zu sehen – vielleicht werden Sie dabei sogar selbst zu einem „Fohlen“!

Borussia Mönchengladbach online

Um mehr über Itakura, Fukuda und Borussia Mönchengladbach zu erfahren, folgen Sie den offiziellen Social Media-Accounts des Vereins: @borussia

Offizielle Website: https://www.borussia.de/ 


Dieser Artikel erschien zuerst auf Japanisch in unserem Schwestermagazin Doitsu News Digest (Printausgabe Nr. 1230) und wurde für die Veröffentlichung auf JAPANDIGEST übersetzt und nachbearbeitet.

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