Jimbō-chō in Tōkyō ist ein wahr gewordener Traum für jeden Bücherwurm. Die vielen Buchläden und Antiquariate haben dem Viertel den Spitznamen „Book Town“ (jap. hon no machi) eingebracht – zu Recht: Kein Bücherwunsch bleibt unerfüllt. Es gibt Buchläden, die neue und gebrauchte Bücher anbieten, aber auch solche, die sich auf eine bestimmte Richtung spezialisiert haben. Filmenthusiasten finden hier die passende Fachliteratur, aber auch Mangas oder fremdsprachige Bücher können in der jeweiligen Buchhandlung erstanden werden. Besonderes Highlight sind die gemütlichen Cafés, die oft in die Buchhandlungen integriert sind und daher Studierende der in der Nähe liegenden Universitäten anlocken.
Eine Liebeserklärung an die Bücher
Dieses vielversprechende Viertel soll das neue Zuhause der Protagonistin Takako werden: Ihr Onkel Satoru bietet ihr an, in seinem Antiquitätenladen auszuhelfen, da dieser, von Takakos Tante verlassen, ihre Hilfe gebrauchen kann. Dafür darf Takako kostenlos bei ihm wohnen. Für manche ein Paradies, ist es für sie zunächst nur ein Rückzugsort, um ihren privaten Problemen zu entfliehen. Doch nach der Trennung von ihrem Freund und dem Einzug in die Wohnung über der Buchhandlung entdeckt sie nach anfänglicher Skepsis eine neue Leidenschaft. „Die Tage in der Buchhandlung Morisaki” entwickelt sich zu einer Liebeserklärung an die Bücher, die jeder, der gerne liest, sofort nachvollziehen kann, und sich vielleicht selbst daran erinnert, wie sich ihm diese Welt zum ersten Mal öffnete.
Eine schwächelnde Geschichte
Leichtfüßig entfaltet sich die Geschichte, wie Takako neuen Mut fasst, sich mit Büchern umgibt und das Viertel und seine Bewohner:innen erkundet. Allerdings plätschert die Erzählung vor sich hin und es fehlt ein wirklicher Spannungsbogen. Dieser entsteht erst, als Takakos Tante Momoko plötzlich zurückkehrt. Dann beginnt der zweite Teil des Buches, der einen deutlichen Kontrast zum ersten Teil darstellt. Er entfernt sich thematisch und räumlich von der Buchhandlung Morisaki und konzentriert sich auf die Geschichte von Momoko und warum sie ihren Mann verlassen hat. Diese Erzählung ist schwächer und verliert den Fokus auf das, was der Anfang der Geschichte, der Buchtitel und das dazugehörige Cover versprechen. Das wird nicht jedem gefallen und kann den Gesamteindruck des Buches beeinträchtigen.
Fazit
„Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ ist anfangs ein ruhiger Liebesbrief über die magische Wirkung von Büchern und Orten, an denen die Zeit langsamer zu vergehen scheint. Es schafft eine Wohlfühlatmosphäre mit der Fragestellung, wo man seinen Platz im Leben finden kann, wenn man alles verliert. Leider hat sich der Autor dazu entschlossen, im zweiten Teil des Buches eine andere Geschichte zu erzählen, die sich von der namensgebenden Buchhandlung entfernt und somit die vielversprechende Stimmung nicht halten kann.
Über den Autor:
Yagisawa Satoshi wurde 1977 in Chiba geboren und studierte in Tōkyō. „Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ ist sein Debütroman und erschien in Japan bereits 2009. Der Roman wurde mit dem „Chiyoda Literature Prize“ ausgezeichnet und kurz darauf verfilmt.
Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
von Yagisawa Satoshi
Erschienen am: 17.04.2023
Insel Verlag
Fester Einband, 189 Seiten
(Aus dem Japanischen von Ute Enders)
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