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Natsume Sōseki: Berühmtester Schriftsteller der Meiji-Zeit

Natascha Mattern
Natascha Mattern

Kennen Sie Natsume Sōseki? In Deutschland ist er noch eher unbekannt, doch gilt er in Japan als Vorreiter der literarischen Moderne und ist einer der meistgelesenen japanischen Autoren. Er lebte und schrieb in der Meiji-Zeit und sein Werk umfasst zahlreiche bekannte Romane.

Statue des berühmten Schriftstellers Natsume Sōseki
Statue des berühmten Schriftstellers Natsume Sōseki. © Photo AC / 松波庄九郎

Der japanische Schriftsteller Natsume Sōseki lebte von 1867 bis 1916, davon die meiste Zeit im heutigen Tōkyō. Seine Schriften haben mittlerweile einen festen Platz in der Weltliteratur. Während er in Japan schon lange zu den bedeutendsten Schriftstellern gehört, wird er seit Beginn des 21. Jahrhunderts langsam auch im Ausland immer bekannter. Er war und ist immer noch prägend für die japanische Literatur und fungiert als Vorbild für viele zeitgenössische Autoren wie beispielsweise Murakami Haruki. Vielleicht sind Sie ihm schon einmal auf dem 1.000 Yen-Schein begegnet, der mit seinem Bild von 1984 bis 2004 bedruckt wurde.

1000 en Schein
Sein Porträt auf dem (ehemaligen) 1.000 Yen-Schein. © Photo AC / まつけん

Leben und literarischer Werdegang

Natsume Sōseki wurde 1867 in Edo, dem heutigen Tōkyō, geboren. Sōseki hatte keine leichte Kindheit: Da er ein ungewolltes Kind war, wurde er adoptiert, doch gab seine Adoptivfamilie ihn bald wieder zu seinen Eltern zurück. Seine Mutter starb kurze Zeit später. Schon früh begann er sich für die Literatur zu interessieren und hegte zunächst eine große Liebe zu chinesischen Klassikern. An der prestigereichen Kaiserlichen Universität Tōkyō lernte er Englisch und arbeitete bald als Englisch-Lehrer an Schulen, die ihm wiederum Stoff für seinen späteren Roman „Der Tor aus Tokio“ lieferten. In seine Lehrtätigkeit fielen auch seine frühesten literarischen Veröffentlichungen, wobei es sich um Haikus (japanische Gedichte) und chinesische Poesie handelte.

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1901 wurde er von der Regierung als erster japanischer Wissenschaftler für Englische Literatur für zwei Jahre nach London geschickt. Da er sich in England fremd fühlte und die sozialen Strukturen Japans vermisste, blieb ihm die Zeit sehr schmerzvoll in Erinnerung. Zwar intensivierte er seine Studien der englischen Literatur, doch lebte er meist zurückgezogen und einsam in einer kleinen Wohnung. Hinzu kamen mentale und finanzielle Probleme, sodass sich sein Auslandsaufenthalt als große Enttäuschung für ihn herausstellte.

Zurück in Japan wurde Sōseki Professor für Englische Literatur an seiner Alma Mater und veröffentlichte 1905 seinen ersten Roman „Ich der Kater“. 1907 verließ er die Universität und arbeitete fortan für die bekannte japanische Zeitung Asahi Shinbun. Ab dieser Zeit widmete er sich nur noch dem Schreiben, doch schon ab 1910 kämpfte er mit Magengeschwüren, die später zu Krebs und mit nur 49 Jahren schließlich zu seinem frühen Tod 1916 führten. Begraben wurde Sōseki auf dem Tōkyōter Friedhof in Zōshigaya.

Natsume Soseki Porträt
Natsume Sōseki. © Portraits of Modern Japanese Historical Figures (https://www.ndl.go.jp/portrait/)

Seine bekanntesten Romane

In vielen Arbeiten Natsume Sōsekis geht es um die Beziehung zwischen westlicher und japanischer Kultur, was charakteristisch für die Meiji-Zeit war. Beeinflusst wurde er ebenfalls durch sein Studium sowie seinen Aufenthalt in London. Seine Leitthemen reichen vom Leben einfacher Leute und deren sozialen Problemen, dem japanischen Pflichtgefühl und der Gruppenloyalität im Kontrast zu Freiheit und Individualität, bis zu der schnell voranschreitenden Industrialisierung Japans und der Adaption und Integration westlicher Kultur. Sein Werk ist allgemein von einem pessimistischen Bild der menschlichen Natur geprägt.

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Ich der Kater (1905, orig. Wagahai wa neko de aru)

Dieser Roman ebnete den Erfolg für Sōseki als Schriftsteller. Zunächst wurde er in Episoden in der Zeitschrift Hototogisu veröffentlicht. In dem satirischen Roman spielt die Hauptrolle ein namenloser Kater, der bei einem Englischprofessor wohnt und von dessen Leben und Eskapaden erzählt. Zunächst war nur eine Kurzgeschichte geplant, doch aufgrund des Erfolgs wurden weitere 10 Kapitel veröffentlicht, die später zu einem Buch zusammengefasst wurden. Die Grundlage der Geschichte bildet die satirische Beobachtungsweise des Katers, der im Gegensatz zu den von ihm beschriebenen Menschen über eine hohe Intelligenz und Kultiviertheit verfügt, die sich auch im Sprachstil widerspiegeln. „Ich der Kater“ wurde mehrfach verfilmt und ist heute ein Standardwerk an japanischen Schulen.

Das Graskissen-Buch (1906, orig. Kusamakura)

Sōseki schrieb diesen Roman kurz nach Vollendung von „Ich der Kater“. Ein Maler zieht sich aus der Zivilisation zurück und lebt zurückgezogen in einem Onsen-Resort in den Bergen Kumamotos auf der südlichen Insel Kyūshū. Sōseki verbrachte selbst einige Zeit als Lehrer in Kumamoto, was ihm als Inspiration diente. Zentrale Themen des Werkes sind Isolation, westlicher Einfluss auf das Japan der Meiji-Zeit sowie der Russisch-Japanische Krieg in den Jahren 1904 und 1905.

Der Tor aus Tokio (1906, orig. Botchan)

Ähnlich wie „Ich der Kater“ erschien auch dieser Roman zunächst in der Zeitschrift Hototogisu. Sōseki verarbeitete darin seinen Lehraufenthalt im Jahr 1894 in Matsuyama (Präfektur Ehime) auf der ländlichen Insel Shikoku. Ein junger Lehrer aus Tōkyō tritt seine erste Stelle in einer Provinzschule an und hadert mit Kollegen und Schülern, die ihm das Leben erschweren. Ironisch-humoristisch geschrieben wird die Mentalität, die in der Provinz herrscht, aus der Sicht eines Großstädters belächelt, der das moderne Leben in Tōkyō gewohnt ist. „Der Tor aus Tokio“ ist ebenfalls ein Standardwerk in der japanischen Schulbildung.

Japanische Ausgaben von "Ich der Kater" (r.) und "Der Tor aus Tokio". © Natascha Mattern

Sanshirōs Wege (1908, orig. Sanshirō)

„Sanshirōs Wege“ wurde zunächst in der Zeitung Asahi Shinbun veröffentlicht, für die er zu dieser Zeit tätig war. In 13 Kapiteln berichtet die Erzählung von dem jungen Protagonisten Osawa Sanshirō, der vom Lande kommt und plötzlich in drei Welten lebt: seiner Provinzheimat, dem modernen Tōkyō und einer imaginären Welt der Vergnügungen. Es handelt sich um einen Entwicklungsroman, der über das Leben eines jungen Studenten aus der Provinz in der Großstadt und deren Möglichkeiten, aber auch Grenzen berichtet.

Kokoro (1914, orig. Kokoro)

Kokoro bedeutet so viel wie „Herz“ oder „Seele“. Es ist ein Spätwerk Sōsekis, welches als Fortsetzungsroman in der Zeitung Asahi Shinbun veröffentlicht wurde. Das Werk gliedert sich in drei Teile und handelt von einem jungen Studenten in Tōkyō, der Bekanntschaft mit einem älteren Mann macht, den er fortan „Sensei“ (Lehrer) nennt. Zwischen den beiden entwickelt sich eine tiefe Freundschaft und allmählich erfährt der junge Mann die tragische Geschichte des Sensei, die von zwischenmenschlichen Rückschlägen geprägt ist. Ein weiteres Thema ist der Abschied von der Meiji-Zeit und der Beginn der Moderne in Japan.

Alle vorgestellten Bücher liegen in deutscher Übersetzung vor. Lesen Sie doch einmal etwas von Natsume Sōseki und tauchen Sie mit ihm in das Japan der Meiji-Zeit ein!

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