Ende 2017 war es nun also amtlich: Miyazaki Hayaos Rücktritt vom Filmemachen dauerte ganze vier Jahre – jetzt ist er wieder zurück im Geschäft, mit der Ankündigung, in circa drei bis vier Jahren einen neuen Film zu vollenden (JAPANDIGEST berichtete). Die Wahl der Vorlage fiel auf einen Roman aus dem Jahr 1937: Kimitachi ha dō ikiru ka, was man lose mit “Wie lebt ihr?” übersetzen kann. Freunde der Animes “Prinzessin Mononoke”, “Das Schloss im Himmel”, “Porco Rosso” und Co. werden ob der Vorlage möglicherweise etwas enttäuscht sein, denn bei erwähntem Buch handelt es sich eher um philosophischen Stoff, aber Miyazaki wusste schon immer, was er macht und wie er es macht, so dass man auf die Art der Verfilmung gespannt sein darf.
Der Manga von Haga Shōichi
Quasi zur Einstimmung erschien Ende August dieses Jahres die Mangaversion des Buches beim Verlag “Magazin House“. Haga Shōichi heißt der Zeichner, und für eingefleischte JAPANDIGEST-Leser ist er sicherlich kein Unbekannter, denn auf den hiesigen Seiten veröffentlichte der gleiche Zeichner seine „Tokyo Monogatari“-Reihe. In freudiger Erwartung auf den Film schnellten auch prompt die Verkaufszahlen in die Höhe: Bis Ende November wurden 800.000 Exemplare der Mangaversion (und gut 200.000 Exemplare des beim Verlag Iwanami Bunko verlegten Romans) verkauft. Die Mangaversion hält sich dabei seit etlichen Tagen auf Platz 1 des Amazon Japan-Rankings, und die Bewertungen, nicht nur der Leser, sondern auch der Kritiker, sind überwiegend sehr positiv – Haga schaffte es mit seinen eindringlichen Zeichnungen, die Atmosphäre des Buches sehr gut wiederzugeben.
Das Original von Yoshino Genzaburō
Der zeitlose Roman von Yoshino Genzaburō erschien 1937, als der Militarismus in Japan dem Höhepunkt entgegenstrebte und der zweite Japanisch-Chinesische Krieg entbrannte. Das Buch war Teil einer ganzen Serie von Büchern, die als Leitfaden für die Jugend gelten sollten. Eigentlich sollte es auch kein Roman werden, sondern eher ein Ethikaufsatz. Bedenkt man diesen Hintergrund, würde man militaristisch-nationalistisches Gedankengut erwarten, aber dem ist (erstaunlicherweise) nicht so. Die Gespräche des 15-jährigen Protagonisten Koperu mit seinem Onkel über seine alltäglichen Beobachtungen sind tiefblickend und wirklich relativ zeitlos.
Auch wenn jetzt, 80 Jahre nach der Veröffentlichung und dank der Bekanntmachung des neuen Anime-Projektes von Miyazaki Hayao, der Hype erst richtig losgeht – der Roman war vielen Japanern schon davor ein Begriff und gehörte an zahllosen Schulen zum Lesestoff. Lediglich die Mangaversion ist neu und sorgt im Vorfeld des Filmes dafür, dass sich eine Leserschaft erschließt.
Die Verfilmung von Miyazaki Hayao
Miyazakis Animationsfirma, das legendäre Studio Ghibli, wird sich trotzdem strecken müssen, um aus dem Projekt einen großen Erfolg zu machen: Zwar könnte man vor allem die vom Meister selbst produzierten Filme fast schon als Selbstläufer bezeichnen, aber die Zuschauer sind natürlich alles in allem ziemlich kritisch, und der Stoff ist dieses Mal besonders schwer zu verfilmen. Doch Hagas Manga wird ganz sicher dazu beitragen, dass auch dieser Film die Kinokassen klingeln lässt.
Kommentare