Japanfans werden sich sehr freuen, dass dieses Jahr bereits so viele aus dem Japanischen übersetze Werke auf dem deutschen Buchmarkt erschienen sind. Mit „Das Geschenk eines Regentages“ von Shinkai Makoto und Nagakawa Naruki ist nun noch ein weiteres hinzugekommen.
Shinkai ist auch der Regisseur des weltweit bekannten Animefilms Kimi no na wa („Your Name“), doch dies ist für die Lektüre des Romans eigentlich unwichtig. Vergessen Sie also am besten, was Sie eben gelesen haben, und lassen Sie sich in eine andere Welt entführen. Eine Welt, in der Katzen jedes Wort der Menschen verstehen. In der sie ihnen Mut geben. In der beide, sowohl Katzen als auch Menschen, ums Überleben kämpfen, jedoch immer füreinander einstehen.
Zur Handlung des Buches
Die Erzählung beginnt mit Miyu, einer schüchternen, unerfahrenen jungen Frau, die eines verregneten Tages den Kater Chobi in einem Pappkarton findet und kurzerhand adoptiert. Miyu fällt es mitunter schwer, eine harmonische Verbindung zu anderen Menschen aufzubauen, Chobi aber ist ein großer Bewunderer seines neuen Frauchens. Im Laufe der Geschichte lernen wir weitere Katzen kennen, die mit den Menschen in ihrer Umgebung in Verbindung stehen, sowie den Hund John, der im Viertel eine Art Oberhaupt ist und dem sogar Katzen gehorchen. In den Augen der Menschen ist er (ebenso wie die Katzen) allerdings nur ein Haustier, wenn auch ein geliebtes.
Miyu arbeitet als Dozentin an einer Fachschule für Kunst und Design, an der auch eine junge Frau namens Reina studiert, die äußerst begabt und willensstark ist und ebenfalls ein Faible für Katzen hat. Allerdings ist sie noch auf der Suche nach dem passenden Lebensweg für sich. Die angehende Mangakünstlerin Aoi hingegen ist durch einen persönlichen Verlust schwer getroffen und hat ihren Lebensmut verloren. Kann eine kleine Katze ihr wieder zu neuer Kraft verhelfen? Shino wiederum ist bereits eine ältere Dame und kümmert sich hingebungsvoll um den Hund John und einen streunenden Kater namens Kuro. Sie hat sich bisher immer um andere gekümmert und wenig um sich selbst, doch auch ihr Leben nimmt mithilfe der Tiere eine erstaunliche Wendung.
Eine faszinierende Dichotomie
So wird die Geschichte immer abwechselnd aus der Sicht der Menschen und der Tiere erzählt, wodurch eine faszinierende Dichotomie entsteht. Zweibeiner und Vierbeiner müssen sich mit ihrer jeweiligen Lebensrealität auseinandersetzen, wobei deutlich wird, dass die Tiere es nicht immer leichter haben, auch wenn ihnen dies mitunter von den Menschen unterstellt wird. Durch die unterschiedlichen Blickwinkel schaffen die Autoren es, auf unaufdringliche Weise philosophische Gedanken über die heutige Lebens- und Arbeitswelt in die Erzählung einfließen zu lassen.
Dies geschieht in einem so poetischen und sanften Ton, dass man sich beim Lesen wie von einer kuscheligen Decke umhüllt fühlt. Stimmungsvoll wechseln sich die Jahreszeiten ab und finden Menschen und Tiere zueinander. Alles scheint in einem größeren Zusammenhang zueinander zu stehen und jede Begegnung hat eine Bedeutung. Obwohl die Protagonisten schmerzhafte Erfahrungen machen müssen, bleibt immer noch die Hoffnung auf eine positive Wende und wenn etwas zu Ende geht, beginnt dafür etwas anderes. Von diesem Buch geht etwas ungemein Tröstliches aus – darum ist es besonders in der derzeitigen Ausnahmesituation wärmstens zu empfehlen.
Tipp zum Schluss
Wem das Buch gefällt, dem sei ans Herz gelegt, sich auch den fünfminütigen Animefilm Kanojo to kanojo no neko einmal anzusehen. Dies ist auch der Originaltitel des Romans, der in Japan bereits 2013 erschien. Beim Film handelt es sich um Shinkais Erstlingswerk, bei dem er selbst den Kater Chobi spricht, während Miyu von der Synchronsprecherin Shinohara Mika gesprochen wird.
Das Geschenk eines Regentages
Autoren: Shinkai Makoto und Nagakawa Naruki
Erschienen im: S. Fischer Verlag (28.04.2021)
Umfang: 256 Seiten
Übersetzerin: Heike Patzschke
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