Drei Textgruppen entwickelten sich innerhalb des Genres der Atombombenliteratur nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges: Autobiografische Zeugnisse von Überlebenden entstanden unmittelbar nach 1945. Dazu gehört Hara Tamikis Erzählung Natsu no hana (etwa: Sommerblumen), die 1947 veröffentlicht wurde und davon berichtet, wie der Autor Hara den Atombombenabwurf Hiroshima überlebte.
Etwas später kam die literarische Aufarbeitung von Zeugenaussagen und Dokumenten hinzu. Ōe Kenzaburō veröffentlichte 1965 beispielsweise die Essay-Sammlung Hiroshima Nōto, etwa: Notizen zu Hiroshima) auf Grundlage gründlicher Recherchen und Interviews.
Im selben Jahr erschien Schwarzer Regen (Kuroi ame) von Ibuse Masuji. Der Roman fokussiert die Diskriminierung der Atombomben-Überlebenden, der Hibakusha, und gehört auch im Ausland zu den bekanntesten Werken zu diesem Thema. Spätere Werke nutzen die historischen Ereignisse als Handlungsrahmen.
Nach Fukushima: Neue Atomliteratur
Jene Literatur, die sich mit der Havarie des Kernkraftwerkes Fukushima Daiichi im Jahr 2011 beschäftigt, wird aufgrund der großen thematischen und teilweise auch formellen Überschneidungen und Anleihen häufig als Nachfolgeliteratur der Atombombenliteratur verstanden.
Ins Deutsche übersetzt wurde beispielsweise Wagō Ryōichis Gedichtsammlung Worte ohne Schutzanzüge (Shinsai Nōto, eigentlich: Notizen zur Erdbebenkatastrophe).
Wagōs Gedichte zeichnen sich dadurch aus, dass er sie kurz nach der Dreifachkatastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Verstrahlung über Twitter veröffentlichte. So fanden seine Gedichte eine große Verbreitung in Japan und fügten der Berichterstattung über die Katastrophe in Nordostjapan in den Social Media-Kanälen einen künstlerischen Ausdruck hinzu.
Hier twittert Wagō den ersten Teil eines Gedichtes über einen Jungen, der in seiner neuen Schule gemobbt wurde, weil seine Familie aufgrund der Verstrahlung durch die Havarie Fukushimas ihre Heimatstadt verlor und umziehen musste:
「原発避難でいじめ」の報道 胸が痛い 悲しい ただ悲しい 「いままでなんかいも死のうとおもった。でも、しんさいでいっぱい死んだからつらいけどぼくはいきるときめた」 手記の言葉 このことを胸に刻み わたしも生きていきたい
— 和合亮一 (@wago2828) 20. November 2016
Der Tweet übersetzt sich in etwa wie folgt:
“Die Nachricht ‘Mobbing gegen Atomkraft-Flüchtlinge Die Brust schmerzt Es ist traurig Es ist sehr traurig “Ich habe bis jetzt sehr oft daran gedacht zu sterben. Aber bei der Erdbebenkatastrophe sind schon soviele gestorben. Deshalb habe ich mich entschlossen, weiterzuleben.” Mit der Hand notierte Wörter Das schneidet in die Brust Ich möchte auch weiterleben”
Kommentare