Okuda Takurōs Kunstwerke sind keine herkömmlichen Puppen, denn sie entführen den Betrachter in eine Welt atmosphärischer Fantasie und dunkler Magie. 2015 brachte er sich das Handwerk selbst bei und überzeugte mit seiner Kunst noch im selben Jahr auf einem Wettbewerb. Seitdem ist seine Karriere steil bergauf gegangen, und er stellte seine Puppen auf größeren Veranstaltungen wie “Vanilla gallery” (2017, Tōkyō), “iiwii Exhibition” (2019, New York) und “Shojo Raisan” (2021, Tōkyō) aus.
Ab dem 14. Oktober können japanische Kinobesucher bei der Premiere der Filmadaption des Mangas “Stimme des Herzens” von Hiiragi Aoi übrigens eine seiner Puppen in der Rolle der Katzenfigur “Humbert von Gikkingen” auf riesigen Leinwänden bewundern. Die Geschichte um die literaturbegeisterte Tsukishima Shizuku erlangte erstmals große Popularität, als der Manga 1989 in der Zeitschrift “Ribon” veröffentlicht wurde. 1995 schlug die Anime-Adaption von Studio Ghibli bei den Fans des Genres wie eine Bombe ein und begeisterte Zuschauer aus aller Welt. Die diesjährige Neuverfilmung wird zehn Jahre nach den vergangenen Ereignissen spielen und die Geschichte fortsetzen. Wir haben mit dem Ausnahmekünstler gesprochen.
Sie haben sich die Puppenherstellung selbst beigebracht. Fiel sie ihnen zu Beginn schwer?
Am Anfang wusste ich wirklich nicht, wie man solche Puppen anfertigt. Zunächst kaufte ich Ton und versuchte, meine Ideen in die Tat umzusetzen, aber der Unterschied zwischen dem Ideal in meinem Kopf und dem Ergebnis war enorm. Das hat mich ziemlich erschüttert, doch gerade deshalb wurde in mir der Wille geweckt, es unbedingt besser machen zu wollen. In Japan gibt es Kurse, in denen man die Herstellung solcher Puppen lernen kann und anfangs hatte ich überlegt, einen solchen Kurs zu besuchen. Letzten Endes habe ich mich aber dagegen entschieden. Man mag den Herstellungsprozess und die Technik vielleicht schneller erlernen, aber man übernimmt auch den Stil und die Methoden des Lehrers. Das wollte ich vermeiden, also beschloss ich, mir alles selbst beizubringen.
Sie verwenden Rost und Asche, um jeder Ihrer Puppen ein antikes Flair zu verleihen. Wie haben Sie Ihren eigenen Stil gefunden?
Ich mochte schon immer antike Möbel und Gegenstände, deshalb versuche ich auch, meinen Kunstwerken einen antiken Hauch zu verleihen. Alte Gegenstände haben einen historischen Hintergrund und eine lange Zeitspanne hinter sich, und das reizt mich wahrscheinlich so sehr an ihnen. Es ist genau diese Einzigartigkeit, dieser Wandel der Zeit, den ich in meine Kunst einbringen möchte.
[Video: Auf seinem YouTube-Kanal zeigt Okuda Schritt Schritt, wie er seine Puppen anfertigt.]
Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?
Generell dienen mir Naturgeschichte und Fantasy als Inspiration, außerdem zum Beispiel volkskundliche Studien zu Themen wie Alchemie, Hexerei und Magie. Aus heutiger Sicht klingen solche Themen eher fantastisch, aber für die Menschen der Vergangenheit waren sie Alltag. Ich lasse mich von Dokumenten und Werken inspirieren, die solche Themen aufgreifen. Außerdem hole ich mir viele Ideen von surrealistischen Künstlern wie Hans Bellmer, Salvador Dalí, Joseph Cornell und den Quay Brothers.
Was möchten Sie mit Ihrer Kunst ausdrücken?
Zu Beginn meiner Karriere hat es mir in erster Linie Spaß gemacht, einem Klumpen Ton eine menschliche Gestalt zu verleihen. In letzter Zeit aber – unter anderem bedingt durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg – möchte ich nicht nur meine Persönlichkeit zum Ausdruck bringen, sondern vor allem den Betrachter in eine imaginäre Fantasiewelt entführen. Wie wäre es, wenn man fliegen könnte? Wie wäre es, in der Zeit zu reisen? Wie wäre es, wenn man zaubern könnte? Ich möchte ein Kunstwerk erschaffen, das es dem Betrachter ermöglicht, solche Reisen zu unternehmen.
Eine Ihrer Puppen spielt eine sehr wichtige Rolle in dem Film “Stimme des Herzens”. Wie haben Sie sich gefühlt, an einem so großen Projekt beteiligt zu sein?
Bei diesem Projekt handelt es sich um die Verfilmung eines sehr berühmten Werks, weshalb ich das Angebot auf eine Zusammenarbeit zunächst nicht so recht glauben konnte. Ich hatte mich gefragt, ob ich die richtige Person für diese Aufgabe war. Es war das erste Mal, dass ich an einer Filmproduktion beteiligt war, daher war ich vom ersten Treffen an nervös. Aber das Team hatte großen Respekt vor meiner Kunst, ich durfte meine Meinung äußern und eigene Ideen einbringen. Es herrschte eine gute Arbeitsatmosphäre, wir alle wollten das bestmögliche Ergebnis erzielen. Ich war damals sehr glücklich, Teil des Teams zu sein.
Wo können Fans Ihre Puppen bewundern?
Ich lade meine Arbeiten auf Instagram und YouTube hoch. Auf YouTube zeige ich nicht nur das Ergebnis, sondern auch den Produktionsprozess und Clips von vergangenen Ausstellungen. Aufgrund der Corona-Pandemie konnte ich bei meinen Ausstellungen in New York und London leider nicht selbst anwesend sein, aber ich möchte unbedingt wieder in Europa ausstellen und dann persönlich vor Ort sein.
Haben Sie eine Message an die deutschen Leser?
Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich großen Respekt vor der deutschen Handwerkskunst habe. Vor allem das traditionelle Holzhandwerk ist sehr hochwertig. Was Puppen betrifft, so bewundere ich die Porzellanfiguren der Manufaktur Meissen, da es in Japan keine derartigen Figuren gibt. Obwohl es sich um Verkaufswaren handelt, ist ihre Bearbeitung sehr zart und kunstvoll. Ich finde es erstaunlich, wie viel Seele in ihnen steckt. Ich hoffe, dass ich irgendwann die Gelegenheit haben werde, in Deutschland auszustellen und mit den Besuchern vor Ort zu interagieren.
Okuda Takurō online:
YouTube:https://www.youtube.com/c/takurookuda
Twitter:https://twitter.com/taku_012
Instagram:https://www.instagram.com/okuda_doll/
Offizielle Webseite: https://takurookuda.com/
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