Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Künstlerin Kusama Yayoi: Die Unendlichkeit in einem Punkt

Hannah Janz
Hannah Janz

Künstlerin Kusama Yayoi ist berühmt für ihre Polka Dot-Kunst, Punkte, mit denen sie alle greifbaren Oberflächen überzieht. Die Kreise haben weder Anfang noch Ende, und stellen die Frage: Wo höre ich auf, wo fängt das Universum an?

Kusama yayoi
Bekannt für ihre Kunst und ihre Persönlichkeit: Kusama Yayoi. © Yayoi Kusama

Geboren wurde Kusama Yayoi 1929 in Matsumoto (Präfektur Nagano), in eine wohlhabende, traditionell ausgerichtete Familie. 1958 ging sie nach New York, wo sie viele Erfolge feierte. Heute ist sie eine der bekanntesten japanischen Künstlerinnen – ein Lebenslauf, der nur vordergründig aus dem Bilderbuch kommt.

Kusama Yayoi hat viel gewagt in fast 80 Jahren Leben. Sie musste viele Grenzen, vor allem persönliche, überschreiten. Bereits als Kind verfolgten sie Halluzinationen. Muster, die ihr im Alltag begegneten, pflanzten sich plötzlich fort, überspannten und überzogen alles, bis sie selbst ganz klein wurde und schließlich vollständig verschwand.

Kusama Yayois Anliegen: Menschen durch Kunst vereinen. ©YAYOI KUSAMA
Kusama Yayois Anliegen: Menschen durch Kunst vereinen. ©YAYOI KUSAMA

Dieser Selbstverlust manifestierte sich später in allerlei Ängsten. Die Familie akzeptierte ihre Persönlichkeit nicht, finanzierte nur ihren Flug nach New York, nachdem sie versprach, nicht zurückzukommen. In New York verarbeitete sie die Ängste in ihren Bildern, später in Happenings und Performances. Immer wieder in Behandlung, lebt Kusama seit ihrer Rückkehr nach Japan im Jahr 1973 freiwillig in einer psychiatrischen Abteilung.

Die Kunst als Mittel, um sich und die Welt zu retten

Ihrem Erfahrungshunger konnte die Angst keinen Abbruch tun. Kusama Yayoi hat eine starke Persona erschaffen. Ein scharf geschnittener, erdbeerroter Bob ist seit langem ihr Markenzeichen. Sie trägt ihre eigenen Muster, ist selbst Ausstellungsstück ihres Œuvres. Das vereint vor allem drei Elemente: plakative Farben, üppige, wulstige, fleischhafte Formen sowie das nur vermeintlich widersprüchliche Oszillieren zwischen Serialität und unikatem Charakter.

Kusama Yayoi liebt Kürbisse und nimmt deren Form immer wieder auf – weil diese sie an abstrahierte menschliche Körper erinnert. | 南瓜、草間彌生、フォーエバー現代美術館 ©YAYOI KUSAMA
Kusama Yayoi liebt Kürbisse und nimmt deren Form immer wieder auf – weil diese sie an abstrahierte menschliche Körper erinnert. | Kürbis, 2007 | 南瓜、草間彌生、フォーエバー現代美術館 ©YAYOI KUSAMA
Wenn dieser schreckliche Krieg vorbei ist, quillt mein Herz wieder vor Freude über, 2010 |
Wenn dieser schreckliche Krieg vorbei ist, quillt mein Herz wieder vor Freude über, 2010 | 「わが永遠の魂」シリーズより いまわしい戦争のあとでは幸福で 心が一杯になるばかり、草間彌生 ©YAYOI KUSAMA

Kusamas aktuelle Kunst: Infinity Rooms & My Eternal Soul

Ausgestellt wurde Kusamas neueste Schaffensreihe My Eternal Soul zwischen Februar und Mai 2017 im National Art Center, Tokyo, zusammen mit vorherigen Werken wie den Infinity Rooms – Spiegelräume, die alles, was sich in ihnen befindet, ins Unendliche multiplizieren.

Mehr und mehr strahlt das Leben, 2011 | 生命の輝きに満ちて、草間彌生 Courtesy of Ota Fine Arts, Tokyo/Singapore; Victoria Miro Gallery, London; David Zwirner, New York ©YAYOI KUSAMA
Infinity Room | Mehr und mehr strahlt das Leben, 2011 | 生命の輝きに満ちて、草間彌生 Courtesy of Ota Fine Arts, Tokyo/Singapore; Victoria Miro Gallery, London; David Zwirner, New York ©YAYOI KUSAMA

Die Bilder aus My Eternal Soul fügen dem Thema der Polka Dots eine narrative Ebene hinzu. Die Farben sind plakativ und doch subtil, kräftig und auffangend. Ergänzt werden sie durch feine Formen, die eine lyrische Leichtigkeit beigeben. Die Bilder strahlen eine warme, entspannte Nähe aus und sind gleichzeitig elektrisierend und dynamisch.

Vor allem sind sie emotional verständlich: Kusama möchte durch ihre Kunst alle Menschen in Liebe und Frieden verbinden, im Staunen über die Schönheit und das Mysterium des Universums. Und so ist ihr Werk nicht nur für Kusama eine intuitive Kunsttherapie, die sie mit souveräner Zielgerichtetheit ausführt, sondern auch eine für die Besucher, zwischen naiver Beschwingtheit und klingender Kosmologie. Vielleicht kann die Kunst die Welt nicht verändern – aber in ihr lässt sich die Welt neu erfinden.

Auf in die Ferne des Himmels, 2014 |「わが永遠の魂」シリーズより 行こう、空の彼方へ、草間彌生 ©YAYOI KUSAMA
Auf in die Ferne des Himmels, 2014 |「わが永遠の魂」シリーズより 行こう、空の彼方へ、草間彌生 ©YAYOI KUSAMA

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