Geboren wurde Kusama Yayoi 1929 in Matsumoto (Präfektur Nagano), in eine wohlhabende, traditionell ausgerichtete Familie. 1958 ging sie nach New York, wo sie viele Erfolge feierte. Heute ist sie eine der bekanntesten japanischen Künstlerinnen – ein Lebenslauf, der nur vordergründig aus dem Bilderbuch kommt.
Kusama Yayoi hat viel gewagt in fast 80 Jahren Leben. Sie musste viele Grenzen, vor allem persönliche, überschreiten. Bereits als Kind verfolgten sie Halluzinationen. Muster, die ihr im Alltag begegneten, pflanzten sich plötzlich fort, überspannten und überzogen alles, bis sie selbst ganz klein wurde und schließlich vollständig verschwand.
Dieser Selbstverlust manifestierte sich später in allerlei Ängsten. Die Familie akzeptierte ihre Persönlichkeit nicht, finanzierte nur ihren Flug nach New York, nachdem sie versprach, nicht zurückzukommen. In New York verarbeitete sie die Ängste in ihren Bildern, später in Happenings und Performances. Immer wieder in Behandlung, lebt Kusama seit ihrer Rückkehr nach Japan im Jahr 1973 freiwillig in einer psychiatrischen Abteilung.
Die Kunst als Mittel, um sich und die Welt zu retten
Ihrem Erfahrungshunger konnte die Angst keinen Abbruch tun. Kusama Yayoi hat eine starke Persona erschaffen. Ein scharf geschnittener, erdbeerroter Bob ist seit langem ihr Markenzeichen. Sie trägt ihre eigenen Muster, ist selbst Ausstellungsstück ihres Œuvres. Das vereint vor allem drei Elemente: plakative Farben, üppige, wulstige, fleischhafte Formen sowie das nur vermeintlich widersprüchliche Oszillieren zwischen Serialität und unikatem Charakter.
Kusamas aktuelle Kunst: Infinity Rooms & My Eternal Soul
Ausgestellt wurde Kusamas neueste Schaffensreihe My Eternal Soul zwischen Februar und Mai 2017 im National Art Center, Tokyo, zusammen mit vorherigen Werken wie den Infinity Rooms – Spiegelräume, die alles, was sich in ihnen befindet, ins Unendliche multiplizieren.
Die Bilder aus My Eternal Soul fügen dem Thema der Polka Dots eine narrative Ebene hinzu. Die Farben sind plakativ und doch subtil, kräftig und auffangend. Ergänzt werden sie durch feine Formen, die eine lyrische Leichtigkeit beigeben. Die Bilder strahlen eine warme, entspannte Nähe aus und sind gleichzeitig elektrisierend und dynamisch.
Vor allem sind sie emotional verständlich: Kusama möchte durch ihre Kunst alle Menschen in Liebe und Frieden verbinden, im Staunen über die Schönheit und das Mysterium des Universums. Und so ist ihr Werk nicht nur für Kusama eine intuitive Kunsttherapie, die sie mit souveräner Zielgerichtetheit ausführt, sondern auch eine für die Besucher, zwischen naiver Beschwingtheit und klingender Kosmologie. Vielleicht kann die Kunst die Welt nicht verändern – aber in ihr lässt sich die Welt neu erfinden.
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