Für viele japanische Konsumenten ist ethische Mode ein Fremdwort, denn gerade bei jüngeren Fashionistas sind günstige Modelinien der so genannten
„Fast Fashion“ – also „schnellen Mode“ – sehr beliebt. Jedes Jahr werden zahllose, modisch sehr ansprechende Kollektionen produziert – und mit ihnen jede Menge Textilabfall. Denn nur die wenigsten Kleidungsstücke des ständig neu kreierten Angebots werden eine zweite Saison getragen.
Ethische Mode zielt darauf ab, diesen Kreislauf zu durchbrechen und fokussiert auf Nachhaltigkeit. Dazu gehören nicht nur eine umweltschonende Produktion und Distribution und die faire Behandlung von Arbeitern, sondern auch Fair Trade, die Verwendung von Biomaterialien, Upcycling und/oder traditionelle Handwerkskunst. Dies ist kein ganz neuer Trend, denn eigentlich erwarten japanische Konsumenten sehr hohe Qualitätsstandards und bevorzugen langlebige Produkte.
Der Ausspruch Mottainai! drückt in nur einem Wort das Bedauern über Verschwendung jeglicher Art aus. Dieser traditionell japanische Geist des mottainai ist tatsächlich eines der inhärenten Prinzipien nachhaltiger Mode. Mottainai erlebt seit Anfang 2000 eine Renaissance, gerade unter den so genannten LOHAS („Lifestyle of Health and Sustainability“). Das Akronym bezeichnet ein Käufersegment, das sich für gesunde, ökologische und nachhaltige Produkte interessiert – aber gleichzeitig auch höchste Ansprüche an Mode, Lifestyle und Design stellt. Hier liegt das Problem der ethical fashion, denn bisher wird sie grundsätzlich als eher unmodisch wahrgenommen.
Gesunder, nachhaltiger Lifestyle wird gefeiert.
In einem so gesättigten Modemarkt wie Japan kann sich Kleidung alleine aufgrund einer nachhaltigen Herstellungsweise nicht verkaufen. Einige Hersteller in Japan arbeiten daran, diese Hürde zu nehmen und vermarkten ihre Produkte recht erfolgreich in Zusammenarbeit mit großen Kaufhäusern wie Mitsukoshi Isetan in Tōkyō.
Zu den Pionieren der ethischen Mode in Japan gehört das von der Britin Safia Minney 2001 gegründete Label People Tree, das ökologische Kleidung und Accessoires anbietet. Die nach Fair Trade-Standards produzierten Designs richten sich an weibliche LOHAS zwischen 25 und 40 Jahren, und das Label bringt spannende Designkooperationen mit bekannten Modeschöpfern, wie beispielsweise Peter Jensen, auf den Markt. Mother House ist ebenso bekannt für ethische Mode. 2006 gegründet, verkaufte das Label zunächst in Bangladesch gefertigte Jute-Taschen und Accessoires, die sich aufgrund ihres schlichten Designs schnell großer Beliebtheit erfreuten. Inzwischen fokussiert sich die Firma auf Taschen aus pflanzlich gefärbtem Leder sowie Schmuck, und expandiert erfolgreich in Ostasien.
Das Label People Tree produziert nach Fair Trade-Standards.
Obwohl es sich momentan noch um einen Nischenmarkt handelt, entstehen immer neue ethische Modelabels in Japan. Organisationen wie Ethical Fashion Japan erleichtern diesen meist kleinen Start-ups den Einstieg in den Markt. Auf deren spezialisierten Internetplattformen findet man zum Beispiel Produkte wie Taschen aus gebrauchten Kaffeesäcken aus Guatemala, Schmuck aus philippinischen Muscheln oder Accessoires, deren Verkaufserlöse ein Dorf in Vietnam unterstützen.
Ob sich ethische Mode in Japan zu einem großen Mainstream- Trend entwickeln wird, kann man aktuell noch nicht absehen. Einige Marktforscher haben allerdings herausgefunden, dass sich gerade seit der Dreifachkatastrophe 2011 immer mehr Japaner auf das Prinzip des mottainai besinnen und sich außerdem mehr für die Herkunft ihres Einkaufs interessieren. Vielleicht wird also Made in Japan zum neuen großen Modetrend.
Mit Workshops und Pop-up-Stores unterstützt Ethical Fashion Japan den bewussten Modekonsum.
Dieser Text erschien in der Januar 2018-Ausgabe von JAPANDIGEST und wurde für die Veröffentlichung auf der Webseite nachbearbeitet.
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