Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Die Geschichte und Herkunft der Stäbchen

Diana Casanova
Diana Casanova

Nicht wegzudenken sind die Stäbchen aus der japanischen Küche und Alltag. Dass diese nicht ursprünglich aus Japan stammen, ist sicherlich noch vorstellbar. Doch wussten Sie, dass die Stäbchen nicht immer ihre heutige Funktion hatten?

Essstäbchen aus Japan

In jedem japanischen, koreanischen oder chinesischen Restaurant sind sie zu finden, doch bei so manchem Westler verursachen sie regelrecht Schweißausbrüche: Untrennbar mit der asiatischen Küche verbunden sind die Essstäbchen (auf Japanisch hashi, 箸). In vielen Ländern Ost- und Südostasiens sind sie das gängige Besteck beim Essen und Kochen, darunter Japan, China, Korea, Vietnam und Taiwan. Eine Milliarde Menschen benutzen sie im Alltag – das sind noch mehr als jene, die mit Messer und Gabel essen. Stäbchen sind so synonym mit diesen Ländern geworden, dass es schwer vorstellbar ist, dass man dort mit etwas anderem isst. Genauso wenig wie sich Europäerinnen und Europäer vielleicht vorstellen können, nicht mit Besteck zu essen. Schließlich war es ja schon immer so, nicht wahr?

Am Anfang war der Löffel

Tatsächlich wurde in den genannten Ländern nicht von Beginn an mit Stäbchen gegessen: Das erste Esswerkzeug der Antike war der Löffel, was durch archäologische Funde belegt ist. Der älteste ausgegrabene Löffel ist angeblich bis zu 8.500 Jahre alt. Wie viele Aspekte der japanischen Kultur und Geschichte haben Stäbchen ihren Ursprung in China, doch auch dort war der Löffel einst vorrangig präsent. Ein Grund dafür war, dass vor über 2.000 Jahren das Hauptnahrungsmittel der chinesischen Bevölkerung eine Art dicker Getreidebrei war, der besser mit dem Löffel zu essen war. In gewisser Weise gab es zwar Messer und Gabel, doch benutzte man diese ausschließlich zum Verarbeiten, Zubereiten und Kochen der Speisen. Funde von über 5.000 Jahre alten Stäbchen-ähnlichen Werkzeugen weisen darauf hin, dass diese ebenfalls beim Kochen verwendet wurden. Dabei handelte es sich meist um lange Stöcke oder Zweige, die sich gut zum Umrühren oder zum Aufheben einzelner Zutaten aus den relativ tiefen Kochtöpfen eigneten.

Zwei verschiedene Essstäbchen

Vom Werkzeug zum wichtigen Alltagsgegenstand

Im Laufe der Zeit wuchs in der Bevölkerung die Beliebtheit von mehlbasierten Speisen wie Nudeln und Knödel, da irgendwann Mühlen entstanden, die das Getreide verarbeiten konnten. Zum Verspeisen solcher Gerichte waren Stäbchen praktischer als Löffel und so begann sich die chinesische Küche nach den Vorlieben der Menschen auszurichten. Doch mit der steigenden Bevölkerungszahl wuchs auch der Bedarf an wichtigen Rohstoffen wie Feuerholz, auch Lebensmittel wurden knapper. Ca. 500 v. Chr. ging man schließlich dazu über, die einzelnen Speisen in kleine, mundgerechte Stücke zu schneiden. Auf diese Weise wurde das Essen beim Kochen schneller gar, während weniger vom wertvollen Brennstoff verbraucht wurde. Messer und Löffel wurden überflüssig, denn diese mundgerechten Speisen ließen sich besser mit den Stäbchen aufnehmen. Ein weiterer großer Einfluss war der berühmte chinesische Gelehrte und Philosoph Konfuzius (ca. 551-479 v. Chr.). Für den bekennenden Vegetarier galten Messer am Esstisch als barbarisch, zu sehr erinnerten sie an Schlachthäuser, Krieg und Tod.

Verschiedene Stäbchen Ostasiens
Verschiedene Stäbchen aus Japan, Korea und China.

Meist bestanden die Stäbchen aus Bambus oder einem anderen hitzebeständigen, geschmacksneutralen Holz. Die wohlhabende Oberschicht konnte sich sogar welche aus Jade, Elfenbein oder Messing leisten, auch wenn diese eher als Statussymbol galten. Die Reichsten der Reichen verwendeten Stäbchen aus Silber, da sie der Überzeugung waren, sie würden sich schwarz verfärben, wenn sie mit Gift in Berührung kamen. Das war allerdings ein Irrglaube, da Silber sich auch nach Kontakt mit bestimmten Zutaten wie Knoblauch oder Zwiebeln verfärben würde.

Ab etwa 500 n. Chr. gelangten die Essstäbchen aus dem Reich der Mitte nach Japan, Vietnam und Korea. Der älteste Nachweis zur Verwendung der Stäbchen in Japan lässt sich im Kojiki finden („Aufzeichnung alter Begebenheiten“, ein literarisches Werk aus dem Jahr 712, das die Mythologie und Frühgeschichte des Landes bis zum 7. Jahrhundert beschreibt). Allerdings wurden sie in der Regel im Rahmen religiöser Zeremonien verwendet und bestanden ebenfalls aus Bambus. Die ersten Zeugnisse von Stäbchen, die zum Essen genutzt wurden, lassen sich auf das 10. Jahrhundert datieren.

Frau mit StäbchenStäbchen richtig halten: eine AnleitungDie Wahrung der Form macht in Japan auch vor dem Grundbedürfnis Essen nicht halt. Hier erfahren Sie die wichtigsten Dos and Don‘ts im Umgang...04.04.2019

Andere Länder, andere Stäbchen

Essstäbchen sehen nicht immer identisch aus. Je nach Land weisen sie unterschiedliche Längen und Formen auf:

  • Chinesische Stäbchen sind lang und vergleichsweise dick, in der Regel quadratisch mit einer runden, flachen Spitze bei gleichbleibendem Durchmesser. Meist bestehen sie aus Plastik oder Bambus.
  • Stäbchen aus Japan sind im Vergleich dazu kürzer und rund, während sie zum Ende hin spitz zulaufen. In der Regel bestehen aus lackiertem Bambus. Darüber hinaus gibt es auch kürzere Varianten für Frauen (die meistens kleinere Hände haben als Männer) und Kinder.
  • Koreanische Stäbchen sind etwas länger als japanische, viereckig und platt. Sie bestehen meist aus Messing oder Silber. Beim Essen wird oft eine Kombination aus Stäbchen und Löffel verwendet.

Eine Theorie, warum chinesische Stäbchen länger als jene anderer Länder sind, besagt, dass es dort ab dem 10. Jahrhundert gängig wurde, die Mahlzeiten am Esstisch zu sich zu nehmen. Dabei hatte nicht jeder seinen eigenen Teller vor sich, sondern es standen viele kleinere Gerichte auf dem Tisch, von denen sich alle bedienen konnten. Damit man gut an die Teller herankam, mussten die Stäbchen entsprechend lang sein.

Viele verschiedene Arten von Stäbchen Asiens
V. o. n. u.: Taiwanesiche Stäbchen aus Melamin, Porzellanstäbchen aus China, tibetanische Bambusstäbchen, vietnamesische Stäbchen aus Palmenholz, flache Edelstahl-Stäbchen und Löffel aus Korea, zwei Paar Stäbchen aus Japan (für Männer und Frauen), japanische Kinderstäbchen, Wegwerfstäbchen aus Bambus in Papier gehüllt © FiveRings/Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Vielseitiges Kulturgut

Sicherlich haben Sie die Wegwerfstäbchen vor Augen, die es in zahlreichen japanischen und chinesischen Restaurants gibt. Auf Japanisch heißen diese waribashi und es handelt sich einfache Stäbchen aus Holz mit einem Spalt bis zur Mitte hin für das leichtere Auseinanderbrechen, welche erstmals 1878 auf den Markt kamen. Mittlerweile werden pro Jahr stolze 24 Milliarden verbraucht – in China sogar doppelt so viel. Doch der Trend geht in Richtung Nachhaltigkeit: Meist besitzt jedes Familienmitglied sein persönliches Paar Stäbchen, die stets wiederverwendet werden. Es gibt sogar solche, die man in der Mitte auseinander schrauben kann, um sie besser zu transportieren.

Box mit Wegwerfstäbchen aus Holz
Die Wegwerfstäbchen aus Holz zum Auseinanderbrechen kennt sicherlich jeder.

Moderne Stäbchen gibt es in unzähligen Designs, Farben, Materialien und Preisklassen. Auch werden gibt es spezielle Stäbchen, die zu besonderen Anlässen zum Einsatz kommen oder eine bestimmte Funktionsweise haben: Zum Neujahrsfest (oder auch bei Hochzeiten) werden beim Verzehr der feierlichen Speisen iwaibashi aus Weidenholz verwendet. Sogenannte saibashi, sehr lange und dicke Stäbchen, kommen in japanischen Haushalten als typische Küchenhelfer beim Braten und Kochen zum Einsatz. Es gibt sogar Stäbchen mit speziellen Haltehilfen, um Kindern den richtigen Umgang mit ihnen beizubringen.

Spezielle Stäbchen für Kinder
Spezielle Stäbchen für Kinder, um die richtige Haltung zu lernen.
Wokpfanne und lange Stäbchen speziell zum Kochen
Spezielle, lange Stäbchen zum Kochen

Auch für religiöse Zwecke werden besondere Stäbchen verwendet: So werden Verstorbene in buddhistischen Bestattungsritualen bei niedrigeren Temperaturen eingeäschert, damit die Knochen nicht komplett verbrennen. Die Knochenreste werden mit langen Stäbchen von den Familienangehörigen gemeinsam in eine Urne gelegt (genannt kotsuage, „Aufheben der Knochen“). Aufgrund dieser Riten gilt es auch als Tabu, seine Essstäbchen im Reis stecken zu lassen oder Speisen von Stäbchen zu Stäbchen weiterzureichen.

Und ein Fun Fact zum Schluss: ca. 80 % aller (lackierten) Stäbchen in Japan werden in der kleinen Stadt Obama in der Präfektur Fukui hergestellt.

So hält man Stäbchen nicht.Richtig mit Stäbchen essen: 8 Tabus in JapanWas gilt es eigentlich zu beachten, wenn Sie in Japan mit Stäbchen essen möchten? Neben dem richtigen Gebrauch sollten Sie sich unbedingt an...07.02.2020


Verwendete Creative Commons-Lizensen:

CC BY-SA 3.0

Kommentare

Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Diese Woche meistgelesen

Top Stories

Autoren gesucht

Lesen Sie hier, wie Sie Teil unseres Teams werden!