Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Vom Ozean inspiriert: Ryūkyū-Glas aus Okinawa

Constanze Thede
Constanze Thede

Okinawa, Japans subtropisches Inselparadies hat viele lokale Künste hervorgebracht. Seine Glaswaren, bekannt unter dem Namen Ryūkyū-Glas, stechen besonders hervor: Ihr ungewöhnliches Design und ihre leuchtenden Farben sind vom weiten Ozean und der natürlichen Insellandschaft inspiriert.

© iStock.com / akatuki-70D

Die Glasproduktion auf Okinawa begann etwa ab der Mitte der Meiji-Zeit (1868-1912), als die ersten Glasarbeiter aus Satsuma (Präfektur Kagoshima) kamen. Später folgten weitere aus Ōsaka und Nagasaki, die das Handwerk perfektionierten und sich die damals in Japan noch neue Technik der Glasbläserei zu Eigen machten. Vor allem in der Großstadt Naha, im Zentrum von Okinawa, entstanden zahlreiche Glasmanufakturen und das Handwerk hatte Hochkonjunktur. Im Zweiten Weltkrieg wurde Okinawa allerdings flächendeckend zerstört, wovon auch die Werkstätten massiv betroffen waren.

Okinawas intensiv leuchtendes Meer, seine üppige Vegetation und der strahlend blaue Himmel dienen als Inspiration für seine Glaswaren. © iStock.com / Raicho

Glückliche Fügung

Nach Kriegsende bemühten sich die Glasbläser, das Geschäft wiederzubeleben, hatten aber kaum Ressourcen zur Verfügung. Daher entstand die Idee, aus leeren Limonaden-, Bier- und Colaflaschen des auf Okinawa stationierten US-Militärs neue Glaswaren herzustellen. Diese wurden gewaschen, eingeschmolzen und weiterverarbeitet, enthielten jedoch Unreinheiten wie Reste von Flaschenetiketten, die nicht vollständig entfernt werden konnten. So entstanden bei der Produktion Bläschen, die schließlich zum Markenzeichen der aus Okinawa stammenden Glaswaren wurden.

Nicht alle Ryūkyū-Glaswaren enthalten heute die charakteristischen Bläschen, die jedoch nach wie vor als ihr Aushängeschild bekannt sind. © iStock.com / Yata

Das Souvenir der Heimkehrer

Ryūkyū-Glas ist unregelmäßig geformt und in leuchtende Farben gekleidet, doch ursprünglich handelte es sich um schlichte, einfarbige Gebrauchsgegenstände. Die Farben ergaben sich aus der Verarbeitung der aus den USA stammenden Flaschen der 1950er Jahre, deren Glas hellblau, grün und braun war. Violett und Dunkelblau konnten durch die Beigabe von Mangandioxid und Kobalt erzeugt werden. Heutzutage ist der Herstellungsprozess ein anderer und sowohl das Farbspektrum als auch die Formgebung hat sich deutlich erweitert, von Trinkgläsern bis hin zu fantasievollen Deko-Objekten. Da die Glaswaren zunächst als Souvenirs bei heimkehrenden US-Soldaten beliebt waren, spezialisierte man sich von Anfang an auf ein westliches Design. Der Name Ryūkyū-Glas wurde ab 1962 verwendet, als der Export in die USA begann und man sich aus Marketinggründen für die Bezeichnung „Ryūkyū“ als Alternative zu „Okinawa“ entschied, da letzterem aus amerikanischer Sicht noch das Image des Kriegsschauplatzes anhaftete. Mit dem Königreich Ryūkyū, dem Okinawa vom 15. bis 19. Jahrhundert angehörte, haben die Gläser nichts zu tun.

Die „Flamme des Friedens“ im Okinawaer Friedenspark gedenkt der Schlacht von Okinawa und den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki. Der Brunnen symbolisiert den Pazifik.Ryūkyūs Erbe: Okinawa-Reise in die VergangenheitOkinawa gilt als subtropisches Inselparadies. Die mitunter turbulente Vergangenheit Japans südlichster Präfektur wird dabei oft übersehen. B...18.04.2019

Mit ihren freundlichen Farben und den abgerundeten Kanten vermitteln die Gläser, die man auch als Souvenir erwerben kann, die Wärme Okinawas. © iStock.com / Geobacillus
Glasplatten, die in verschiedenen Farben bezaubern und jeweils in bestimmten Lebensbereichen Glück bringen sollen. Siehe Farblexikon unten. © iStock.com / Joey Look

Farblexikon Ryūkyū-Glas

Rot: Sonne; Glück in der Liebe und Reichtum

Orange: Okinawas Morgen- und Abendrot; Demut, Selbstreflexion; Glück für gute Geschäfte, Gesundheit, menschliche Beziehungen

Gelb: Fortschritt, Optimismus, harte Arbeit, Frieden, Familienglück

Grün: die reichhaltige grüne Erde Okinawas; Frieden, Vitalität, Stabilität

Blau: das Meer als repräsentatives Element Okinawas; Erfolg in der Liebe, bei der Arbeit und im Studium

Hellblau: Himmel; Freundschaft, Gesundheit

Farblos (transparent): Transparenz symbolisiert, dass sich die Dinge zum Guten wenden; Geradlinigkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen, Erfolg


Dieser Artikel erschien in der JAPANDIGEST Mai 2024-Printausgabe und wurde für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet.

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