Messer aus Japan sind längst kein Geheimtipp mehr: Sie sind international berühmt für ihre scharfen Klingen, vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten und hochwertige Verarbeitung. Das hat Tradition, denn deren Entstehung und Herstellung sind eng mit der alten japanischen Schwertschmiedekunst verbunden. Während Kochmesser zunächst ein Nebenprodukt des Schwertschmiedens waren, widmeten sich die Schmieden ihnen verstärkt ab dem 16. Jahrhundert, als portugiesische Seefahrer begannen mit Japan Handel zu treiben. Stetig wuchs der Bedarf nach hochwertigen Messern, z. B. für die Ernte und Verarbeitung aus dem Ausland importierter Pflanzen. So verbesserten sich im Laufe der Jahrhunderte Qualität, Material und Schmiedetechniken.
Modernisierung und Internationalisierung
Der Umbruch geschah schließlich Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Modernisierung und Industrialisierung Japans ab 1868 läuteten das Ende der Samurai-Klasse, die in einer modernen Gesellschaft keinen Platz oder Arbeit mehr fand, ein und auch das öffentliche Tragen von Schwertern wurde verboten. So verschob sich der Fokus der ehemaligen Schwertschmieden endgültig auf die Herstellung von Kochmessern.
Mit dem Einzug ausländischer Lebensmittel und neuartiger Essgewohnheiten entstanden auch neue Messerarten, die verschiedenen Verwendungszwecken dienten. Dabei verschmolzen nicht selten westliche und japanische Schmiedestile – so ist zum Beispiel das allseits bekannte Santoku-Messer ein Hybridprodukt aus einem westlichen Fleischermesser und dem traditionell japanischen hōchō-Küchenmesser.
Merkmale und Unterschiede
Japanische Messer unterscheiden sich heutzutage oft nur in wenigen Aspekten von westlichen – ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass sie meist einseitig geschliffen sind, während westliche Messer eher einen beidseitigen Schliff ähnlich einer V-Form aufweisen. Ersteres erlaubt eine höhere Präzision beim Schneiden, was besonders für lange und gleichmäßige Schnitte bei Fisch oder Gemüse geeignet ist. Weiterhin besitzen japanische Messer häufig einen hölzernen Griff und werden aus härterem, nicht rostfreiem Stahl geschmiedet. Dieser ist zwar spröder, bietet jedoch eine bessere Schnittfestigkeit.
Für japanische Chefköche ist die Wahl des richtigen Messers von höchster Bedeutung, denn es gilt quasi als Verlängerung des eigenen Körpers. Sie verbringen Jahre damit, allein die Handhabung zu erlernen und zu perfektionieren. Die hauchdünnen, empfindlichen Schneidkanten erfordern auch im heimischen Gebrauch eine gute Pflege durch korrekte Hilfsmittel, denn nur so halten die Messer wirklich ein Leben lang.
Japanische Messerarten
Sehen wir uns sieben japanische Messerarten, ihre Merkmale sowie Verwendungszwecke genauer an.
1. Santoku: Das Allzweckmesser
- Klingenlänge: 14 – 18 cm
- Geeignet für: Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst, Kräuter
Das Santoku-Messer ist ein wahrer Küchenheld: Mit dem beidseitig geschliffenen Alleskönner und seiner charakteristischen stumpfen Oberkante lassen sich Fleisch, Fisch, Gemüse oder Obst problemlos schneiden und hacken. Aufgrund der einfachen Handhabung und Vielseitigkeit ist das Messer der “drei Tugenden” (ein Name, den es aufgrund seiner guten Eigenschaften beim Schneiden von Fleisch, Fisch und Gemüse bekam) auch für Einsteiger eine gute Wahl und gehört in jede Küche. Wer etwas mehr Geld in das Santoku-Messer investiert, wird für viele Jahre kaum ein anderes benötigen.
2. Gyūtō: Das Kochmesser
- Klingenlänge: 18 – 30 cm
- Geeignet für: Fleisch, Fisch
Obwohl das Gyūtō ein wichtiges und viel verwendetes Werkzeug ist, ist es hierzulande eher unbekannt. Etwas schmaler und länger als das Santoku, eignet sich das beidseitig geschliffene Messer besonders für große Fleisch- und Fischstücke, z. B. zum Zertrennen von Fett, Haut oder Sehnen, aber auch für andere Arbeiten. Anders als westliche Kochmesser ist diese Klinge etwas schmaler, leichter und deutlich schärfer – ein praktischer Alleskönner für Amateur- und Profiköche.
3. Petty: Der kleine Allrounder
- Klingenlänge: 9 – 15 cm
- Geeignet für: Obst, Gemüse
Auch dieses kleine Küchenwunder darf in der heimischen Küche nicht fehlen. Mit dem handlichen Petty-Messer und seiner sehr scharfen, meist beidseitig geschliffenen Klinge kann man wunderbar Obst und Gemüse schälen oder schneiden. Durch die spitz zulaufende Klinge gelingen sogar filigrane Schnitzereien und Verzierungen, doch auch kleinere Fisch- und Fleischstücke lassen sich damit verarbeiten und filetieren.
4. Nakiri: Das Gemüsemesser
- Klingenlänge: 16 – 18 cm
- Geeignet für: Gemüse, Kräuter
Dieses traditionelle Messer besitzt eine breite Klinge, die beidseitig und sehr scharf geschliffen wird, und dient vor allem zum Hacken und Schneiden von Gemüse. Entgegen seiner rechteckigen Form, die dazu verleitet, es wie ein Hackbeil zu benutzen, sollte man es nicht zum Durchtrennen von Knochen und Gräten oder zum Schneiden von Gemüse bzw. Obst mit harter Schale benutzen, denn die Schneidkante ist sehr empfindlich. Die einseitig geschliffene Version dieser Messerform nennt sich Usuba.
5. Deba: Das Fischmesser
- Klingenlänge: 12 – 24 cm
- Geeignet für: Fisch, Fleisch
Deba-Messer sind robust, sehr scharf und relativ schwer. Ihre breiten Klingen finden vor allem bei der Verarbeitung von Fisch, aber auch Fleisch Anwendung, da man mit ihnen mühelos Knochen und Gräten durchtrennen kann. Daher eignet sich dieses stabile Messer sehr gut fürs Ausbeinen und Hacken, wobei man eine “schlagende” Handbewegung vermeiden sollte (stattdessen presst man die Klinge mit der Hand auf das Schnittgut). Die einseitig geschliffene Klinge gewährleistet zudem eine gerade und präzise Schnittführung.
6. Yanagiba: Das Sashimi-Messer
- Klingenlänge: 20 – 33 cm
- Geeignet für: Fisch
Seine schlanke, spitz zulaufende Form ist optimal zum Filetieren von rohem Fisch, daher ist das Yanagiba ein wichtiger Helfer für Sushi-Köche. Mit der langen und äußerst scharfen Klinge schafft man es mühelos, den Fisch in hauchdünne und feine Scheiben zu schneiden. Das Zubereiten der Sashimi-Scheiben erfordert jedoch ein wenig Übung.
7. Menkiri: Das Nudelmesser
- Klingenlänge: 24 – 33 cm
- Geeignet für: (Nudel-)Teig
Dieses Spezialmesser kommt in der traditionellen Herstellung japanischer Nudelsorten wie Soba und Udon zum Einsatz. Das Menkiri ist extrem scharf, dessen sehr breite Klinge bis zum Ende des Griffs reicht. Der Nudelteig wird flach ausgerollt, gefaltet und anschließend mit dem Messer in dünne Nudeln geschnitten. Das relativ hohe Gewicht hilft dabei, den Teig in einem Zug zu durchtrennen.
In Japan finden sich auch heute noch zahlreiche Schmieden, die sich der traditionellen Herstellung japanischer Messer verschrieben haben. Vor allem die Stadt Seki in der Präfektur Gifu oder Sakai in der Präfektur Ōsaka gehören zu den berühmten Messer-Städten des Landes. Wenn Sie also in der Nähe sind, sollten Sie es sich nicht entgehen lassen, eines dieser hochwertigen Messer aus traditioneller Herstellung zu erwerben (sofern Ihr Geldbeutel mitspielt).
Lesen Sie hier mehr über das historische Sakai:
Dieser Artikel erschien in gekürzter Form in der Juli-Ausgabe des JAPANDIGEST 2021. Er wurde für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet.
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