Mit ihren Details und Applikationen, Formen und Farben sind Fächer von zeitloser Eleganz. Das Spektrum an Variationen wirkt auf den ersten Blick schier grenzenlos. In Japan unterteilt man sie in zwei Hauptarten – uchiwa (団扇) und ōgi (扇). Während der Ursprung des uchiwa sich auf das China der Tang-Dynastie (618-907) zurückführen lässt, als erstmals runde Handfächer mit Seidenbezug (chin. tuánshàn, 团扇) in Mode kamen, gilt der ōgi als japanisches Kulturgut der frühen Heian-Zeit (794-1185).
Durch ihr jeweils markantes Aussehen sind uchiwa und ōgi leicht voneinander zu unterscheiden. Zu den ōgi zählen sämtliche Arten von Faltfächern. Der uchiwa ist hingegen an seiner runden Form erkennbar und wird auch Blattfächer genannt. Mit den chinesischen Rundfächern aus der Tang-Dynastie hat der heutige uchiwa optisch aber nicht mehr viel gemein.
Die Besonderheiten des uchiwa
Runde Fächer wurden erstmals in der Nara-Zeit (710-794) nach Japan importiert. Während dieser geschichtlichen Epoche war der kulturelle Einfluss Chinas besonders präsent. Doch aus den chinesischen Fächern entwickelten sich mit der Zeit neue und einzigartige Modelle. Der japanische uchiwa lässt sich heute in drei große Arten einteilen. Traditionell werden sie alle aus Bambus und Papier hergestellt, wobei die Ausprägung ihrer runden Form variieren kann. So gibt es auch ovale oder leicht eckige Modelle. Identisch zueinander sind sie dennoch nicht.
Kyō-uchiwa (京うちわ)
Wie der Name bereits andeutet, kommt die erste Variante des uchiwa aus Japans kultureller und traditioneller Hochburg Kyōto. In der frühen Muromachi-Zeit (1336-1573) soll dieses Modell seinen Weg von Korea nach Japan gefunden haben. Er zeichnet sich durch seinen besonderen Griff aus, der separat hergestellt und anschließend mit dem Fächerblatt verbunden wird. Das Papier wird vom aufgefächerten Bambus zwischen den beiden Seiten stabilisiert.
Bōshū-uchiwa (房州うちわ)
Der bōshū-uchiwa stammt aus der Präfektur Chiba. Seine Anfertigung erfolgt in über 20 Schritten. Man stellt ihn aus einer einzelnen Bambusstange her, die am oberen Ende mehrfach in dünne Streifen geschnitten und mit einem eingeflochtenen Band aufgefächert wird. Durch ein Loch im Griff wird ein weiteres Stück Bambus (yumi) geschoben, das dem Fächer am Ende seine runde Form gibt. Die Rückseite wird anschließend mit weißem, die Vorderseite mit buntem Papier versehen. Er kann auch mit Papier beklebt werden, das mit der Shibori-Technik gefärbt wurde. Die Besonderheit ist, dass der Bambus-Griff seine natürliche Form behält.
Marugame-uchiwa (丸亀うちわ)
Die Anfertigung dieses Fächers (auch bekannt als sanuki-uchiwa) erfolgt in ähnlichen Schritten wie beim bōshū-uchiwa – mit dem prägnanten Unterschied, dass der Griff des marugame-uchiwa gehobelt und glattgeschliffen wird. Das Material verliert somit seine runde Ursprungsform. In der Stadt Marugame (Präfektur Kagawa) hat sich diese Form bereits in der Edo-Zeit (1603-1868) entwickelt. Zunächst waren die Fächer ein Souvenir für Pilger, die den Kotohira-Schrein aufsuchten. Heute werden 90% aller japanischen Fächer in Marugame hergestellt.
Der runde Fächer als Werbemittel und Merchandise
Abseits seines traditionellen Gebrauchs hat sich der uchiwa durch seine flache Form heute zu einem beliebten Werbemittel entwickelt. Anstelle von Bambusholz bestehen diese Fächer meistens aus Plastik. Besonders bei Festen im Sommer werden sie den Besuchern an vielen Straßenecken in die Hand gedrückt und gerne angenommen – neben dem kühlenden Effekt an schwül-heißen Tagen, erreichen Unternehmen somit effektiv ihre potenziellen Kunden. Auch als Merchandise-Artikel auf Konzerten sind uchiwa beliebte Erinnerungsstücke.
Der ōgi in der japanischen Kultur
Japanische Faltfächer werden meist sensu (扇子) oder ōgi (扇) genannt. Im Gegensatz zum uchiwa, kommen sie in weitaus mehr kulturellen Bräuchen und offiziellen Zeremonien zum Einsatz. Sie bestehen meist aus Bambus- oder Zypressenholz, welches mit ziehharmonikaförmigem Papier (washi) oder Stoffen wie Baumwolle und Leinen bespannt wird. Je nach Anlass und Einsatzbereich variieren die Muster und Motive – die Möglichkeiten sind vielseitig.
In Japan entstanden Faltfächer bereits in der frühen Heian-Zeit (794-1185), als das heutige Kyōto die Hauptstadt des Landes war. Bis heute bezeichnet man dort hergestellte Fächer als kyō-sensu. Von Japan aus haben sie schließlich die gesamte Welt erobert.
Kazari-sensu (飾り扇子)
Faltfächer, die als Dekoration dienen, nennt man kazari-sensu. Die älteste Form des dekorativen Fächers ist der hi-ōgi (檜扇), welcher aus Zypressenholz (hinoki) gefertigt wurde und in der Heian-Zeit am Hof und bei Shintō-Priestern weit verbreitet war. Kazari-sensu sind meist mit sehr aufwendigen Mustern verziert und können als Schmuck aufgestellt oder an Wände gehängt werden.
Cha-sensu (茶扇子)
Eine besondere Form des Faltfächers ist der cha-sensu in der Teezeremonie. Er wird nicht geöffnet und liegt als Zeichen des Respekts zwischen Gast und Gastgeber auf der Tatami-Matte. Seine Position fungiert als Grenzlinie, die den persönlichen Raum markiert. Zudem wird er zur Begrüßung des Gasts genutzt.
Mai-ōgi (舞扇)
Mai-ōgi sind Faltfächer, die in Tänzen verwendet werden. Sie bestehen aus lackiertem Bambusholz und einem verstärktem Papier. Um die Handhabung zu vereinfachen, kann ein Stück Blei zwischen den Seiten am Griff versteckt werden.
Die Verwendungsmöglichkeiten von japanischen Fächern sind so vielseitig wie ihre Muster, Farben und Formen. In ihrer jahrhundertealten Geschichte sind sie in noch weitaus mehr Bereichen zum Einsatz gekommen und werden bis heute zurecht als ganz besonderes Kulturgut wertgeschätzt.
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