Nachdem sich in der Sengoku-Zeit (1467-1573) ehrgeizige Feldherren landesweit um die Vorherrschaft über das Inselreich bekriegt hatten, war mit der Einigung Japans durch Tokugawa Ieyasu eine neue Ära angebrochen. Die Edo-Zeit (1603-1868) wird von Historikern als eine Epoche des Friedens und der blühenden Kultur beschrieben, doch der Übergang zum neuen Herrschaftsmodell des Shōgunats verlief nicht ganz gewaltfrei. Die Shimabara-Rebellion ist eine der größten Aufstände der Epoche und verleitete das Shōgunat zu drastischen Maßnahmen. Doch was löste diese verheerenden Kämpfe aus und welche Folgen brachten sie mit sich?
Frieden oder Unterdrückung?
Nachdem Tokugawa Ieyasu zum Shōgun ernannt worden war, erließen er und seine Nachfolger zahlreiche Gesetze, um Rebellionen durch mächtige daimyō (Feldherren) vorzubeugen und eine dauerhafte Herrschaft zu sichern. Neben dem sankin kōtai, einem Kontrollsystem, das die daimyō dazu verpflichtete, ihr Leben zeitweise in Edo zu verbringen, waren sie außerdem aufgerufen worden, ihre Festungen auf eine einzige Hauptburg zu reduzieren.
Als 1612 der Okamoto-Daihachi-Vorfall zahlreiche Intrigen aufdeckte, in die christliche daimyō verwickelt waren, wurde das kinkyōrei eingeführt, welches die Ausübung christlicher Bräuche verbot. Noch strengere Züge nahmen die Gesetze gegen die christliche Bevölkerung mit dem Tod Ieyasus und der Herrschaftsübernahme durch dessen Sohn Hidetada an. So ließ Hidetada 1622 in Nagasaki 55 Christen, darunter Frauen und Kinder, gewaltsam hinrichten, um ein abschreckendes Beispiel für seine Härte zu setzen. Dieser Vorfall ist heute als genna no daijunkyō bekannt und sollte den ersten Grundstein für die Shimabara-Rebellion in Kyūshū legen.
Das Leid der Bauern
In der Edo-Zeit zählte die Halbinsel Shimabara noch zu Higo no kuni, einem Gebiet, das heute in etwa der Präfektur Kumamoto entspricht und ursprünglich vom christlichen daimyō Arima Harunobu verwaltet wurde. Dieser hatte jedoch im Zuge des Okamoto-Daihachi-Vorfalls sein Land verloren, woraufhin Matsukura Shigemasa die Kontrolle über die Region übernahm. Auf Geheiß des dritten Shōgun Tokugawa Iemitsu verschärfte Matsukura die Christenverfolgung und schüchterte die bäuerliche Bevölkerung durch Schikanen und Foltermethoden ein. So ließ er beispielsweise christliche Bauern auf den Vulkan Unzen bringen, wo er sie in den heißen Vulkandämpfen zu Tode quälte.
Unter der Regierung seines Nachfolgers Matsukura Katsuie wurden die Lebensbedingungen der Bauern durch Steuererhöhungen zusätzlich erschwert, um die Burg Shimabara vollständig renovieren zu lassen. Die Bevölkerung war nicht nur gezwungen, die jährlichen Steuern zu zahlen, sondern auch zusätzliche Abgaben für jedes Familienmitglied und jedes Möbelstück zu entrichten. Wer sich weigerte oder dazu nicht in der Lage war, musste Frauen und Kinder als Geiseln abgeben. Zur Bestrafung kam außerdem das mino odori (“Strohmantel-Tanz”) zum Einsatz, eine Foltermethode, bei der die Bauern einen mino (aus Stroh gefertigter Mantel) trugen, der in Brand gesteckt wurde.
Ein Messias verspricht Gerechtigkeit
Ungeachtet der harten Strafmaßnahmen hielten viele Bauern weiterhin am christlichen Glauben fest und entwickelten die Überzeugung, dass ein Messias das Volk aus seinem Elend erlösen würde. Dieser “Bote des Himmels” sollte Amakusa Shirō sein, ein damals 16-jähriger christlicher Krieger, der die Unterdrückung seiner Mitmenschen nicht länger hinnehmen wollte. Über Amakusa Shirō (Geburtsname Masuda Tokisada) ist wenig bekannt. Er wurde 1621 im heutigen Kami-Amakusa (Präfektur Kumamoto) als Sohn des katholischen Konishi-Clanmitglieds Masuda Jinbei geboren und als liebenswürdiger sowie allseits beliebter junger Mann beschrieben.
Schon in seiner Jugend hatte er sich in der Bevölkerung einen Namen für seine „heilenden Fähigkeiten“ gemacht und galt als der “Vierte Sohn des Himmels”. Mit dem Vorsatz, der Gerechtigkeit endlich Genüge zu tun, erhob sich das Volk unter Amakusas Führung im Oktober 1637 mit Unterstützung einiger Rōnin (herrenlose Samurai) gegen den Matsukura-Clan und leitete so den Beginn des Shimabara-Aufstandes ein.
Der Widerstand der Bauern
Die Unruhen verbreiteten sich in der gesamten Region wie ein Lauffeuer, und die Aufständischen überrollten Burgen, Tempel und Verwaltungsgebäude mit der Wucht eines Tsunami. Um die Rebellion im Keim zu ersticken, schickte das Shōgunat im Dezember desselben Jahres Itakura Shigemasa, den Clanchef des Fukouzu-Clans, mit einer Strafkompanie nach Kyūshū. Amakusa und die Aufständischen verschanzten sich daraufhin zur Verteidigung in der Burg Hara (Präfektur Nagasaki). Obgleich die Streitkräfte des Shōgunats 20.000 Mann rekrutierten, gelang es ihm nicht, die Burg zu stürzen.
Immer wieder versuchte Itakura, die Aufständischen zu bezwingen, verlor dabei aber selbst 4.000 Mann. Da Itakura auch weiterhin keinen Erfolg erzielen konnte, ernannte das Shōgunat Matsudaira Nobutsuna zu dessen Nachfolger. Dieser entwickelte die Strategie, die Burg so lange zu belagern, bis die Vorräte an Lebensmitteln und Medikamenten erschöpft waren. Außerdem bat er holländische Handelsschiffe um Munitions- und Waffennachschub – eine Anfrage, der die protestantischen Handelsvertreter im Kampf gegen die Katholiken gerne nachkamen.
Als Matsudaira durch einen Verräter erfuhr, dass die Moral der Aufständischen aufgrund der schwindenden Lebensmittelvorräte gesunken war, unternahmen er und seine Verbündeten am 29. Februar 1638 einen letzten Angriff auf die Burg Hara. 37.000 Aufständische wurden getötet, der Rebellenführer Amakusa schließlich verhaftet und im Alter von nur 17 Jahren zum Tode verurteilt.
Sakoku als Folge der Rebellion?
Die Regierung zog allerdings auch Matsukura Katsuie zur Rechenschaft, dessen rücksichtslose Herrschaft für die aufgestaute Wut der Bauern verantwortlich war. Als Strafmaßnahme wurde der Matsukura-Clan degradiert, sein Anführer Katsuie zum Tode verurteilt. Da sich viele christliche Bauern und Krieger an der Rebellion beteiligt hatten, sah das Shōgunat die politische Sicherheit durch den Katholizismus bedroht und verschärfte die Maßnahmen gegen die Christen. Um Gläubige aufzuspüren, wurde der Brauch des fumi-e eingeführt, bei dem Beschuldigte gezwungen wurden, das Bildnis Jesu Christi oder der Heiligen Maria mit den Füßen zu zerstampfen, wenn sie sich vom Verdacht einer christlichen Zugehörigkeit befreien wollten.
Nach der Niederschlagung des Shimabara-Aufstandes wurde portugiesischen Schiffen die Einfahrt nach Japan verwehrt. Für Historiker war dies der letzte Schritt zum sakoku, der Isolation Japans von der Außenwelt. Erst sechs Jahre nach der Meiji-Restauration, im Jahr 1873, wurde diese Politik im Zuge der Wiederaufnahme zahlreicher Kontakte mit dem Ausland aufgehoben. Für die Christen, die ihre Religion über Generationen hinweg im Geheimen ausgeübt hatten, war dieser Schritt sicherlich von großer Bedeutung. Dennoch ist die grausame Herrschaft des Matsukura-Clans nie in Vergessenheit geraten, und bis heute erinnert sich die Bevölkerung mit großer Bewunderung an den jungen Krieger, der ein Bauernheer in der Hoffnung auf mehr Gerechtigkeit anführte.
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