Ja, es gibt Weihnachten in Japan – aber es hat wenig mit der christlichen Tradition zu tun! Anfang Dezember fangen auch die japanischen Städte an, die Weihnachtsbeleuchtung aufzuhängen. Die Schaufenster sind plötzlich weihnachtlich dekoriert. Auch wird in vielen Familien mit Kindern ein Baum aufgestellt – allerdings kein echter mit Nadeln und Tannenduft, sondern aus Plastik.
Am 24. kommt der Weihnachtsmann und bringt Geschenke – sehr deutsch. Der Weihnachtsmann aber heißt nach US-amerikanischem Zipfelmützenträger-Vorbild santa kurōsu サンタクロース und auch Weihnachten selbst wird kurisumasu クリスマス von christmas genannt.
Unterschiede zum deutschen Weihnachten
Während in Deutschland beim Weihnachtsfest die ganze Familie zusammenkommen soll, verbringt man in Japan den Tag meistens mit dem Partner. Diese Tradition entstand in den 1980ern während der Bubble Economy, als in Japan Weihnachten erstmals zum Verkaufsargument wurde.
Dieser Trend wurde und wird bestärkt durch Fernsehserien und Werbung: Überall werden Pärchen gezeigt, die gemeinsam Weihnachten verbringen. Auch die Zeitschriften veröffentlichen zahlreiche Artikel, die kuschelige Restaurants und Hotels vorstellen, in denen Pärchen am schönsten Weihnachten feiern.
Die weihnachtliche Liebe, die Nächstenliebe, wurde in Japan also umgedeutet zur romantischen Liebe – und viele Japaner sind bereit, für ein solches Weihnachtsfest einen ordentlichen Betrag auszugeben.
Das Konzept ist natürlich ein Problem für Singles – die können an Weihnachten nicht schön weggehen. Überall sind Pärchen. Die Restaurants sind ausgebucht. Und selbst wenn man einen Platz ergattert, kommt man wahrscheinlich nicht so recht in Weihnachtsstimmung… Und so ist Weihnachten auch in Japan ein Tag, den man nur schwer alleine verbringen kann.
Deshalb häufen sich zum Jahresende in den Zeitschriften und im Internet die Artikel für diese Zielgruppe: „Wie finde ich vor Weihnachten noch einen Partner?“ Diese merkwürdige Entwicklung hat natürlich nichts mehr damit zu tun, an Weihnachten die Geburt Jesu Christi zu feiern. Viele Japaner wollen sich zudem nicht mehr dem Kauf- und Geschenkezwang unterwerfen, sodass es auch eine anti-weihnachtliche Strömung gibt.
Interkulturelle Weihnachtsstimmung
In den letzten Jahren sprießen deutsche Weihnachtsmärkte in Japan wie die Schneeglöckchen aus dem Boden. Zwar haben die japanische und die deutsche Art, Weihnachten zu feiern, wenig gemein, aber die Japaner genießen es, auf den Märkten „deutsche Weihnachtsstimmung“ zu erleben.
Besonders der Markt in Yokohama ist sehr bekannt und beliebt. Er steht vor dem Yokohama-Speicher (Yokohama akarenga sōko), einem über hundert Jahre alten Lagerhaus, das aus roten Ziegeln erbaut ist – und mit seiner westlichen Erscheinung die perfekte Kulisse für einen deutschen Weihnachtsmarkt liefert.
Der Weihnachtsmarkt findet seit 2010 statt. Yokohama unterhält eine Städtepartnerschaft mit Frankfurt am Main – der Weihnachtsmarkt gehört zu den gemeinsamen Aktivitäten dieser Verbindung.
Hier können Japaner alles probieren und erstehen, was in Deutschland die Adventszeit und das Weihnachtsfest begleitet: Stollen und Baumkuchen, Weihnachtspyramiden, Baumschmuck und Krippen.
Am beliebtesten sind bei den japanischen Weihnachtsmarkt-Besuchern aber die deutschen Würstchen. Natürlich haben ein halber Meter Bratwurst und Glühwein auch in Deutschland nur wenig mit Jesus’ Geburt zu tun – aber Spaß macht beides Japanern und Deutschen gleichermaßen!
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten beziehungsweise メリー・クリスマス wünscht JAPANDIGEST!
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