Laura hat in Japan schon viel erlebt – immerhin hat sie fünf Jahre dort gelebt und gearbeitet. Ihre schönste Erfahrung, sagt sie, war aber die Teilnahme am Sanja Matsuri in Tōkyō im Mai 2016 (lesen Sie hier mehr über das Festival). Nicht nur als Besucherin – auch das ist schon spektakulär genug – nein, sie durfte sogar einen der Mikoshi mittragen!
Die tragbaren Minischreine wiegen mehrere hundert Kilo und werden zum Sanja-Fest durch die Viertel rund um den Sensō-ji-Tempel getragen. Das soll Glück und eine gute Ernte bringen. Organisiert werden die Paraden von den Nachbarschaftsvereinigungen der Viertel (chōkai 町会).
Das Besondere: Normalerweise tragen nur Männer die Schreine. Frauen und Nicht-Japaner sind eine auch in Japan viel beachtete Ausnahme unter den Mikoshi-Trägern!
Wie ist das also, so tief in die japanische Kultur einzutauchen, indem man bei so einem wichtigen Volksfest teilnimmt? Laura erzählt mit Fotos von dieser beeindruckenden (aber auch sehr anstrengenden!) Erfahrung.
Wie nimmt man am Sanja Matsuri teil?
Laura: „Ich durfte teilnehmen, weil einer meiner Freunde im Viertel Iriya wohnte, dort gute Beziehungen zur Nachbarschaftsvereinigung hat und mich vorschlug. Iriya hat nämlich nicht nur einen Mikoshi für Männer, sondern auch einen für Frauen. Trotzdem musste ich mich noch dem Vorsitzenden der Nachbarschaftsvereinigung vorstellen, der dann meine Teilnahme erlaubt hat.“
Vorbereitungen für eines der größten Volksfeste Japans
„Die Teams, die die Mikoshi während des Sanja Matsuri durch Asakusas Straßen tragen, bereiten sich das ganze Jahr darauf vor. Das sind richtige Profis – und das müssen sie auch sein! Der Mikoshi wiegt mehrere hundert Kilo und muss während der Parade die ganze Zeit im Takt geschaukelt werden.“
Welche Bedeutung haben die Kimono-artigen Jacken?
„Die Festival-Jacken, sogenannte Happi, unterscheiden sich von Viertel zu Viertel und von Gruppe zu Gruppe. Aber auch die Erfahrung der Mikoshi-Träger spielt eine Rolle: Wer länger dabei ist, darf auffälligere Muster tragen.
Ich musste nach der Hälfte der Veranstaltung meinen Happi wechseln, weil man mir ausversehen einen für Routiniers gegeben hatte! Der Happi für Anfänger, den ich im nächsten Bild trage, ist auch viel blasser als dieser hier. Die Dame vor mir ist schon lange dabei, wie man an ihrem Happi erkennt.“
Zentrum des Festivals: Sanja Matsuri am Sensō-ji-Tempel in Asakusa
„Obwohl die Nachbarschaftsvereinigung das ganze Jahr geübt hatte, durften wir Ausländer und die jungen Mädchen den Mikoshi tragen, als wir zum Sensō-ji-Tempel kamen. Da sind die Menschenmassen und die Aufmerksamkeit am größten, das war also eine große Ehre – und es war so schön zu sehen, wie dort alle mitgetanzt haben und begeistert waren!
Da war ich allerdings schon zehn Stunden auf den Beinen und musste mich sehr konzentrieren, um die Bommeln am Mikoshi noch ordentlich im Takt mitwippen zu lassen…“
Wie es war, beim Sanja Matsuri einen Mikoshi mitzutragen
„Das Japanischste an dieser Erfahrung war, richtig zu gambatten. Das Wort gambaru bedeutet durchhalten und weitermachen, und wenn man anderen ein erfolgreiches Ohren-steif-halten wünscht, sagt man auch Gambatte kudasai.
Die Japaner haben mir immer wieder gesagt: Lass dir nicht ansehen, wie anstrengend es ist, den Mikoshi zu tragen! Du musst soviel wie möglich lachen! Das habe ich auch probiert, aber wie man oben im Bild sehen kann, war ich am Ende ziemlich fertig. Ich habe an diesem Tag sehr viel gambattet! Meine japanischen Mitstreiter auch, aber die sahen auch am Abend noch so mühelos aus wie am Morgen.
Die Japanerinnen wissen natürlich auch schon, wie man den Mikoshi trägt: Sie hatten alle Handtücher als Kissen für die Schulter dabei. Noch dazu bin ich aber ziemlich groß, sodass ich extra viel Gewicht stemmen musste – und man wechselt die Schulter während des ganzen Tages nicht!“
„Eigentlich sollte ich zwei Tage teilnehmen, ich habe aber nur einen geschafft, weil mir am Abend die Knie und die linke Schulter so wehtaten! Der blaue Fleck an meiner Schulter hat in den Tagen nach dem Festival die schönsten Farben entwickelt.“
Meine schönste Japan-Erfahrung
„Es war ein superanstrengendes, aber auch das tollste Erlebnis, das ich in Japan hatte. Es war wunderbar, dass die ganze Gruppe und alle Besucher immerzu begeistert waren und mitgetanzt haben. In Deutschland vermisse ich es, mich auf diese Weise als Teil eines großen Ganzen zu erleben. Es war fantastisch, abends auf den Tag zurückzublicken und zu wissen, was ich für mich, für die Gruppe und für das Sanja Matsuri geleistet habe.“
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