Verkleidete Kinder, die von Tür zu Tür laufen und mit dem Spruch „Süßes, sonst gibt’s Saures!“ Naschereien einfordern – dieses Bild von Halloween, wie es unter anderem aus den USA bekannt ist, findet man in Japan kaum. Trotzdem ist dort der Brauch, Halloween ausgiebig zu feiern, seit den 2000ern stark ausgeprägt – wenn auch anders, als man das aus Filmen kennt.
Wenn Anfang Oktober in Deutschland schon die Lebkuchen und Adventskalender in Supermarktregalen die Weihnachtszeit einläuten, bereitet sich Japan auf den 31. Oktober vor. Herbstlich-gruselige Dekorationen, Snacks und allerlei Krimskrams mit Halloween-Bezug breiten sich aus und verkünden überall das Gefühl, dass sich da etwas anbahnt – obwohl Halloween, in seiner ursprünglichen Bedeutung, zum Vertreiben von Geistern und anderen bösen Wesen in dieser Form keinen Bezug zu Japan hat.
Begonnen hat alles 1997 im Disneyland in Tōkyō, wo in dem Jahr erstmals eine Veranstaltung zu Halloween stattfand. Kostümierte Besucher konnten an einer Halloween-Parade teilnehmen und schienen Gefallen daran zu haben. Denn alsbald boten auch andere Freizeitparks, unter anderem das nicht minder beliebte Universal Studio Japan in Ōsaka, ähnliche Veranstaltungen an.
Straßenpartys und Kostümierung
Mit der sich aus den Freizeitparks ausbreitenden Kommerzialisierung von Halloween, wurde das Fest im Alltag immer präsenter. Halloween-Dekorationen in Geschäften und Restaurants sind im Herbst auch vor dem letzten Oktobertag nichts Ungewöhnliches. Allerlei Produkte werden nach jahreszeitlicher Manier im niedlichen oder gruseligen Halloween-Look verkauft, einschließlich vorgefertigte Kostüme.
Denn abgekehrt von dem kulturellen Hintergrund Halloweens, dient das Fest in Japan hauptsächlich als Aufhänger für Kostümpartys und andere Festivitäten. Insbesondere in Tōkyō ist der Trubel in der Woche von Halloween und am 31. Oktober selbst enorm. Ganze Straßenzüge in der Innenstadt dienen als Bühne für Verkleidete – sehen und gesehen werden, mit Freunden und Fremden feiern; Spaß und Unterhaltung stehen an erster Stelle.
Im Geburtsland von Cosplay ist die Kostümierung zu Halloween natürlich nicht zu selten ein Spektakel. Sexy, süß, spukhaft-gruselig – vorgefertigte Kostüme sind ebenso präsent wie selbstgemachte und ein absoluter Hit sind Gruppenkostümierungen, die sich um ein Thema drehen. Neben dem Trend der immer ausgefalleneren Kostüme entwickelte sich jedoch auch eine interessante Subkultur: Unter dem Begriff Jimi Halloween (地味ハロウィン, Schlichtes Halloween) feiern alle, die keine Lust oder keinen Nerv auf kompliziertes Kostümwerk haben, oder die den mit diesen verbundenen Rummel schlichtweg vermeiden wollen. Die Kostüme sind so alltäglich, dass man sie ohne Erklärung kaum verstehen kann – und führen dennoch die Tradition fort, sich zu verkleiden.
Chaos und Krawalle
Insbesondere in Shibuya, dem Halloween-Party-Hotspot, kam es in den letzten Jahren vermehrt auch zu Ausschreitungen, weshalb dort 2019 ein offizielles Verbot von öffentlichem Alkoholkonsum verhängt wurde. Trotz der starken Präsenz von Polizei und Ordnungsmaßnahmen sind die zehntausenden Besucher schwer zu kontrollieren. 2018 kam es zu mehreren Festnahmen, Vandalismus und es wurde gar ein Kleintransporter umgekippt. Trotz der enormen Besucherzahlen sind kriminelle Delikte jedoch vergleichsweise gering und die Bereitschaft von Freiwilligen, rund um Halloween den auf den Straßen liegengebliebenen Müll aufzuräumen, ist groß. Trotz des Alkoholverbots in der Öffentlichkeit wird die Feierwut in Tōkyō wohl nicht abreißen.
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