Das Wort Kimono setzt sich aus den Wörtern „anziehen“ und „Gegenstand“ zusammen und bezeichnete ursprünglich jegliche Form von Kleidung. Der heute bekannte Kimono existiert mit kleinen Abwandlungen seit der Heian-Zeit (794-1185). Bis zur Öffnung Japans und der damit verbundenen Anpassung an den Westen ab 1854 war der Kimono das Hauptkleidungsstück für Japanerinnen und Japaner. Adel und Kriegerkaste trugen aufwändigere, mehrlagige Kimono – Bürger, Bauern, Handwerker und Händler alltagstauglichere. Bis heute sind an Form, Material, Muster und Farbigkeit des Kimonos sozialer Stand und Anlass ablesbar.
Heutzutage tragen viele Japanerinnen nur selten Kimono und brauchen darum Unterstützung beim Ankleiden. Zu Anlässen wie Volljährigkeit, Universitätsabschluss, Hochzeiten oder anderen großen Feiern mietet man hochwertige Kimono und lässt sich diese von einem Profi anlegen.
Aber auch Kimono-Kurse boomen in den letzten Jahren in Japan. Ältere Damen besuchen im Kimono die Oper oder Museen. Jüngere Japanerinnen treffen sich zu Kimono-Challenges, die bestimmte Themen für das Ensemble vorgeben. So haben sich in den letzten Jahren in Japan zwei Bereiche etabliert: Einerseits ist der Kimono ein kunstvoller Luxusgegenstand, andererseits hat sich ein lebhafter Markt für Second Hand-Kimono entwickelt.
Einfach geschnitten, schwierig anzuziehen
Alle Kimono-Typen zeigen im ausgebreiteten Zustand eine simple T-Form. Beim kitsuke, dem Anlegen und Tragen des Kimonos, kommt es vor allem auf eine zylindrische Silhouette an. Diese Form gilt aktuell als besonders attraktiv. Körperrundungen werden entsprechend ausgepolstert und gestreckt. Hier wird deutlich: Nicht die Körperlichkeit wird betont, sondern die Kunstfertigkeit des Kleidungsstückes.
Ein Kimono-Ensemble setzt sich aus vielen Einzelteilen zusammen. Die folgende Liste nennt nur die Basics!
Bestandteile eines Kimono-Ensembles
Sichtbar
- Kimono (Übergewand)
- obi (Gürtel, wird am Rücken kunstvoll geknotet)
- obi-age (ein Schal, der oben ein wenig aus dem Obi hervorschaut)
- obi-jime (schmales Band, das über dem Obi gebunden wird)
- weiße tabi-Socken (mit extra „Täschchen“ für die Großzehe) und zori– oder geta-Sandalen (mit Holzsohle und Zehensteg) – zu modernen Ensembles ist aber auch westliches Schuhwerk wie Ballerinas oder Stiefel erlaubt
Unsichtbar
- juban (Untergewand, meist aus dünner Baumwolle, dessen Kragen unter dem Kimono ein wenig hervorblitzt; wird über der Unterwäsche getragen)
- Hilfsbänder, die den Stoff von juban und Kimono am richtigen Platz halten: date-jime (breites Taillenband, gibt es für Eilige auch mit Klettverschluss), koshihimo (dünne Hilfsbänder), kōrin belt (Gummiband mit Clips, das ein Aufklaffen des Ausschnitts verhindert)
- obi-ita (steifes Polster, das der Taille eine gerade Form verleiht)
- obi-makura (Schaumstoffpolster, das den Knoten des obi am Rücken stabilisiert)
Form, Muster, Farben, Anlässe
Es ist Teil der Kimono-Etikette, Form, Farben und Muster passend nach Anlass und Jahreszeit auszuwählen. Viele Kimono sind mit jahreszeitlichen Naturmotiven verziert. Einen Kimono mit Kirschblütenmuster würde man beispielsweise Mitte März tragen, kurz vor der eigentlichen Hanami-Saison Anfang April. Es gibt aber auch Kimono, die Pflanzen aus allen vier Jahreszeiten zeigen und darum ganzjährig getragen werden können. Das gilt auch für geometrische Muster.
Es gibt verschiedene Typen von Kimono, die auf den sozialen Stand der Trägerin, den Förmlichkeitsgrad und den Anlass schließen lassen.
Kimono-Varianten
- Furisode („Schüttelärmel“; Kimono mit langen Ärmeln für junge Frauen, der zu wichtigen Feiern getragen wird – je bunter, desto jünger ist die Trägerin)
- Kurotomesode (kuro bedeutet Schwarz; der Kimono ist nur unterhalb der Taille verziert, oberhalb des obi zeigt er fünf mon 紋 (Familienwappen). Sehr förmlich, wird von verheirateten Frauen zu festlichen Anlässen getragen)
- Hōmongi („Kimono für Besuche“; ebenfalls sehr förmlich, beispielsweise für Opernbesuche geeignet. Wird von verheirateten und ledigen Frauen getragen. Muster sind im Schulterbereich und unterhalb des obi platziert)
- Iromuji („einfarbig“; wird häufig zur Teezeremonie getragen)
- Komon („kleingemustert“; Alltagskimono, der mit einem eleganten obi auch für schickere Anlässe aufgewertet werden kann)
- Hakama (plissierte Hosen; getragen von Männern, bei Kampfsportarten wie Kendō, aber auch von jungen Frauen zum Universitätsabschluss oder in scharlachrot von miko-Priesterinnen in Shintō-Schreinen)
Verschiedene Web- und Färbetechniken
Typische Materialien für Kimono sind Seide für die Übergangsjahreszeiten und Wolle für den Winter. Fast jede Region in Japan besitzt ihre eigene Tradition der Kimono-Herstellung. Matsusaka momen ist ein Baumwollstoff aus der Stadt Matsusaka in der Präfektur Mie mit 1500 Jahren Tradition. Diese Kimono werden mit Indigo gefärbt und erinnern an Jeansstoff. Gelegentlich werden ungewöhnliche Materialien verwendet. Kimono-Künstler aus der südlichsten Präfektur Okinawa verweben beispielsweise die Fasern von Bananenstauden. Dieser Stoff heißt bashōfu. Kimono aus Polyester wiederum sind sehr günstig zu haben und natürlich auch leichter zu reinigen.
Yukata – kleine Schwester des Kimono
Geht man in den Sommermonaten in Japan auf ein Volksfest matsuri, tragen fast alle Besucher Yukata. Yukata werden aus leichtem Baumwollstoff gefertigt und kommen im Gegensatz zum Kimono ohne Untergewand aus. Auch die Muster sind weniger formell: Frauen tragen Schmetterlinge, Libellen, Bambus oder buntes Feuerwerk. Moderne Designs verzichten auf den Bezug zur Jahreszeit und verwenden die für den Frühling typischen Kirschblüten oder Pfingstrosen. En vogue sind auch lustige Varianten, die beispielsweise Pizza-Stücke im Comic-Design zeigen. Modelle für Männer sind in dunkleren Tönen wie Blau oder Grau gehalten. Der hanhaba-obi des Yukata ist dabei schmaler als der obi für den Kimono.
Das Tragen eines Yukatas ist ein besonderes Erlebnis: Zwischen Verkaufsständen flanieren, Takoyaki (Tintenfischbällchen) essen, dem Sommer-Feuerwerk zuschauen – das wird im Yukata zu einer ganzheitlichen Erfahrung. Yukata-Anfänger, die ein Matsuri besuchen möchten, nehmen am besten einen Einkleideservice in Anspruch. Einfach im Internet unter Angabe des Aufenthaltsortes in Japan nach „Yukata dress up“ suchen, um Englisch sprechende Anbieter zu finden, die komplette Ensembles verleihen. Danach lässt man sich komfortabel vom Taxi zum Festort bringen.
Kimono und Yukata in Deutschland
Kimono und Yukata sind tolle, farbenfrohe Mitbringsel von einer Japan-Reise. Dabei sind Yukata um einiges günstiger und mit Hinblick auf das zugelassene Koffergewicht auch leichter. Die Einkaufsstraße Nakamise im Asakusa-Viertel in Tōkyō bietet eine große Auswahl. Die Preise liegen inklusive obi zwischen 4.000 und 8.000 Yen. Auch gibt es japanweit viele Second Hand-Shops. Wer den Yukata zuhause nicht nur als Morgenmantel, sondern beispielsweise auf dem Japan-Tag in Düsseldorf tragen möchte, findet online viele Video-Anleitungen zum Binden des obi. In deutschen Großstädten gibt es mittlerweile auch immer öfter Kimono- und Yukata-Clubs, die sich treffen, um das Einkleiden zu üben und gemeinsam Zeit in diesen japanischen Kleidungsstücken zu verbringen.
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