Wie in westlichen Kulturen auch, umfassen japanische Hochzeiten eine Vielzahl von Elementen und Phasen, die zum eigentlichen Akt der Heirat führen. Die folgenden Beschreibungen zeigen Ihnen die zehn wichtigsten Traditionen, die wir aus Europa so nicht kennen.
Die Verlobung: Yuino
Bei dem Wort Verlobung könnte man daran denken, wie der Mann die Eltern seiner zukünftigen Braut von sich zu überzeugen versucht, bevor er dann mit Blumen, einem teuren Ring und dem obligatorischen Kniefall den Antrag macht. In Japan ist der eigentliche Antrag allerdings nicht so wichtig wie yuino, die Verlobungszeremonie, wo die Familien des Brautpaares symbolische Geschenke austauschen. Diese Geschenke können zum Beispiel Meeresalgen sein, die ein Symbol für Vergnügen und Freude sind, oder ein Fächer, den man ausbreiten kann und der das zukünftige Wachstum und Wohlstand der Familien kennzeichnet.
Außerdem stellt in dieser Zeremonie, wie auch im eigentlichen Hochzeitsteil in westlichen Kulturen, das Schenken von Geld eines der wichtigsten Geschenke dar. Es wird in einem speziellen Umschlag mit goldenen und silbernen Verzierungen überreicht, dem sogenannten shūgi-bukuro.
Die Einladung
Erwarten Sie keine “Save-the-Date-Karten” oder eine lustige Hochzeitseinladung von Ihren Freunden. In Japan werden Einladungen in Form von hübschen, traditionellen Karten und ziemlich kurzfristig verschickt (vielleicht zwei Monate vor der Hochzeit). Außerdem werden sie nicht etwa durch das Brautpaar selbst versendet, diese Aufgabe übernehmen gewöhnlicherweise die Väter. Die japanische Ausdrucksweise auf Hochzeitseinladungen ist sehr formell, weshalb Sie Ihre Antwort im selben Stil halten sollten. Für gewöhnlich wird eine weitere Karte beigefügt, die Sie zurücksenden um die Einladung anzunehmen oder Ihre Absage zu erteilen.
Bei Ihrer Antwort müssen Sie deutlich angeben, ob Sie kommen können oder nicht. Neben den förmlichen Umgangsformen beim Schreiben Ihrer Antwort, vergessen Sie außerdem nicht, das yuki (senden an) durchzustreichen und durch sama (Frau und Herr) unter der Adresse des Brautpaares zu ersetzen.
San-san-kudo
Das japanische Ritual des san-san-kudo ist sowohl bei buddhistischen als auch bei shintōistischen Hochzeiten gebräuchlich. Wörtlich übersetzt heißt es „drei, drei, neun Mal“ und beschreibt den Akt, bei dem dem Brautpaar drei gestapelte Sakebecher überreicht werden. Beide müssen jeweils drei Schlucke von allen drei Bechern nehmen.
Über die Bedeutung dieses Rituals gibt es unterschiedliche Meinungen. Einige glauben, dass die erste 3 für die drei Paare steht, das Brautpaar und ihre Elternpaare, gefolgt von einer weiteren Reihe von 3, welche die drei menschlichen Schwächen repräsentiert: Hass, Lust und Unwissen. Andere meinen, jeder Schluck symbolisiere Liebe, Weisheit und Glück.
Die Sitzordnung
Nach der Zeremonie versammeln sich die Familie und Gäste in einem Restaurant oder einem Bankettsaal, um das frischgebackene Ehepaar zu feiern. Was Ihnen auffallen wird ist, dass nicht etwa die Familie, Brautjungfern oder die engsten Freunde am nächsten zum Brautpaar sitzen sondern ihre Vorgesetzten und Kollegen. Auf die Mitarbeiter folgen Freunde, die in der Mitte des Raums sitzen. Eltern, Geschwister und andere Verwandte finden sich dagegen ganz am Ende des Raumes ein, wo die Neuvermählten sie kaum zu Gesicht bekommen.
Die Gastgeber
Zwar dürfte es auf europäischen Hochzeiten auch Gastgeber geben, doch werden Sie nirgends einen Empfang erleben, der so reibungslos über die Bühne geht wie in Japan. Vom Öffnen der Türen über den ersten Bissen vom Essen bis hin zu den Fotoaufnahmen – absolut nichts an dem Vorgang ist improvisiert. Alles ist geplant und Sie werden durch die gesamte Feier geführt ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen, was als nächstes passiert.
Ein riesiges Fass Sake wird zwar geöffnet und mit allen Anwesenden geteilt, doch Sie dürften das allgemeine Tanzen und Trinken von europäischen Hochzeiten vermissen. Zumindest können Sie sich jedoch sicher sein, dass Sie Ihren letzten Bus oder Zug bekommen werden, da Hochzeitsempfänge in der Regel nicht länger als zwei Stunden dauern und die Gastgeber Sie sicherlich daran erinnern werden, wann es Zeit ist, zu gehen.
Die Reden
Keine Hochzeit ohne Reden. Das gilt auch für Japan. Doch nachdem Sie zwei volle Stunden gesessen und allen möglichen Reden und Briefen zugehört haben, werden Sie sich inmitten einer heulenden Menge wiederfinden – und das in Japan, wo es als Mitgefühl empfunden wird, wenn man seine Emotionen verborgen hält.
Natürlich werden Sie auch lachen, wenn etwa die Chefs des Brautpaares ein paar Anekdoten von der Arbeit erzählen, doch spätestens nachdem der beste Freund seine Rede gehalten hat, werden auch Sie nach ihren Taschentücher greifen. Machen Sie sich darauf gefasst, ein vollkommenes Wrack zu sein, wenn der Bräutigam seinen Eltern dafür dankt, die besten Eltern zu sein, die man sich vorstellen kann.
Outfitwechsel
Im Verlauf des Empfangs gibt es diverse Pausen, die dem Brautpaar erlauben, sich zurückzuziehen und ihre Kleidung zu wechseln – in der Regel von Kimono zu Brautkleid und Smoking. Diesen Wechsel bezeichnet man als o-ironaoshi (Farbwechsel).
Während ihrer Abwesenheit können Sie sich ohne Unterbrechungen dem köstlichen Essen widmen. Man fragt sich allerdings auch, wann denn eigentlich das Brautpaar Zeit hat etwas zu essen!
Geschenke für Gäste
Eine weitere Tradition ist hikidemono, eine riesige Geschenktüte von den Neuvermählten und ihren Familien, um ihre Dankbarkeit dafür auszudrücken, dass ihre Gäste an ihrem großen Tag erschienen sind. Übliche hikidemono sind Süßigkeiten und kleinere Gegenstände, wie etwa Handtücher oder sogar wunderschön verarbeitete Teller, die alle hübsch und sorgfältig verpackt sind.
Da die Geschenktüten jedoch sehr schwer sein können, dürfen Gäste manchmal sogar von einem Katalog wählen und ihre gewünschten Geschenke direkt nach Hause senden lassen.
Die After-Party: Nijikai
Nach dem Empfang teilen sich Gäste nach Altersgruppen auf und die meisten jüngeren schließen sich dem nijikai an, was auf Japanisch After-Party bedeutet. In einer neuen Location mit noch mehr Essen und einer deutlich entspannteren Atmosphäre ist es jetzt an der Zeit, es so richtig krachen zu lassen.
Mit Spielen, Musik, Tanz und einigen Drinks wird das perfekte Umfeld für die Kuppelei unter jungen Japanern geschaffen. Der nijikai gehört nicht zum eigentlichen Empfang, weshalb Gäste normalerweise zwischen 5000 und 8000 Yen bezahlen, um an der Party teilzunehmen. Der Eintritt wird jedoch auch dazu genutzt, noch mehr Geschenke zu kaufen, die man während lustiger Spiele gewinnen kann.
Da Hochzeitsempfänge eine sehr große (und teure) Angelegenheit sind, werden einige Leute nur zur After-Party eingeladen, während andere direkt vom Empfang zum nijikai weitergehen.
Die After-After-Party: Sanjikai
Dieser abschließende Teil ist nur für die Frischvermählten und ihre engsten Freunde. Nach dem straffen Zeitplan kann sich das Brautpaar in bequemerer Kleidung endlich entspannen und in der Gesellschaft ihrer besten Freunde essen, mit denen sie vermutlich den ganzen Tag kein Wort geredet haben.
Dieser Part wird zwar nicht offiziell angekündigt, gehört aber genau so sehr zu den Hochzeitsbräuchen wie vorangegangenen formellen Schritte.
Dieser Artikel wurde am 15. Dezember 2016 für Japan Travel Centre verfasst und für die Veröffentlichung auf JAPANDIGEST von Yasemin Besir übersetzt und nachbearbeitet.
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