Japan 151 von Fritz Schumann aus dem Conbook-Verlag ist ein kompaktes, kleines Handbuch über Japan, das in 151 Kapiteln die Besonderheiten und Kuriositäten des Landes vorstellt.
Der Autor ist Fotojournalist und Filmemacher, was man dem Buch auch anmerkt, da jedes Kapitel mit einem passenden Foto abgerundet wird. Darunter finden sich einige wirklich sehr schöne Aufnahmen, daher ist das Buch nicht nur informativ, sondern bietet auch etwas fürs Auge. Wie Fritz Schumann im Buch selbst beschreibt, wurde er in Japan durch seinen Film über eine Puppenmacherin im Dorf Nagoro (auf der Insel Shikoku) bekannt, den er noch während seiner Studentenzeit drehte. Laut Klappentext ist er seitdem „regelmäßig im japanischen Fernsehen zu sehen“. Für deutsche und internationale Medien berichtet er demnach ebenfalls „aus und über Japan“.
Große Themenvielfalt
Die Themen des Buches sind sehr vielfältig: Von Anime über Fukushima bis hin zum Tennō und dem philosophischen Konzept wabi-sabi ist alles dabei. Es ist ein Versuch, dem Leser einen möglichst breiten Überblick über ein Land zu verschaffen, über das er bis dahin nur wenig Wissen hatte. Dieser Versuch gelingt auch zum Teil, aber als Leser sollte man sich bewusst machen, dass man solch komplexe Themen wie Bildung oder Japans Verhältnis zum Ausland nicht auf einer Seite komplett ausloten kann. Bei leichteren Themen wie beispielsweise der japanischen Lunchbox (Bentō) mag das jedoch gelingen.
In jedem Fall bietet das Buch einen Einstieg in die behandelten 151 Themen und kann dazu inspirieren, sich ausführlicher damit zu befassen. Wer zum ersten Mal eine Japanreise plant, bekommt durch das Buch schon einmal einen recht umfassenden Eindruck vom Land der aufgehenden Sonne und erfährt sicher einiges, was er oder sie bisher nicht wusste.
Unterhaltsames zu Mensch und Kultur
Das Buch liest sich dabei durchaus abwechslungsreich und unterhaltsam. Sehr interessant ist zum Beispiel das Kapitel über Architektur, wo der Autor beschreibt, wie die Konstruktion japanischer Häuser den klimatischen Verhältnissen im Land angepasst ist. Sehr nett liest sich auch das Kapitel „Essstäbchen“, das der Autor gekonnt mit einer Anekdote über seine eigenen, ersten Versuche, mit Stäbchen zu essen, einleitet.
Ein Highlight des Buches bietet das Kapitel „Nagoro. Im Tal der Puppen“, in dem der Leser etwas über das o.g. Filmprojekt erfährt. Da Schumann hier aus seinem eigenen Erfahrungsschatz schöpft und es sich um eine sehr ungewöhnliche Geschichte handelt, ist das Kapitel besonders interessant, daher wollen wir hier nicht zu viel verraten.
Die Kapitel, die sich dem Thema „Essen“ widmen, wie beispielsweise „Bento“, „Rāmen“ und „Sushi“ bieten einen Einblick in die kulinarische Vielfalt Japans und machen Appetit, diese selbst vor Ort zu erleben.
Schön ist auch, dass der Autor auch gesellschaftliche Themen wie „Otaku“ (die japanische Entsprechung eines „Nerds“) oder „Nadeshiko“ (das typisch japanische, weibliche Schönheitsideal) behandelt. Hier lässt sich der Autor nicht von Klischees beeinflussen, sondern hinterfragt diese kritisch. Die Aussage, dass sich jede Frau losgelöst von gesellschaftlichen Idealen wie dem der Nadeshiko ihren eigenen Weg sucht, klingt sehr ermutigend und der heutigen Zeit angemessen. Die Neuauflage des Buches von 2019 enthält auch ein Kapitel zur neuen Ära „Reiwa“, die im Mai 2019 die Heisei-Ära abgelöst hat.
Manches mit Vorsicht zu genießen
An einigen Stellen wird man als kundiger Leser jedoch etwas stutzig, da der Autor sich teilweise zu Pauschalurteilen hinreißen lässt, ohne diese in irgendeiner Form zu belegen. Man könnte argumentieren, dass es sich nun mal nicht um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, sondern eher um ein leicht lesbares Nachschlagewerk. Dennoch hätte ein Quellenverzeichnis am Ende des Buches der guten Lesbarkeit keinen Abbruch getan. Das Fehlen eines solchen macht es dem Leser jedoch unmöglich, die im Buch getroffenen Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Im Kapitel „Ausland“ behauptet der Autor beispielsweise: „Geschichtsbücher geben auch nicht die unangenehme Wahrheit wieder und lassen für japanische Schüler unangenehme Fakten aus. […] Dennoch wissen die meisten Japaner vom Verhalten ihres Vaterlandes im Krieg. Die Informationen sind, wenn schon nicht in Schulbüchern, in anderen Quellen zu finden.“ Schaut man sich aber beispielsweise den Dokumentarfilm Shusenjo – The Main Battleground of the Comfort Women Issue von Dezaki Miki an, stellt man fest, dass die Tilgung von Kriegsverbrechen (wie in diesem Fall dem Einsatz sog. „Trostfrauen“ als Zwangsprostituierte während des Zweiten Weltkriegs) aus den Schulbüchern durchaus ihre Wirkung zeigt und dazu führt, dass die junge Generation von solchen Themen teilweise noch nie etwas gehört hat.
Auch im Kapitel „Bildung“ behauptet der Autor, nur ein Drittel aller japanischen Frauen, die ein Studium beginnen, würden es auch abschließen, ohne jedoch Statistiken anzuführen, die dies belegen. Aussagen wie diese sollten also besser mit Vorsicht genossen werden.
Fazit
Insgesamt glänzt Japan 151 vor allem durch seine gelungenen Fotoaufnahmen sowie den reichen Erfahrungsschatz des Autors, der schon mehrmals in Japan war, u. A. für einen einjährigen Studienaufenthalt zwischen 2013 und 2014. Dadurch kann er aus erster Hand berichten, was dem Buch einen authentischen und persönlichen Touch verleiht.
Leider merkt man dem Buch aber auch an, dass der Autor Fotojournalist und kein Japanologe ist. Die teilweise recht pauschal getroffenen Aussagen und das Fehlen jeglicher Belege machen das Buch zu einer nur bedingt verlässlichen Quelle. Wer sich daran nicht stört, hat aber mit Japan 151 eine vergnügliche, schön anzusehende Lektüre zur Hand, die dazu anregt, das Land selbst zu bereisen. Bei dieser Gelegenheit können Sie sich ja auch gleich einen eigenen Eindruck verschaffen.
Kommentare