Wenn Sie geschäftlich mit Japanerinnen und Japanern zu tun haben, ist Ihnen sicherlich aufgefallen, dass der Eindruck und die Höflichkeit über ein freundliches Gesicht hinausgehen. Vielmehr ist das ganze Auftreten von höchster Professionalität geprägt. Auch hierfür gibt es diverse Regeln, die in Business-Kursen in Japan gelehrt werden. Sicherlich ist es nicht nötig, all diese Gesten zu kopieren. Es ist aber aufschlussreich, über sie Bescheid zu wissen. Zu einem guten Eindruck zählt nämlich auch das eigene Verhalten.
Pfeiler 4: Das Verhalten (taidō)
Zu einem guten Verhalten gehören fünf grundlegende Regeln, auf die ganz besonders geachtet wird. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Austausch der Visitenkarten, der Ihnen womöglich schon bekannt ist.
1. Auf die Körperhaltung achten
Eine gute Körperhaltung signalisiert nicht nur Selbstvertrauen, sondern spiegelt vor allem die innere Einstellung wider. Man bringt Kopf, Schultern, Rücken und Fersen in eine Linie und stellt die Füße parallel zueinander auf.
2. Die Finger nebeneinander anordnen
Die Finger sind ordentlich nebeneinander angeordnet, sowohl wenn man etwas hält, als auch wenn man die Hände vor sich übereinanderlegt.
3. Dinge mit beiden Händen überreichen
Dokumente, Visitenkarten oder Gegenstände werden immer mit beiden Händen übergeben.
4. Auf eine Handlung konzentrieren
Werden Bewegungen zu schnell ausgeführt oder abrupt abgebrochen, vermittelt das einen rastlosen, aufgewühlten Eindruck. Jede Handlung wird zuerst zu Ende geführt, bevor mit der nächsten Handlung begonnen wird. Man übergibt nichts im Vorbeigehen und man spricht nicht während der Verbeugung.
5. Augenkontakt auf gleicher Ebene herstellen
Wie bereits in Pfeiler 3: Ausdruck erläutert, ist es wichtig den Winkel des Blicks an den des Gegenübers anzupassen. So kann man ein angenehmeres Gespräch für beide Parteien führen, ohne sich durch das empfundene Machtgefälle durcheinanderbringen zu lassen.
Der Austausch der Visitenkarten
Auch im digitalen Zeitalter haben gedruckte Visitenkarten in Japan noch ihre Daseinsberechtigung. Die Person wird als Teil der Firma wahrgenommen, mit der sich viele Japaner:innen stark identifizieren. Sogar in der Freizeit haben viele Personen ihr Visitenkartenetui dabei.
Womöglich haben Sie schon von davon gehört oder vielleicht sogar gesehen wie Einheimische ihre Visitenkarten austauschen. Möchten Sie diesen Austausch einleiten, eignet sich folgender Ausdruck.
Omeishi o kōkan sasete itadakemasu ka. | Ist es möglich, mit Ihnen Visitenkarten auszutauschen? |
An dieser Stelle können Sie sich dann wiederum vorstellen, so wie es in Pfeiler 1: Begrüßung erläutert wurde.
Aber was passiert dann? Kurz geschildert, übergibt man sich gegenseitig mit beiden Händen die Visitenkarten. Man hält die eigene Karte mit beiden Händen vor sich, während man sich leicht verbeugt. Die Karten wird dabei so gehalten, dass das Gegenüber den Namen lesen (der Text also nicht auf dem Kopf für ihn steht) kann. Nach dem geglückten Austausch hält man die Visitenkarte des Gegenübers in beiden Händen. Die Visitenkarten werden einen Moment gegenseitig gelesen und bestaunt. Bei seltenen Namen tauscht man sich vielleicht über die Schreibweise des Nachnamens oder Vornamens aus, die in der Regel von den Eltern nach akribischer Recherche ausgewählt wurden.
Seimei heißt auf Japanisch “Nachname und Vorname”. In einer anderen Kanji-Schreibweise aber gleichen Aussprache bedeutet seimei auch das “Leben”. Etwas genauso Wichtiges ist also der Name. Hat man alle Informationen der Visitenkarte verinnerlicht, wird sie behutsam sichtbar auf dem Meeting-Tisch abgelegt. Man steckt diese niemals einfach achtlos in die Hosentasche, das gilt als unhöflich.
Auch wenn Visitenkarten in Japan in gedruckter Form noch gang und gäbe sind, scheint auch hier eine Entwicklung stattzufinden. Kürzlich habe ich eine Visitenkarte erhalten, auf der auf der Rückseite in QR-Code abgedruckt war. Nachdem ich ihn gescannt hatte, wurde mir automatisch ein Profil der Person in meiner Kontakte-App vorgeschlagen. Ich konnte es dann abspeichern, ohne selbst noch etwas eintippen zu müssen. Was für eine praktische Weiterentwicklung.
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