Reisende, die zum ersten Mal nach Japan kommen, sind stets davon beeindruckt, wie geordnet alles abläuft und wie sehr man sich trotz der hohen Bevölkerungsdichte bemüht, Dinge visuell schön zu gestalten. Auch hierzulande haben vielleicht viele schon einmal im Fernsehen die aufwendigen Nachbildungen in den Schaufenstern der Restaurants gesehen, anhand derer man in Japan sehen kann, was es dort zu essen gibt.
Auch in Geschäften und Supermärkten wird sehr viel Wert darauf gelegt, wie Waren präsentiert werden. Obst zum Beispiel wird sehr sorgfältig ausgelegt und es wird darauf geachtet, dass sich alle Früchte einer Sorte möglichst in Größe, Farbe und Aussehen ähneln.
Woher kommt diese Betonung der Verpackung und Präsentation? Kurz gesagt werden in Japan der äußeren Form einer Sache und dem Inhalt der gleiche Stellenwert beigemessen.
Also ist man erst zur Prüfung des Inhalts bereit, wenn folgende Frage positiv beantwortet wurde: “Sieht die Ware/die Verpackung genau so aus, wie ich es erwartet habe”? Der erste Eindruck ist daher in Japan absolut ausschlaggebend.
In Deutschland würden viele Leute hingegen erst einmal nachsehen, ob sich auch hinter einer nicht so perfekten Fassade, wie in dieser Grabbelkiste, nicht doch eine „echte Perle” oder ein „Schnäppchen“ versteckt hält.
Dasselbe Prinzip findet auch im Geschäftsleben Anwendung: In einem unserer Seminare schilderte ein lokaler Mitarbeiter eines japanischen Unternehmens einen interessanten Fall.
Ein japanischer Manager besuchte einen potentiellen neuen Lieferanten und wusch sich in einer Pause auf der Toilette die Hände. Dabei fiel ihm auf, dass in einer Fensterscheibe ein Stückchen Glas herausgebrochen war. Er kommentierte dies nicht weiter, merkte es sich aber sehr wohl. 3 Wochen später traf man sich wieder bei dem Lieferanten zu weiteren Gesprächen und dem Manager fiel in der Pause auf, dass die Scheibe auf dem WC immer noch kaputt war. Nachdem er und seine deutschen Kollegen wieder in der eigenen Firma waren, setzte er alles daran, den Lieferanten noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und verhinderte so letztendlich einen Vertragsabschluss.
Aus japanischer Sicht macht dieses Vorgehen durchaus Sinn, da dort nicht nur im Supermarkt oder Kleidungsgeschäft, sondern auch in der Produktion und beim Versand als erstes darauf geachtet wird, welchen äußeren Eindruck eine Ware oder Lieferung vermittelt. Es gibt unzählige Beispiele, bei denen Lieferung nicht angenommen wurden, da es eine kleine Delle im Karton gab oder die Palette angebrochen war. In so einem Fall ist es nicht üblich, erst einmal nachzusehen, ob im Paket selbst nicht doch alles in Ordnung ist. In Japan ist der erste Eindruck die erste Hürde, die genommen werden muss, damit der Inhalt eines Pakets, Angebots oder auch Vorschlags überhaupt geprüft wird.
Somit ist eine Firma, bei der Schäden in Fenstern nach 3 Wochen immer noch vorhanden sind, nicht als vertrauenswürdig einzustufen. Es wird angenommen, dass bei der Produktion der bestellten Waren ebenfalls nachlässig verfahren werden wird.
Gleiches gilt natürlich auch schon für den ersten Schritt einer möglichen Zusammenarbeit, nämlich der Übergabe der Visitenkarten. Mit einer leicht angegrauten oder gar abgeknickten Visitenkarte fällt man leicht bereits in der Anfangsphase durch!
Tipps für einen guten ersten Eindruck
- Achten Sie bei Korrespondenz, Präsentationen und Berichten, die auch von Japanern gesehen werden, auf korrekte Form bezüglich einheitlicher Fontart/-größe und Layout. Sonst wird der Inhalt von vorne herein eher negativ bewertet.
- Achten Sie beim ersten Kontakt mit japanischen Kunden, Partnern oder Managern zum Beispiel darauf, dass Ihre eigenen Visitenkarte stets im besten Zustand sind. Verwenden Sie eine Box, um Knicke oder Flecken zu verhindern.
- Bringen Sie eigene Lösungsansätze und Vorschläge immer erst in eine strukturierte Form, bevor Sie diese Japanern präsentieren. Sonst kann die beste Idee schon zu Anfang auf unfruchtbaren Boden fallen, wenn diese zu sehr aus “der Hüfte geschossen” wirkt.
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