Der Shintōismus ist neben dem Buddhismus eine der verbreitetsten Religionen in Japan. Manchmal stehen ein shintōistischer Schrein und ein buddhistischer Tempel sogar nebeneinander – ein bekanntes Beispiel sind der große Sensōji-Tempel und der Asakusa-Schrein im Vergnügungsviertel Asakusa in Tōkyō, die sich in nur wenigen Metern Entfernung zueinander befinden. Selbst für nicht streng religiöse Menschen gehört der Besuch eines Schreins oder Tempels an Neujahr (hatsumōde), zur Geburt eines Kindes oder einfach um für erfolgreiche Prüfungen zu beten beinahe selbstverständlich dazu.
Schreine erkennt man vor allem am torii – ein in der Regel rotes, hölzernes Tor, welches die menschliche von der heiligen Welt trennen soll. Sie kennen bestimmt die beeindruckenden Bilder der tausenden aneinander gereihten Tore des Fushimi Inari Taisha in Kyōto, des im Wasser stehenden torii des Itsukushima-Schreins in Hiroshima oder vielleicht auch Japans größtes torii im Kumano Hongū Taisha in der Präfektur Wakayama.
Verhaltensregeln für den Schrein-Besuch
Doch wie sollte man sich beim Besuch von Schreinen verhalten? Im Allgemeinen gilt: Respekt und sittsames, ruhiges Verhalten sowie das Befolgen der örtlichen Regeln sind selbstverständlich. Beachten Sie beim Betreten von Gebäuden oder Hallen die Hinweisschilder sowie mögliche Fotografieverbote und ziehen Sie die Schuhe aus, wenn nötig.
Darüber hinaus ist es üblich, wenn auch nicht vorgeschrieben, dass Sie bei Betreten des Schreingeländes Ihre Hände reinigen und am Schrein selbst beten. Darauf müssen Sie achten:
Reinigen
- Am Schreineingang steht meist ein Brunnen mit mehreren Kellen, der zum Reinigen von Händen und Gesicht gedacht ist. Werfen Sie bitte keine Münzen hinein.
- Greifen Sie die Kelle zuerst mit der rechten Hand und begießen Sie die linke Hand mit Wasser, dann tauschen.
- Gießen Sie etwas Wasser aus der Kelle in Ihre linke Hand und reinigen Sie Ihren Mund (dieser Schritt kann übersprungen werden). Berühren Sie die Kelle nicht mit dem Mund!
- Das Wasser können Sie in den Abfluss vor dem Brunnen spucken. Gießen Sie niemals benutztes Wasser zurück in den Brunnen mit dem sauberen Wasser!
- Schöpfen Sie mit der Kelle Wasser und halten diese dann senkrecht, um die Kelle selbst zu reinigen. Anschließend legen Sie sie mit der Öffnung nach unten zurück an die vorgesehene Stelle. Fertig!
Beten
- Treten Sie vor den Schrein bzw. Altar und werfen Sie etwas Geld in die vor Ihnen stehende Kiste (wie viel bleibt Ihnen überlassen). Beliebt sind dafür 5 Yen-Münzen, denn Japanisch ausgesprochen (五円, goen) klingen sie wie das Wort für “Beziehung” oder “Schicksal” (御縁, goen) – dabei drückt es den Wunsch aus, mit den Göttern eine gute Verbindung aufzubauen.
- Wenn vorhanden, ziehen Sie an dem Seil der Glock und läuten Sie diese zwei- bis dreimal.
- Dann verbeugen Sie sich zweimal tief und klatschen zweimal in die Hände. Es heißt, dass dies Ihre Präsenz bei den Göttern deutlich machen soll.
- Halten Sie Ihre Hände vor der Brust zum Gebet und beten Sie still. Vergessen Sie sich nicht sich danach bei den Göttern zu bedanken!
- Am Ende verbeugen Sie sich noch einmal. Damit ist das Gebet beendet und Sie können den Schrein weiter erkunden!
Souvenirs zum Mitnehmen (oder auch nicht)
An den meisten Schreinen (und Tempeln) können Sie für sich oder Ihre Liebsten eine Vielzahl an Glücksbringern und Amuletten (omamori) in den unterschiedlichsten Formen und Farben kaufen, die alle einem bestimmten Zweck dienen, z.B. für Gesundheit, Liebe, Erfolg bei Prüfungen, eine sichere Geburt oder Reichtum. Die meisten davon sind klassische Anhänger, die sich als Schmuck für das Auto, die Tasche oder den Schreibtisch eignen.
Ihre eigenen Herzenswünsche können Sie auf kleine, je nach Schrein oder sogar Jahreszeit unterschiedlich verzierte Holztafeln (ema) schreiben. Diese werden an einer speziell dafür errichteten Wand oder Stange auf dem Schrein-/Tempelgelände befestigt, sodass sich der darauf verewigte Wunsch auch erfüllen möge – nach Hause nehmen können Sie die Täfelchen selbstverständlich auch.
An vielen Schreinen und Tempeln können Sie weiterhin sogenannte omikuji ziehen – kleine Papierlose, die, ähnlich einem Horoskop, das persönliche Schicksal vorhersagen sollen. Mehr über diesen Brauch erfahren Sie in diesem Artikel:
Nun sind Sie bereit für Ihren Besuch in einem japanischen Schrein. Viel Spaß!
Dieser Artikel erschien in gekürzter Form in der April-Ausgabe des JAPANDIGEST 2021. Er wurde für die Veröffentlichung auf der Website nachbearbeitet.
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