Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Japanische Sprichwörter: Welche Arten gibt es?

Luise Kahlow
Luise Kahlow

Japans Sprichwörter verraten viel über die japanische Kultur. Es gibt drei verschiedene Arten, wie diese gebildet werden: Wortspiele, Komposita von Kanji und Redewendungen - alle bieten eine Fülle an Deutungsmöglichkeiten. Was könnte „des Fischers Vorteil“ (gyofu no ri 漁夫の利) bedeuten…?

fischer hokusai
"Kajikazawa in der Provinz Kai" von Katsushika Hokusai.

Sprichwörter sind konzentrierte und pointierte Lebenserfahrungen. Ihre Formulierung ist unveränderlich und durch eine bildliche Wortwahl gut einprägsam. Je nach Kulturkreis werden sie von Geschichte, Glaube oder Alltagsgewohnheiten beeinflusst. Je weiter der Kulturkreis vom eigenen entfernt ist, desto schwieriger erschließen sich dem Zuhörer die Sprichwörter.

Das Wesen der Sprichwörter

Im Japanischen gibt es zwei Arten von Sprichwörtern. Zum einen verwendet man Wendungen wie „auch ein Affe fällt mal vom Baum“ (Saru mo ki kara ochiru 猿も木から落ちる) oder „der entwischte Fisch ist immer der größte“ (Nigashita sakana wa ōkii 逃がした魚は大きい). Da sie als Satz formuliert sind und bildlich sprechen, ähneln sie den Sprichwörtern des deutschen Sprachraumes.

Zum anderen sind Komposita beliebt, die aus vier verschiedenen Schriftzeichen (yojijukugo 四字熟語) bestehen. Diese Form hat ihren Ursprung in China. In Westeuropa gilt man als besonders bewandert, wenn man viele lateinische Sinnsprüche anbringt – In Japan bekommt man Anerkennung für einen gelungenen Einsatz dieser yojijukugo-Komposita. Da die meisten von ihnen vor hunderten von Jahren nach Japan kamen, ist ihre ursprüngliche Bedeutung unter modernen Japanern kaum noch bekannt.

ishin denshin
Sprichtwort aus vier Kanji: ishin denshin 以心伝心.

Das Kompositum ishin denshin 以心伝心 ist in China und Japan gleichermaßen beliebt. Auf Deutsch bedeutet es ungefähr „ein Herz und eine Seele“– oder einprägsamer: „zwei Dumme, ein Gedanke“.

Die deutsche Übertragung lässt es nicht vermuten, aber dieses Beispiel zeigt den Einfluss des Buddhismus auf japanische Redensarten. So bedeutete ishin denshin ursprünglich, dass die Lehre des Zen-Buddhismus von Lehrer zu Schüler nicht durch Worte oder Schrift, sondern nur direkt von Herz zu Herz übermittelt werden kann.

Heute spielen selbst bei der Jobsuche die Komposita und Sprichwörter eine große Rolle, denn bei Einstellungstests werden sie gern abgefragt. Dahinter verbirgt sich die Absicht, das Allgemeinwissen und gleichzeitig die Kenntnisse der Muttersprache einzuschätzen.

Wortspiele

So prägnant wie diese Komposita sind, werden sie gern bei Zeitungsüberschriften oder in Artikeln verwendet. Doch nicht nur das: Da sie jedermann kennt, werden die Sprichwörter oft in der Werbung eingesetzt. Indem man ein Schriftzeichen gegen ein anderes, aber gleichklingendes austauscht, bleibt der Werbespruch lang im Kopf. Die Firma Fujitsu machte beispielsweise aus dem Kompositum „voller Kampfgeist“ den Slogan „voller Investitionsmut“ (tōshi manman 闘志満々/投資満々) und wirbt so damit, die japanischen Finanzinstitute wiederzubeleben.

Und was bedeutet nun „des Fischers Vorteil“ (gyofu no ri 漁夫の利)? Das Sprichwort kommt aus dem Chinesischen und ist einer Geschichte entlehnt. Als sich ein Schnepfenvogel und eine Venusmuschel streiten, kommt ein Fischer herbei und fängt letztlich beide. Wir kennen das Sprichwort auch: „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“.

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