Vor einigen Jahren habe ich eine Sudoku-Sammlung mit japanischen Sprichwörtern herausgegeben. Es war nicht leicht, Sprichwörter zu finden, die aus neun kana bestehen, von denen sich jedoch keines wiederholen durfte.
Als erstes fiel mir „toshiyori no hiyamizu としよりのひやみず“ ein, das tatsächlich aus neun unterschiedlichen kana besteht. Dieser Spruch warnt ältere Menschen vor einem Wagnis, welches für sie nicht mehr angemessen zu sein scheint.
Ein anderer seniorenfreundlicher Spruch mit neuen unterschiedlichen Zeichen lautet „korobanu saki no tsue ころばぬさきのつえ“: Man soll sich einen Gehstock besorgen, damit man nicht stürzt. Man könnte es mit „Sorge gut vor!“ übersetzen.
Dann fiel mir noch „makeinu no tōboe まけいぬのとおぼえ“ ein, ebenfalls aus neun kana bestehend. Das gleichnamige Buch von SAKAI Junko war ein Bestseller und gewann den Kodansha-Preis für das beste Essay des Jahres 2004 sowie den Fujinkōron-Literaturpreis (heute Chūōkōron-Literaturpreis). Während der ursprüngliche Spruch lediglich auf lautes Heulen des Verlierers (wörtlich „des unterlegenen Hundes“) deutet, schrieb SAKAI damals einen Ratgeber für Karrierefrauen, kyarijo (engl. career + josei, jap. Frau), die oft ohne Ehepartner oder Kinder berufstätig sind und somit in der japanischen Gesellschaft leicht als „Verlierer“ bezeichnet werden konnten. Heute hat sich die Lage verbessert, denn junge Analytikerinnen der mächtigen japanischen Werbeagentur Hakuhōdo analysieren in ihrer karijoken-Arbeitsgruppe die jüngsten Trends der Karrierefrauen Japans und berichten regelmäßig darüber.
Im alten Japan versuchte man mit dem Spruch „warenabe ni tojibuta われなべにとじぶた“, (für jeden kaputten Topf findet sich ein passender Deckel), junge ledige Leute durch miai (Heiratsvermittlung) zu verkuppeln. Bis 1945 wurden fast 70 % der Ehen per Vermittlung durch Verwandte oder Vorgesetzte geschlossen. 1965 übertraf die Anzahl der Liebesheiraten erstmalig die der miai-Ehen, und heutzutage machen miai-Ehen weniger als 5,5 % aus. Der Spruch wird heute als ein Lob für den/die eigene/n Ehepartner/In benutzt, im Sinne von „Ich bin nicht perfekt (= kaputter Topf), aber mein/e Partner/In kompensiert (für mich) meine Schwachpunkte und sorgt für eine ausgeglichene Ehe“. Da es ein bescheidenes Lob ist, kann es nicht für andere Ehepaare benutzt werden.
Auch in Deutschland nicht unbekannt
Der Spruch „kyūso neko o kamu きゅうそねこをかむ“ mit neun unterschiedlichen kana kam ursprünglich aus China. Huán kuān, ein Politiker der westlichen Han-Dynastie, berichtete in seinem Buch „Yán Tiě Lùn“ (Diskurse über Salz und Eisen) über einen Bauernwiderstand und kommentierte, dass „Mäuse (die Schwächeren) in ihrer äußersten Not sogar die Katze (die Stärkeren) attackieren“ und dieser großen Schaden zufügen können.
Wenn unscheinbare Eltern ein superintelligentes Kind bekommen, sagt man in Japan, dass ein Falke aus einem Milan-Ei geschlüpft sei: „tonbi ga taka o umu とんびがたかをうむ“. Komischerweise gibt es einen anderen Spruch, der genau das Gegenteil behauptet; quasi dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, wobei „der Apfel“ in Japan durch „Frösche” (kaeru) ersetzt wird: „kaeru no ko wa kaeru かえるのこはかえる“ – Der Nachwuchs von Fröschen bleibt eben ein Frosch. Dieser Spruch, der ebenfalls aus neun kana besteht, wurde in meinem Buch gar nicht berücksichtigt, weil sich das Wort kaeru wiederholt und für ein Sudoku-Spiel nicht gut geeignet ist.
Zum Schluss ein schöner Spruch in Sudoku-Form für Sie, liebe Leser: „hyōtan kara koma ひょうたんからこま“, ein Pferd springt aus einer Kalibasse heraus – Sie finden unerwartetes Glück.
Weitere Hiragana-Sudoku-Aufgaben finden Sie im Buch „Hiragana(Learning)Sudoku“ (ISBN 978-3981436006).
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