März: Zeit der Kirschblüte, Zeit des Neuanfangs. Es ist kein Zufall, dass das japanische Schuljahr im April anfängt – und für viele Firmen auch das Fiskaljahr. Doch vor dem Neuanfang muss erst das Alte abgewickelt werden. Am besten mit einer Zeremonie. Und so gibt es in Japan seit fast 150 Jahren die sotsugyōshiki genannten Schulabschlussfeiern. Davon gibt es so einige: Im Alter von sechs Jahren, nach Entlassung aus dem Kindergarten (die Zeremonie heißt hier jedoch etwas anders, da es sich nicht um eine Schule handelt); mit 12 Jahren nach Beendigung der sechs Jahre Grundschule; mit 15 Jahren nach Abschluss der Mittelschule; und mit 18 Jahren nach dem Ende der Oberschule. Die Abschlussfeiern sind in aller Regel für Familienangehörige öffentlich – und finden nicht selten im geräumigsten Gebäude der jeweiligen Schule, also in der Turnhalle, statt. Doch was geschieht hier genau?
Ein letztes Mal in Schuluniform
Die Schulabgänger:innen gehen, in der jeweiligen Schuluniform, zur Schule. Die Eltern und manchmal auch die Großeltern putzen sich mehr oder weniger etwas heraus und folgen dann später. Nachdem man sich in der Schule in eine Liste eingetragen hat, zieht man seine Schuhe aus und die mitgebrachten Hausschuhe an – dann geht es ab in die Turnhalle. Danach betreten die Schülerinnen und Schüler die Halle und nehmen in den vorderen Reihen Platz. Nach dem Abspielen der Nationalhymne sowie der jeweiligen Schulhymne folgen ein paar Reden, wobei im Normalfall auch eine Schülerin oder ein Schüler eine kurze Rede hält.
Danach kommt der anstrengende Teil: Jede:r Absolvent:in wird namentlich auf die Bühne gerufen und bekommt dort das Abschlusszertifikat überreicht – dieses ist wirklich “nur” ein Zertifikat, denn das eigentliche Zeugnis wird schon in der Klasse überreicht. Nach dem Verlassen der Bühne gehen die Schüler:innen noch an ihren Lehrkräften vorbei, zum Gratulieren und Danke sagen. Das dauert im Schnitt 15 Sekunden pro Kind – während dieser Zeit wird von allen geklatscht, was zum Beispiel bei einer Schule mit mehr als 100 Schüler:innen pro Jahrgang entsprechend lange dauert. Es folgen weitere Reden – von Eltern-Lehrer-Vertretern zum Beispiel, von einem Mitglied des örtlichen Bildungsausschusses und so weiter. Nach anderthalb bis zwei Stunden ist die Zeremonie dann auch schon wieder vorbei. In manchen Fällen werden auch noch Fotos gemacht, von allen Klassen und/oder mit den Eltern.
Viele Feste im Schuljahr
Die Eltern nehmen danach die Kinder nicht mit nach Hause – diese bleiben meist noch ein bisschen in der Schule, um aufzuräumen und/oder ein letztes Mal mit den Lehrer:innen und den Klassenkamerad:innen zu plaudern. Abends geht man dann nicht selten miteinander auswärts essen. Doch das ist gar nicht so einfach, da natürlich viele andere Eltern und Großeltern das Gleiche vorhaben.
Schulabschlussfeiern in dieser Form und nach jeder Schulform gibt es eigentlich nur in Südkorea und Japan. Die Zeremonien haben ihre Vor- und Nachteile: Einerseits ist es für die Kinder nebst Familie eine bleibende Erinnerung und eine gute Gelegenheit, das Ende des jeweiligen Lebensabschnitts zu würdigen. Hat man jedoch mehrere Kinder, kann das natürlich auch schnell etwas lästig werden – erst recht, wenn beide Eltern berufstätig sind. Natürlich ist es mit den Abschlussfeiern auch nicht getan, denn einen Monat später folgt die nyūgakushiki, die Einschulfeiern, und auch die werden für die jeweiligen Schulen abgehalten. Später im Jahr folgen noch die Sport- und Kulturfeste, die ebenfalls ein richtiges Großereignis im Leben von Schüler:innen und Eltern darstellen.
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