Der große Erfolg virtueller Währung, auf Japanisch wortwörtlich mit kasō tsūka (仮想通貨) übersetzt, verwundert eigentlich nicht. Die Spekulierfreude existiert seit langem, davon zeugen unter anderem die gewaltige Immobilienblase in den 1980ern oder der Aktienwahn in den vergangenen Jahren: Da sind keine Nerds oder Profis am Werk, sondern in vielen Fällen ökonomisch unversierte, aber trotzdem sehr berechnende Hausfrauen, die auf diese Art und Weise versuchen, die Haushaltskasse aufzubessern. Bitcoin kam da gerade recht, versprechen diese Währungen doch Renditen, die mit Aktien kaum zu erreichen sind. Und da so große Nachfrage besteht, entstehen auch ganz schnell Unternehmen wie Coinchecker oder Subunternehmen wie DMM.bitcoin, die sich genau auf dieses Geschäft spezialisieren. Man braucht nur ein Handy und ein paar hundert Yen, und schon ist man nach wenigen Minuten mitten drin im Bitcoin-Geschäft.
Das große virtuelle Geschäft
Der Hype kommt nicht von ohne her. Und das geht zum Beispiel so: Am 2. Februar strahlte der Fernsehsender TBS eine neue Folge der Fernsehshow Ariyoshi Japon aus, in dem es ausschließlich um “Bitcoin Girls” ging. Ariyoshi ist einer der zur Zeit aktivsten und bekanntesten Entertainer. Man interviewte mehrere junge Frauen in ihren 20ern, in denen Kommentare wie “ich habe zwar mehr als 100 Millionen Yen (Anmerkung: knapp 800.000 Euro) mit Bitcoin gemacht, aber in meinem Freundeskreis ist das eher wenig, deshalb erwähne ich es lieber nicht” fielen. Ein Besuch zu Hause zeigte einen dort staubwischenden Mann – von der Dame vorgestellt mit “Meine Reinigungskraft! Dafür, dass ich ihm ein paar Tricks beibringe, macht er bei mir sauber!” Die Sendung, als Show getarnt, war so einfach gestrickt, dass es schon weh tat. Das Interessante daran: Vor der Sendung gab es eine als Wirtschaftsnachrichten getarnte, rund 5-minütige Werbesendung des Bitcoin-Händlers DMM.bitcoin (DMM ist ein hauptsächlich online aktiver, gigantisch großer Dienstleister).
Besagte Sendung kam zu einem guten Zeitpunkt. Rund eine Woche vorher gab es einen “Bankraub” bei einem der größten Trader von virtuellen Währungen in Japan: Hacker erbeuteten am 26. Januar das Äquivalent von rund 60 Milliarden Yen, cirka 450 Millionen Euro, von Coincheck – betroffen war die Währung NEM/XEM. Man war den Tätern schnell auf der Spur, und Coincheck versprach sofort, für den Schaden aufzukommen, doch dies war nicht der erste Vorfall – es gab bereits ähnliche Vorfälle, wie zum Beispiel der “Fort Gox”-Vorfall, bei dem knapp 100 Millionen Euro in Bitcoin entwendet wurden.
Große Unsicherheit
Die Hobbytrader beugen solchen Dingen natürlich vor, in dem die sie wohl kalkulierte Portfolio mehrerer virtueller Währungen handeln – genau wie es bei Aktien getan wird. Doch die größte Gefahr dürfte wohl nicht von Hackern, sondern von Regierungen ausgehen: Südkorea hat bereits den Handel mit Bitcoin unterbunden, und in anderen Ländern zeichnet sich ähnliches ab. Dass Japan den Handel mit den virtuellen Währungen derart florieren lässt, überrascht dabei ein wenig, denn die Kryptowährungen stehen schon länger im Verdacht, zur Geldwäsche benutzt zu werden – und gerade Japan ist in Sachen Geldwäsche vergleichsweise strikt. Somit wird der Handel mit Bitcoin und Co. von Tag zu Tag riskanter – ein Platzen der Blase wird immer wahrscheinlicher.
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