Es ist schon ein wenig paradox. Donald Trump vereinigt quasi all die Eigenschaften, die man in Japan nicht sehr schätzt. Er ist laut, poltert überall herum, hat keinen Schliff und ist stets auf Krawall gebürstet, von den vielen nachgewiesenen Lügen mal ganz zu schweigen. So sind sich zumindest seine Gegner einig, und davon hat er mehr als genug in der westlichen Hemisphäre. In Japan hingegen polarisiert er nicht so stark. Im Gegenteil – viele Japaner haben, und das ist zu einem guten Teil der hiesigen Berichterstattung zu verdanken, ein differenzierteres Bild.
Sicher, er gilt auch in Japan als ungewöhnlich und verschroben. Doch einige seiner Handlungen kamen in Japan gut an. Da wäre zum Beispiel seine starke Hand gegenüber China. Trump legte sich zwar auch mit Japan an und drohte mit Strafzöllen auf Aluminium, Autos und einige andere Waren. Letztendlich kam Japan jedoch, im Gegensatz zu China, glimpflich davon, was möglicherweise auch auf die enge Freundschaft mit Ex-Premierminister Abe Shinzō – die beiden sind Golfbuddies – zu tun haben könnte. Für die „America First“-Devise hingegen hat die breite Mehrheit in Japan Verständnis, und die „1-2“-Regel, nach der für jede neue gesetzliche Regelung zwei andere Regelungen gestrichen werden müssen, fand große Beachtung, wenn nicht gar Bewunderung. In Japan bleibt der Eindruck, dass Trump wirtschaftlich sehr wohl erfolgreich und einige seiner Ideen gut waren.
Enge Freundschaft zwischen Biden und Suga eher nicht zu erwarten
Joe Biden hingegen hat einen etwas schwereren Stand. Viele Japaner halten ihn für zu farblos, aber das könnte man im Vergleich zu Trump nahezu jedem Politiker vorwerfen. Außerdem ist er den meisten zu alt. Und da Trump der Wirtschaft absolute Priorität einräumte, Biden hingegen auf weitere Themen wie Klimaschutz schaut, rechnet man in Japan eins und eins zusammen und erwartet eher Nachteile für das eigene Land, beziehungsweise die eigene Wirtschaft. Hinzu kommt, dass der neue japanische Ministerpräsident Suga Yoshihide außenpolitisch unerfahren (und ganz sicher keine Stimmungskanone) ist. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass Suga und Biden eine ähnlich enge Beziehung wie Abe und Trump eingehen werden.
Eine konkrete Gefahr geht für die japanische Wirtschaft auch vom zu erwartenden ökologischen Ruck der USA aus, denn Biden hat sich unter anderem eine nachhaltige Wirtschaft auf die Fahnen geschrieben, was bekanntermaßen auch den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen beinhaltet. Nach der Explosion des Atomkraftwerkes in Fukushima infolge des Erdbebens und Tsunamis 2011 hat sich Japan jedoch wieder vermehrt auf eben diese Brennstoffe konzentriert und wird deshalb entsprechend von Umweltorganisationen gerügt. Dem versuchte die Regierung lange Zeit mit einer planmäßigen Inbetriebnahme einiger Kernkraftwerke entgegenzusteuern, doch nicht ganz überraschend ist die Akzeptanz in der Bevölkerung dafür gesunken.
Umweltkurs Bidens wird skeptisch betrachtet
Auch die exportstarke Automobilindustrie hinkt in der Entwicklung umweltfreundlicher Autos hinterher. Es wird zwar viel geforscht und entwickelt, aber erste Staaten, darunter auch amerikanische Bundesstaaten, haben bereits eine Frist für Verbrennungsmotoren beschlossen, und ob die japanischen Autohersteller bis dahin rechtzeitig umgestellt haben, ist fraglich. Und so befürchten vor allem die Wirtschaftspolitiker und Unternehmer, dass es für japanische Firmen in Bidens Amerika schwieriger werden könnte.
Eine große Unbekannte in der Vorhersage ist dabei Bidens Verhältnis zu China. Einen Konfrontationskurs à la Trump erwarten die wenigsten, aber wie auch immer sich die amerikanisch-chinesischen Beziehungen entwickeln werden – sie werden einen direkten Einfluss, auf Japan haben, ob positiv oder negativ.
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