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Meiji-Jingū-Baseballstadion: Geplanter Abriss erregt Empörung

Constanze Thede
Constanze Thede

Das Parkviertel Jingū Gaien (Heimat des historischen Meiji-Jingū-Baseballstadions) ist eine der wenigen grünen Lungen in Tōkyō. Pläne, das Stadion abzureißen und hunderte Bäume zugunsten neuer Wolkenkratzer und Geschäftsgebäude zu fällen, erregen nicht nur den Zorn der Einheimischen, sondern riefen auch den Denkmalschutz auf den Plan.

Alter Schriftzug auf Japanisch und Englisch auf der Steinmauer des am 1926 gegründeten Meiji-Jingū-Baseballstadion
Alter Schriftzug am 1926 gegründeten Meiji-Jingū-Baseballstadion. © 武蔵の国 / photo-ac.com

Das Parkviertel Jingū Gaien gehört zum äußeren Bezirk des Meiji-Schreins. Das Meiji-Jingū-Baseballstadion (jap. Meiji-jingū Yakyūjō), das Teil des Parks ist, wurde bereits 1926 eröffnet und ist das Heimatstadion der Tōkyōter Profi-Baseballmannschaft Yakult Swallows. Neben dem berühmten Kōshien in Nishinomiya (nahe Kōbe) ist es das zweitälteste Baseballstadion Japans und hat einen wichtigen Platz im Herzen vieler Fans und Anwohner:innen.

Wie bereits hinreichend durch japanische Medien ging, genehmigte das Tokyo Metropolitan Government im Februar 2023 eine umfassende Modernisierung des Parkviertels, die auch den Abriss des historischen Baseball-Stadions sowie des alten Rugby-Stadions mit einschließt. Stattdessen sollen neue, moderne Sportanlagen gebaut werden. Außerdem ist u. a. der Bau eines Hotels und zweier 200 Meter hoher Wolkenkratzer geplant. Zwar haben die Bauunternehmer versprochen, das Herzstück der Grünanlage, die 300 Meter lange Gingko-Allee, zu bewahren. Dennoch sieht der Plan vor, dass insgesamt über 700 Bäume gefällt werden. Umweltschützer:innen sorgen sich auch, dass die Gingko-Bäume entlang der Allee künftig nicht mehr ausreichend mit Licht und Wasser versorgt sein werden, da das Fundament des neuen Baseball-Stadions nur 6 Meter von der Allee entfernt gelegt werden soll. Die Arbeiten, die bereits seit März im Gange sind, sollen bis 2036 abgeschlossen sein.

Gingko-Allee
Etwa 150 Gingko-Bäume säumen die Allee im Parkviertel. © みくばる / photo-ac.com

Projektgegner erhalten prominente Unterstützung

Das Projekt rief bei zahlreichen Bürgern und Bürgerinnen Empörung hervor und über 229.000 unterzeichneten eine Petition, in der sie die Behörden aufforderten, ihre Unterstützung zurückzuziehen. Prominente wie der Musiker Sakamoto Ryūichi († 28. März 2023) und der Bestsellerautor Murakami Haruki setzten sich ebenfalls für die Bewahrung der Bäume und historischen Sportstätten ein.

Im September reagierte auch der internationale Rat für Denkmalpflege (International Council on Monuments and Sites, kurz: ICOMOS) mit einem sog. „heritage alert“. Darin appelliert er an die beteiligten Firmen, das Tokyo Metropolitan Government, die betroffenen Bezirke sowie die japanische Regierung, einen alternativen Plan umzusetzen, der den Schutz der Bäume vorsieht. Er warnt vor einer massiven Umweltzerstörung:

The planned construction of three high-rise buildings as well as the replacement and relocation of the existing baseball and rugby stadiums with new stadiums, will lead to the complete destruction of the urban forest that has been formed and nurtured over the past 100 years. (ICOMOS, Pressemeldung vom 7.9.2023)

Das Parkviertel Meiji-Jingu-Gaien vor blauem Himmel mit Wolken mit Glasfassade im Hintergrund und Bäumen im Vordergrund.
Die sich im Bau befindenden Anlagen des Jingū Gaien. © 野良九郎 / photo-ac.com

Proteste finden kaum Gehör

Zwar reagierte die am Projekt beteiligte Immobilienfirma Mitsui Fudōsan auf die Warnung des Rates – doch nicht etwa mit dem Versprechen, die Bäume stehenzulassen. Stattdessen plant sie, über 800 neue Bäume zu pflanzen, welche die alten ersetzen und „Nachhaltigkeit für die nächsten 100 Jahre“ bieten sollen. Dieser Plan geht jedoch nicht auf, da alte Bäume wesentlich mehr CO2 speichern, als ganz junge. Die japanische Architektin Nishikawa Naoko, die zu den Gegnern der Modernisierungsmaßnahmen zählt, betont im Gespräch mit CNN, dass Japan angesichts der weltweiten Klimaveränderungen auf Nachhaltigkeit setzen und die alten Bäume und Sportanlagen schützen sollte.

Das Parkviertel Jingū Gaien aus der Vogelperspektive. Mitte links ist das Meiji-Jingū-Baseballstadion zu sehen, zentral im Bild das große Nationalstadion.
Das Parkviertel Jingū Gaien aus der Vogelperspektive. Oben links ist das Meiji-Jingū-Baseballstadion zu sehen, Mitte links das Rugby-Stadion und zentral im Bild das große Nationalstadion. © ヒロポンフォト / photo-ac.com

Ein Drittel der Abgeordneten des Tokyo Metropolitan Government kam nach der Herausgabe des „heritage alert“ zusammen, um die Gegenargumente der Immobilienfirmen unter die Lupe zu nehmen und sich gegen den Plan in seiner jetzigen Form auszusprechen. Die am Projekt beteiligten Unternehmen wurden zudem aufgefordert, ein Konzept zur Erhaltung der Bäume vorzulegen. Wie die Mainichi Shinbun prophezeite, ist aber kaum mit großen Änderungen am Vorhaben zu rechnen. Die ursprünglich für September geplante Abholzung der Bäume wurde zunächst lediglich auf Anfang 2024 verschoben.

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Vertane Chance?

Viele Anwohner:innen erzürnt besonders der fehlende Dialog mit den Verantwortlichen, die zwar Informationsveranstaltungen abhielten, aber kein Ohr für Fragen und Rückmeldungen hatten. ICOMOS plädierte daher auch dafür, ein Forum einzurichten, das den diversen Interessengruppen einen Raum geben soll, um sich auszutauschen. Es steht jedoch zu befürchten, dass man sich weiterhin vor den Bedenken der Anwohner:innen verschließt und damit eine große Chance verstreichen lässt, zum Vorbild für nachfolgende Generationen zu werden und ein Zeichen im Sinne der Nachhaltigkeit zu setzen.

Wenn das Vorhaben wie geplant fortgesetzt wird, verliert dieser Ort, der für viele Tōkyōter:innen auch Zufluchts- und Rückzugsort in wunderschöner Natur war, nicht nur einen großen Teil seines grünen Charmes, sondern auch seine wertvollen historischen Sportanlagen. Das Meiji-Jingū-Baseballstadion ist eines der vier weltweit letzten Stadien (einschließlich des Kōshien), wo die amerikanische Baseball-Ikone Babe Ruth einst spielte.

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