Nach Ex-Premierminister Abe Shinzōs recht überraschender Rücktrittserklärung Ende August steht nun sein Nachfolger fest: Die japanische Liberaldemokratische Partei LDP (jiyūminshūtō, oder kurz jimintō) wählte den Chefkabinettssekretär und früheren Innenminister Suga Yoshihide zum neuen Regierungschef Japans, nachdem sie ihn am Montag bereits zum Parteichef ernannt hatten. Mit 70 % der Stimmen setzte er sich damit gegen die anderen beiden Kandidaten Kishido Fumio und Ishiba Shigeru durch.
Der 71-Jährige gilt als “routinierter Strippenzieher” und auch sein neues Kabinett ist bereits bekannt, das sowohl politische Schwergewichte aus Abes Regierung beibehält, als auch andere Positionen mit Sugas Vertrauten neu besetzt. Kōno Tarō, Verteidigungsminister unter Abe, dem selbst Ambitionen zum Premierminister nachgesagt werden, wechselt unter anderem ins Ministerium für Innere Angelegenheiten und Kommunikation. Von Beobachtern wird dies jedoch eher als Degradierung gewertet. Neuer Verteidigungsminister wird hingegen Abe Shinzōs jüngerer Bruder Kishi Nobuo.
Neuer Premier, alter Stil
Suga, geboren 1948 in Yuzawa (Präfektur Akita), stammt aus einfachen Verhältnissen und anders als viele japanische Politiker nicht aus einer Politikerdynastie. Sein Führungsstil gilt als autoritär und es heißt, dass er den nationalistischen Kurs des rechtskonservativen Abe fortführen möchte. Darunter fallen auch u.a. Abes wirtschaftliche Reformen und seine lockere Geldpolitik, die den Namen “Abenomics” verpasst bekam, doch in den letzten Jahren nur spärliche Erfolge vorweisen konnte. Zudem erbt Suga nun das besonders zu Beginn chaotische Krisenmanagement der Corona-Pandemie, die die starke Rezession des Landes verschlimmerte und an der er selbst politisch nicht unbeteiligt war. Im Vergleich zu Abe besitzt er kaum außenpolitische Erfahrung, was seine Amtszeit bis zu den Regierungswahlen 2021 sicherlich auf die Probe stellen wird.
Abe erklärte seinen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen, die ihn bereits 2007 während seiner ersten Amtszeit nach nur einem Jahr auf dem Posten zum Rückzug zwangen.
Kommentare