Wie das Kabinett um Premierminister Abe Shinzō heute entschied, soll der Einsatz der Japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte (JSDF, Jieitai 自衛隊) bei der UN-Friedensmission im Südsudan auf Grundlage der neuen Sicherheitsgesetze (anzen hoshō kanren hō 安全保障関連法), die im März 2016 verabschiedet wurden, erweitert werden.
Dem Entwurf nach sollen die dort eingesetzten Soldaten der JSDF unter anderem Stützpunkte anderer Länder und deren Personal verteidigen dürfen, auch wenn sie selbst nicht angegriffen werden. Aufgrund der japanischen Verfassung, die eigentlich nur individuelle Selbstverteidigung erlaubt, durften sich die japanischen Blauhelme bisher nur unter Waffeneinsatz verteidigen, wenn sie selbst direkt angegriffen wurden. Die neue Kompetenz der JSDF wird von der Regierung als „herbeieilende Eskorte“ (kaketsuke keigo 駆けつけ警護) bezeichnet.
Fragwürdige Rechtsgrundlage der neuen Kompetenzen
Premierminister Abe strebt seit mehreren Jahren eine Verfassungsänderung an, um Japan kollektive Selbstverteidigung, also die Unterstützung von Bündnispartnern im Falle eines Angriffs auf diese, zu ermöglichen. Zuvor lautete der Konsens in der japanischen Politik, dass die Verfassung nicht antastbar sei. Der geplante Einsatz zur Friedenssicherung würde aber auch ohne Änderung des Verfassungstextes erste Schritte hin zu kollektiver Selbstverteidigung im Rahmen eines UN-Mandats bei Friedenseinsätzen gehen. Abe äußerte während der Vorbereitungen des kaketsuke keigo-Entwurfes bereits, dass die Verfassung zunächst auch anders ausgelegt (kaishaku 解釈) werden könne, anstatt ihren Wortlaut zu ändern.
Wie mehrere japanische Tageszeitungen berichteten, sei eine Mehrheit der japanischen Bevölkerung gegen die Erweiterung der Kompetenzen der JSDF. Befürchtungen lauten, dass Japan in internationale Konflikte gezogen werden könne, sobald der Schritt hin zu kollektiver Selbstverteidigung gemacht würde. Die japanische Regierung verwies darauf, dass trotz erweiterter Kompetenzen der Waffeneinsatz nachwievor streng limitiert sei.
Peace Keeping in der Bürgerkriegsregion Südsudan
Im Südsudan sind zurzeit 4000 Soldaten der UN-Friedensmission stationiert, um den Aufbau eines funktionierenden, friedlichen Staates nach dessen Gründung 2011 zu gewährleisten. Die Region ist gekennzeichnet durch immer wieder aufflammende Konflikte um die politische Führung des Landes.
Am 12. Dezember sollen 350 JSDF-Soldaten in den Südsudan geschickt werden. Sie sind besser ausgebildet und ausgerüstet als das bisher dort stationierte Personal. Ihre Hauptaufgaben sollen in der Ausbildung, technischer Unterstützung und Beobachtung liegen.
Wie Japans Verteidigungsministerin Inada Tomomi verlauten ließ, sei die Sicherheitslage des Einsatzortes der JSDF-Soldaten in der südsudanesischen Hauptstadt Juba derzeit stabil. Sollte sich diese verschlechtern und die Sicherheit der japanischen Einsatzkräfte nicht mehr gewährleistet sein, würden diese zurückgeholt, versicherte die Ministerin. Dies war 2012 mit Teilen der japanischen Blauhelme passiert, die ihren Einsatz bei der UN-Mission auf den Golanhöhen aufgrund hoher Gefährdung abbrachen.
Vergleich mit Deutschland
Auch die Bundeswehr ist mit bis zu 50 Soldaten am UN-Einsatz im Südsudan beteiligt. Derzeit wird im Bundestag eine Fortsetzung des Mandats diskutiert. Die Bundesregierung hatte sich aufgrund der angespannten politischen Situation im Südsudan für eine Verlängerung über 2017 hinaus ausgesprochen.
Neben Beobachtung, Ausbildung und technischer Hilfe werden im Antrag auch „Eigensicherung und Nothilfe“ als nötige Fähigkeiten der Einsatzkräfte genannt. Die Bundesregierung bezieht sich in ihrem Antrag aber explizit auf die „Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Artikels 24 Absatz 2 des Grundgesetzes“ als rechtliche Grundlage für den Einsatz im Südsudan. Eine solche Argumentation ist im japanischen Fall durch den Wortlaut der Verfassung bisher ausgeschlossen.
Lesen Sie hier einen Bericht der Bundeswehr über den Alltag der UN-Beobachter im Südsudan.
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