Japan lässt nach 2 Jahren wieder Touristen ins Land: Strategie und Risiken

Matthias Reich
Matthias Reich

Viele Menschen in- und außerhalb Japans haben auf diesen Moment gewartet: Am 26. Mai gab Premierminister Kishida Fumio bekannt, dass ab dem 10. Juni zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder Touristen ins Land reisen dürfen. Von der Normalität dürfte man jedoch vorerst weit entfernt sein.

Touristen dürfen wieder nach Japan - zumindest unter bestimmten Bedingungen.

Nach zwei Jahren Abschottung ist nun also so weit: Laut Regierungsbeschluss wurde eine Liste von 98 Ländern erstellt, deren Staatsbürgerinnen und -bürger ab dem 10. Juni aus touristischen Zwecken in Japan einreisen können. Zu der Liste gehören auch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Die Besucher müssen nach Ankunft weder in Quarantäne noch langwierige Corona-Tests über sich ergehen lassen – doch es herrscht Gruppenzwang, denn nur fest gebuchte Reisegruppen mit japanischer Begleitperson werden zugelassen.

Individualtouristen müssen sich also weiterhin in Geduld üben. Um ein Kontingent für Touristen zu schaffen, wurde zudem die Obergrenze derer, die pro Tag in Japan einreisen dürfen, mit Wirkung ab 1. Juni von 10.000 auf 20.000 Menschen erhöht. Damit ist man weit entfernt von den Besuchermassen, die Japan in den Jahren vor Corona anzog – im Jahr 2019 gab es viele Tage, in denen über 100.000 Menschen pro Tag einreisten. Vorerst werden nur sieben Flughäfen für Touristen geöffnet – neben Ōsaka, Haneda und Narita sind dies unter anderem auch Chitose (auf Hokkaidō) und Naha auf Okinawa.

Öffnung kommt zum guten Zeitpunkt

Die “Landesöffnung” erfolgt zu einem guten Zeitpunkt. Das Weltwirtschaftsforum stellte in seinem “Travel & Tourism Development Index 2021” fest, dass Japan mit seiner Strategie zum nachhaltigen Ausbau des Fremdenverkehrs auf Platz 1 liegt[1] und damit bestens aufgestellt ist.  Die Corona-Zahlen sind seit mehreren Wochen rückläufig und die Lage im Gesundheitswesen hat sich spürbar verbessert. Außerdem hat eine scheinbar längere Periode des en’yasu, des “billigen Yen”, begonnen – Touristen bekommen also in Japan mehr als üblich für ihr Geld.

Für die beteiligten Unternehmen wie Busfirmen, Hotels, Gastronomie und dergleichen ist die Rückkehr der Touristen ein sehnsüchtig erwarteter Moment, denn einheimische Reisende können die durch die Pandemie und die durch den Einreisestopp verursachten Lücken bei weitem nicht schließen. Vor allem in einigen ländlichen Regionen ist der Inbound-Tourismus zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor avanciert.

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Sorgen vor maskenlosen Touristen

Doch nicht alle Japaner sind begeistert. Den Menschen entgeht nicht, dass bei Sportübertragungen und Berichten aus anderen Ländern so gut wie niemand eine Maske trägt. Da man den in Japan vergleichsweise milden Verlauf der Pandemie hauptsächlich dem rigorosen Tragen von Masken zuschreibt, ist die Bereitschaft, die Masken fallen zu lassen, noch sehr gering. Dies wurde Ende Mai deutlich, als die Regierung eine neue Richtlinie zum Thema “Mund- und-Nasenschutz” veröffentlichte. Angesichts fallender Infektionszahlen und steigender Temperaturen wurde in der Richtlinie betont, dass man vor allem draußen, so denn ein 2-Meter-Abstand mehr oder weniger gewährt sei, durchaus die Masken absetzen kann (an dieser Stelle sei noch einmal erwähnt, dass in Japan zu keinem Zeitpunkt eine gesetzliche Pflicht zum Tragen von Masken bestand).

Die neuen Maskenregelungen der Regierung, die ein Abnehmen der Masken unter Umständen akzeptieren.

In den Folgetagen versuchten sich mehrere Fernsehsender im Messen des Unterschiedes – mit intelligenten Kameras zählte man vor Bahnhöfen und belebten Kreuzungen, wie viele Menschen die Masken abnahmen. Das Ergebnis war fast einstimmig – gerade mal 3 % folgten der neuen Richtlinie. Und die Begründung der Befragten, warum sie die Maske nicht einmal draußen abnehmen, war nahezu einhellig: Da alle anderen die Maske auflassen, möchte man nicht auffallen. Dementsprechend wird von ausländischen Besuchern ebenfalls das Tragen von Masken erwartet.

Doch Maske hin oder her – die Rückkehr der Touristen bedeutet auch ein kleines Stück Rückkehr zur Normalität, und das ist zweifelsohne eine gute Nachricht.


[1] Siehe: https://www3.weforum.org/docs/WEF_Travel_Tourism_Development_2021.pdf

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