Lesen Sie auch das Follow-up vom 07. Februar 2017: Warum der Einsatz eines Roboters, der die Untersuchungen zur Ursache der hohen Strahlung in Block 2 in Fukushima-Daiichi voranbringen sollte, gestoppt wurde.
In Block 2 des havarierten Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi sind die Strahlenwerte drastisch angestiegen – Das gab der Betreiber, die Tokyo Electric Power Company (TEPCO, Tōkyō denryoku 東京電力), gestern auf einer Pressekonferenz bekannt.
Die Strahlung sei auf 530 Sievert pro Stunde angestiegen – der höchste Wert, seit Erdbeben und Tsunami Fukushima-Daiichi trafen und in drei der sechs Reaktorblöcke mutmaßlich für Kernschmelzen sorgten. Zum Vergleich: Bei einer kurzzeitigen Bestrahlung mit 20 bis 50 Sievert pro Stunde, also einem Zehntel der nun gemessenen Strahlung, tritt innerhalb von drei Tagen garantiert der Tod ein.
Japanische Experten gaben in den japanischen Medien an, dass dieser Strahlenwert „unfassbar“ sei. Bisher lag der höchste gemessene Wert auf dem Gelände von Fukushima-Daiichi bei 73 Sievert pro Stunde. Auch dieser Wert wurde in Reaktorblock 2 gemessen. Solche hohen Werte machen die eigentlich geplanten Aufräumarbeiten in dem havarierten Atomkraftwerk unmöglich.
Woher kommt die Strahlung und was wird dagegen unternommen?
Warum es nun zu diesem eklatanten Anstieg kam, ist unklar. Auch machte TEPCO keine Angaben, ob die auf dem Gelände befindlichen Arbeiter evakuiert würden oder ob die Gefahr einer Ausbreitung der Strahlung bestünde. Die Daten legen aber nahe, dass die Strahlung auf den Sicherheitsbehälter von Block 2 beschränkt ist.
In der kommenden Woche sollen weitere Untersuchungen an Reaktorblock 2 vorgenommen werden. Dabei würde ein Strahlenwert von 530 Sievert pro Stunde den Einsatz des Videoroboters maßgeblich behindern: Dieser ist dafür ausgelegt, eine Gesamtstrahlung von 1000 Sievert auszuhalten.
Bliebe die hohe Strahlung im Sicherheitsbehälter von Block 2 in Fukushima-Daiichi bestehen, würde das die Einsatzzeit des Roboters auf unter 2 Stunden reduzieren.
Änderungen im Umgang mit der Havarie?
Erst am 30. Januar hatten Aufnahmen aus dem Sicherheitsbehälter des zweiten Reaktorblocks gezeigt, dass der Druckbehälter perforiert wurde und geschmolzenes Brennmaterial ausgetreten sein könnte (Japan Digest berichtete).
Wie TEPCO auf der Pressekonferenz am Donnerstag ebenfalls angab, hätten weiterführende Analysen der Aufnahmen ergeben, dass der Druckbehälter einen zwei Meter langen Riss aufweise und es sich bei den schwarzen Klumpen am Boden des Sicherheitsbehälters tatsächlich um geschmolzene Brennstäbe handele.
Bisher hatte es der Betreiber TEPCO vermieden, den Super-GAU als Kernschmelze zu bezeichnen. Nun ist aber von einem „Meltdown“ die Rede. Es kann also von einer Zäsur im Umgang mit der Havarie des AKW Fukushima-Daiichi ausgegangen werden.
Reaktionen in den japanischen Medien
Wie die Japan Digest-Presseschau ergab, berichten vor allem die Lokalmedien in Japans Nordosten und international ausgerichtete Nachrichtenportale wie NHK und Japan Times über die Messwerte.
Zwar berichten auch die größeren Tageszeitungen, jedoch deutlich verhaltener. Während bei Japan Times und dem regionalen Nachrichtenportal Kahoku News von „tödlicher Strahlung“ (死亡530Sv) die Rede ist, spricht die Asahi Shimbun beispielsweise nur von „hoher Strahlenmenge“ (高い放射線量). [Ergänzung am 3. Februar 2017, 11.00 Uhr: Die Schlagzeile der Asahi Shimbun wurde während der Arbeit an diesem Artikel in „530 Sievert-Schock“ (530シールベルトの衝撃) umbenannt.]
Das in Japan sehr wichtige Portal Yahoo! NEWS macht die extrem hohen Strahlenwerte nicht zum Hauptthema, berichtet stattdessen aber über die Wiederinbetriebnahme eines AKW in Onagawa – im Screenshot die zweite Nachricht von oben unter den Inlands-News:
Nach der Havarie des AKW Fukushima-Daiichi waren die japanischen Medien sowohl aus dem Ausland als auch in der japanischen Öffentlichkeit dafür kritisiert worden, nicht ausreichend und transparent über Probleme im Umgang mit Havarie und Aufräumarbeiten seitens TEPCOs und der Zentralregierung zu berichten.
Kommentare