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NEWS | Premier Abe: “Es ist Zeit, Japans Verfassung zu ändern”

Hannah Janz
Hannah Janz

Verfassungsänderung bis 2020 geplant +++ Japans „Pazifismus-Artikel 9“ soll um Rolle der Selbstverteidigungsstreitkräfte ergänzt werden +++ Bedrohung durch Nordkoreas Raketen als Anlass

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Die japanische Verfassung solle bis 2020 geändert werden – das gab Japans Premierminister Abe Shinzō vor wenigen Stunden in einer Videobotschaft bekannt, die von japanischen Medien verbreitet wurde. Insbesondere Artikel 9, der als Pazifismus-Artikel oder Friedens-Artikel bekannt ist und in dem Japan auf Krieg und die Unterhaltung kriegsfähiger Streitkräfte verzichtet, müsse überarbeitet werden, so Abe.

Bereits am Montag hatte Abe bei einem überparteilichen Treffen mit Befürwortern der Verfassungsänderung erklärt, dass nun der Zeitpunkt gekommen sei, diesen „historischen Schritt“ zu wagen – dort sprach Abe allerdings davon, die Reform am besten noch in diesem Jahr durchzuführen. Dies meldete die Japan Times.

Nordkoreas Raketen als Katalysator für Verfassungsänderung

Als einen Grund für die Verfassungsänderung nannte der Premierminister am Montag die Sicherheitssituation Japans in Asien, die sich rapide verschlechtert habe. Damit verwies er auf die Drohgebärden Nordkoreas. Das autoritäre Regime hatte in den vergangenen Monaten trotz internationaler Sanktionen immer wieder Raketen getestet, die auch in der Nähe der japanischen Nordwestküste niedergingen.

Auch wenn Abe nun scheinbar die außenpolitische Bedrohung nutzen will, um innenpolitisch Bewegung in die Verfassungsänderung zu bringen, verfolgte er in seiner heutigen Ansprache stattdessen einen langfristigen Ansatz.

Mit Blick auf die Olympischen Spiele, die 2020 in Tōkyō ausgetragen werden, dürfe Japan sich mehr Selbstbewusstsein auf der internationalen Bühne zutrauen. Dies schließe auch ein, die mittlerweile 70 Jahre alte Verfassung abzuändern – auch wenn diese insbesondere in der Nachkriegszeit ein großer Segen für Japan gewesen sei, so der Premier.

Vorschläge zur neuen Verfassung: Selbstverteidigungsstreitkräfte aufnehmen

Abe sagte in seiner Videobotschaft: „Wir müssen auch in Zukunft an der Idee des Pazifismus festhalten, wie Artikel 9 sie verkörpert.“ Dennoch sei es notwendig, den Verfassungstext um die Rolle der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte zu ergänzen.

Die beiden Absätze des 9. Verfassungsartikels sollen laut Abes Rede aber bestehen bleiben. Während Absatz 1 erklärt, dass Japan für alle Zeiten auf Krieg verzichte, postuliert Absatz 2, dass Japan deshalb keine kriegsfähigen Streitkräfte unterhalte. Bisherige Vorschläge der Abe-Regierung zur Verfassungsänderung sahen unter anderem vor, den Wortlaut der beiden Absätze zu ändern. Dies war in der mehrheitlich antimilitaristisch geprägten Bevölkerung aber auf Ablehnung gestoßen.

Japans Verfassung: Aufoktroyiert oder demokratisch legitimiert?

Heute, am 3. Mai, begeht Japan den 70. Jahrestag der Verfassung (Kempō kinen-bi 憲法記念日). Diese trat 1947 in Kraft, nachdem sie unter der Ägide der US-Besatzung entworfen und durch das japanische Parlament angenommen worden war. Konservative bis nationalistische Kräfte in Japan kritisieren seit ihrer Einführung, dass die Verfassung durch die Besatzer aufoktroyiert worden und deshalb zu reformieren sei.

Die Verfassungsänderung gehört zu den Großprojekten von Premierminister Abe seit seinem Amtsantritt im Dezember 2012. Zwar verfügen die Reform-Befürworter über eine parlamentarische Zweidrittel-Mehrheit, die für die Verfassungsänderung nötig wäre. Weite Teile der japanischen Bevölkerung lehnen diese jedoch ab – Abe selbst sagte am Montag aber, diese Gruppe sei mittlerweile in der Minderheit. Die Bevölkerung müsste vor der Verfassungsänderung per Referendum zustimmen.

Mit verschiedenen Mitteln versuchte die Abe-Regierung seitdem, die Stimmung in der Öffentlichkeit zugunsten der Verfassungsänderung zu beeinflussen – unter anderem mit einem PR-Manga, der die von der Regierung vertretenen Gründe für eine Änderung des Verfassungstextes darlegt.

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