Wie die meisten Menschen lieben Japaner und Japanerinnen Reisen, obwohl alle fast immer zur gleichen Zeit Urlaub haben und es dementsprechend überall sehr voll wird. Drei Reisewellen gibt es alljährlich: Zur Golden Week Anfang Mai, rund um den Neujahrstag sowie Mitte August in der O-Bon-Zeit (wobei diese eigentlich eine „inoffizielle“ Urlaubszeit ist, erst seit Kurzem gibt es in dieser Zeit überhaupt einen richtigen Feiertag). Trotzdem nehmen sich viele frei: O-Bon ist die Zeit, in der man mit den Kindern (so vorhanden) in die alte Heimat fährt, zu den Großeltern, zumeist aufs Land (falls man nicht mehr dort wohnt).
Leider fiel dies im Jahr 2020 für die meisten Menschen aus. Im Juli/August wurde zwar die Go-to-Travel-Kampagne von der japanischen Regierung gestartet, mit großzügigen Vergünstigungen für Reisende, doch im August wurde Tōkyō aufgrund steigender Infektionszahlen davon ausgenommen. Das bedeutete nicht, dass Reisen verboten wurde. Doch in der Provinz regte sich Widerstand – einige ältere Familienangehörige baten ihre Verwandten beispielsweise, nicht aus der Stadt anzureisen. Das hat seine Gründe: Man hat einerseits natürlich Angst vor dem Virus und andererseits (und diese Angst ist bei vielen sogar noch stärker), Sorge davor, was die Mitmenschen sagen werden. Eine Corona-Infektion gilt bei vielen noch immer als “vermeidbar”, und wer sich infiziert, wird nicht selten stigmatisiert.
Schlechte Urlaubsaussichten
Da es auch in diesem Jahr nicht viel besser aussieht, gaben 60 % der Teilnehmer einer repräsentativen Umfrage an, keinerlei Pläne für den Sommer zu haben. Das ist verständlich, denn die Planungsunsicherheit ist zu groß. 10 % der Befragten planen demnach lediglich kleinere Sachen wie zum Beispiel Grillen zu Hause, und nur 6,7 % gaben an, verreisen zu wollen. Auslandsreisen kommen eher nicht infrage: Sicher könnte man theoretisch nach Europa oder in einige andere Länder fliegen. Doch die Quarantäneregeln in Japan ändern sich täglich, und es mehren sich Berichte über die Unbequemlichkeiten, die mit der anfänglichen Zwangsquarantäne verbunden sind.
Japan verfolgt seit dem vergangenen Jahr die sogenannte with-Corona-Strategie, davon ausgehend, dass die Gefahr durch das Coronavirus dauerhaft präsent sein wird. Diese Strategie steht im Gegensatz zur no-Corona-Strategie der Volksrepublik China zum Beispiel, die beim Auftreten neuer Infektionen sofort ganze Straßenviertel oder gar Städte abriegelt und so lange testet und impft, bis die Zahl auf Null sinkt. So konsequent geht man in Japan nicht vor – zum Teil auch in Ermangelung rechtlicher Grundlagen. Stattdessen versucht man, die Zahlen mit minimalen Maßnahmen niedrig zu halten.
Die Menschen in Japan versuchen, daraus so gut es geht das Beste zu machen. Wenn man verreist, dann dorthin, wo kaum andere Menschen zu erwarten sind. Nicht ganz überraschend hat die Zahl der Camper zugenommen und es wird eben weniger auswärts gegessen, sondern sich selbst verpflegt.
Diverse Stressfaktoren
Das wird in diesem Sommer leider nicht anders werden, denn die Impfrate gerät momentan ins Stocken, die Olympischen Spiele stehen vor der Tür, und die Delta-Variante des Coronavirus breitet sich ebenfalls in Japan aus. Zwei Drittel der Befragten gaben an, dadurch gestresst zu sein – ein Drittel dadurch, nicht auswärts essen oder trinken gehen zu können, gefolgt von 12 %, die angaben, dass sie gestresst seien, da sie nicht verreisen würden. Knapp 10 % gaben an, dass sie gestresst seien, weil sie Freunde und Bekannte nicht treffen können. Dabei sind diese Dinge rechtlich zwar nicht verboten, es wird aber häufig freiwillig darauf verzichtet.
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