Es ist eine Schlagzeile, die eigentlich keine ist: Japan nimmt den kommerziellen Walfang wieder auf. Was steckt dahinter? So richtig hatte man ja den Walfang nie ganz aufgegeben – man hatte ihn lediglich als Forschungsprojekt deklariert – hernach aber das Walfleisch ganz normal in den Handel gebracht. Walfleisch verschwand in all den Jahren nie ganz aus den Regalen. Bis 1987 war Walfleisch sogar fester Bestandteil der Schulspeisung in einigen Präfekturen.
Die Rückkehr zum kommerziellen Walfang folgte einem langen Streit mit der IWC, der Internationalen Walfangkommission. 2018 legte Japan einen gestutztes Walfangprogramm vor, mit der Bitte, das Programm zu akzeptieren. Dabei floss angeblich auch viel Geld, um die Stimmen einiger Mitglieder zu kaufen. Doch man ließ Japan letztendlich abblitzen. Daraufhin verließ Japan kurzerhand die IWC – eine logische Konsequenz der japanischen Politik ohne jegliche Folgen. Das Landwirtschaftsministerium, auch für Forst und Fischerei zuständig, legte daraufhin Fangquoten für 2019 fest: 52 Minkwale, 150 Brydewale und 25 Seiwale dürfen demzufolge erlegt werden. Und man ist kurz davor, die Quote zu vollfüllen.
Die Pro- und Kontraargumente sind für Laien schwer nachprüfbar. Japan besteht auf seinem Standpunkt, nachhaltigen Walfang zu betreiben. Sprich, man ist der festen Überzeugung, dass es genug Wale gibt – und dass der Bestand kontrolliert und notfalls dezimiert werden müsse. Die Gegner verweisen auf sich stetig verringernde Bestände. Des Weiteren wird der Walfang und der Verzehr von Walfleisch als nationales Kulturgut deklariert, was nach japanischem Verständnis bedeutet, dass Japan das traditionell verbriefte Recht auf Walfang hat. Doch genau hier wird es seltsam: Die meisten Japaner essen nämlich gar kein Walfleisch. Und wirtschaftlich gesehen macht der Walfang erst recht keinen Sinn – allein 2019 muss der Walfang mit fast 50 Millionen Euro vom Staat (sprich, vom Steuerzahler) subventioniert werden. Und warum wird kaum Walfleisch gegessen? Der Grund ist absolut banal: Es schmeckt nicht. Zumindest den meisten nicht. Ob als Speck, rohes Fleisch oder schwarz getrocknet (eine Spezialität aus Chiba) – die meisten machen einen Bogen darum.
Warum legt man sich also mit der internationalen Gemeinschaft an, zieht den Zorn der Umweltschützer auf sich, und gibt zig Millionen Euro pro Jahr aus, um ein Nahrungsmittel zu produzieren, ohne dass der überwiegende Teil der Bevölkerung sehr wohl auskommen könnte? Denkbar ist nur, dass es sich hier um ein Zugeständnis für den rechten Rand handelt. Gerade Nationalisten pochen auf diese und andere Traditionen und erklären den Streit um den Wal zur Angelegenheit auf Leben und Tod. Und warum soll sich Japan bitteschön immer dem Willen der internationalen Gemeinschaft beugen? Hinzu kommt dabei aber auch ein anderer Zugang zum Thema Nahrungsmittel. Debatten wie die über Massentierhaltung oder über alternative Ernährungsprogramme haben in Japan definitiv nicht die Mitte der Gesellschaft erreicht, und es sieht auch nicht danach aus, als ob sich daran in den folgenden Jahren etwas ändern wird. Die meisten stehen dem Thema Walfang und Walfleischverzehr deshalb eher desinteressiert gegenüber, und damit wird aus der Gesellschaft keinerlei Druck auf die Politik ausgeübt. Das Thema japanischer Walfang ist quasi überall auf der Welt ein Thema – nur nicht in Japan.
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