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Kontroverses Staatsbegräbnis: Letzte Ehre für Ex-Premierminister Abe Shinzō

Matthias Reich
Matthias Reich

Am 27. September 2022 fand das Staatsbegräbnis für den bei einem Attentat getöteten Ex-Premierminister Abe Shinzō in Tōkyō statt. Es war erst das zweite Staatsbegräbnis seit Ende des 2. Weltkrieges, und heftig umstritten. Einerseits wegen der hohen Kosten, andererseits wegen der Hintergründe des Attentats.

abe Shinzo Begräbnis
Die Bevölkerung legt Blumen anlässlich des Staatsbegräbnisses des ermordeten Ex-Premierministers Abe Shinzō nieder. © UPI / Alamy Stock Photo

Für die regierenden Liberaldemokraten war schon wenige Tage nach dem Attentat auf den japanischen Ex-Premierminister Abe Shinzō am 8. Juli 2022 klar, dass er ein Staatsbegräbnis verdient. Für den Großteil der Bevölkerung anfangs eigentlich auch, doch die Meinung kippte, als die genauen Hintergründe des Attentats klar wurden: Eine Vereinigung der Mun-Sekte (auch bekannt als Vereinigungskirche) war direkt für das Elend der Familie des Attentäters verantwortlich, und wie sich herausstellte, war nicht nur Abe, sondern scheinbar auch ein großer Teil der Politikerriege der Liberaldemokraten mit der Sekte verquickt.

Aus einem individuell erscheinenden Motiv wurde so ein Politikum. Doch nicht nur das: Nach den Kosten eines Staatsbegräbnisses gefragt, gaben die Liberaldemokraten an, dass es nur um die zwei Millionen Euro kosten würde – man unterschlug einfach die um ein Vielfaches höheren Kosten zur Absicherung der Veranstaltung. Da die Opposition jedoch nicht genug Stimmen hat, wurde das Staatsbegräbnis beschlossen, obwohl die Zustimmung in der Bevölkerung zeitweise bei unter 30 Prozent lag. Und so kam es noch bis zum Tag des Begräbnisses am 27. September zu zahlreichen Demonstrationen – mitunter sogar mit Rangeleien mit der Polizei, und das geschieht in Japan eher selten.

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Ungewöhnliche viele Proteste und Demonstrationen fanden vor und am Tag des Staatsbegräbnisses statt. Die Mehrheit der japanischen Bevölkerung sprach sich gegen die Veranstaltung aus. © SOPA Images Limited / Alamy Stock Photo

Kontroverses Staatsbegräbnis: Eine Zusammenfassung

Circa 4.300 Trauergäste waren geladen bzw. hatten sich angemeldet – rund 700 von ihnen reisten aus dem Ausland an. Dazu zählten auch einige Staats- und Regierungsoberhäupter, zum Beispiel Premierminister Modi aus Indien, der zwar nicht am Begräbnis von Queen Elisabeth II., aber an Abes teilnahm. Am Vortag des Begräbnisses kam so die “Staatsbegräbnisdiplomatie” in Fahrt – der amtierende Premierminister Kishida Fumio stimmte sich in kurzen Gesprächen mit verschiedenen Gästen über diverse Themen ab.

Die Hauptveranstaltung fand im Budōkan, der altehrwürdigen Halle nahe des Kaiserpalastes, statt. Am Morgen des 27. Septembers wurden die Flaggen vor den verschiedenen Ministerien auf Halbmast gesenkt. Von 9.30 bis 16.00 Uhr war es der Allgemeinheit gestattet, Blumen niederzulegen, dem geschätzt 23.000 Menschen Folge leisteten. Aufgrund der strengen Sicherheitsvorkehrungen mussten diese jedoch viel Wartezeit mitbringen.

Gegen 13.30 Uhr begann man, die Urne von Abes Überresten von seinem Haus im zentralen Stadtteil Moto-Akasaka Richtung Verteidigungsministerium zu überführen, wo ein Ehrenspalier wartete. Von dort ging es weiter zum nahegelegenen Budōkan. Nach 19 Ehrensalven brachte man die Urne schließlich um 14.00 Uhr in die Halle. Während der ganzen Zeit gingen die Proteste verschiedener Gruppierungen weiter, vor dem Parlament, aber auch direkt am Veranstaltungsort. Die Veranstaltung im Inneren der Halle wurde ab 14.00 Uhr live übertragen – auch auf diversen Großbildschirmen in Innenstädten – doch das Interesse der Passanten war eher mäßig.

Um 14.10 Uhr wurde eine Schweigeminute in den Ministerien ausgerufen. Im Budōkan wurde mit der Aufführung der japanischen Nationalhymne durch das Militärorchester begonnen, gefolgt von einer weiteren Schweigeminute. Es folgte ein kurzer Film, der Abes Lebensstationen umriss. Eine Stunde lang gab es Kondolenzreden verschiedener japanischer Politiker sowie von Vertretern der Kaiserfamilie. Im Anschluss legten die nationalen und internationalen Trauergäste Blumen ab.

Die Urne wurde schließlich wieder zu Abes Haus überführt. Ab 18.45 Uhr empfingen Premierminister Kishida sowie Abe Akie, die Witwe des Verstorbenen, im Akasaka-Palast die Trauergäste persönlich. Um 20.30 Uhr waren schließlich alle Zeremonien beendet.

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Fader Beigeschmack in der Bevölkerung

Das Staatsbegräbnis hinterließ bei vielen Menschen aus oben genannten Gründen einen faden Beigeschmack. Interessanterweise waren dabei eher die 20- und 30-jährigen Japanerinnen und Japaner für und die älteren Generationen gegen das Staatsbegräbnis. Das lag zum großen Teil an einer geschickten Social Media-Kampagne der Liberaldemokraten, die Abe in einem sehr positiven Licht darstellte. Der Grundtenor war jedoch bei vielen Einheimischen, dass man die Persönlichkeit Abes von den anderen Dingen trennen sollte, schließlich war Abe viele Jahre ein Premierminister, der für Stabilität sorgte, und dessen frühzeitiger Tod zweifelsohne tragisch und unentschuldbar war.

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